Politik

Dicke Luft in München Bundestag prüft CSU-Verstoß

Seehofer hat mal wieder an ein ein paar harten Brocken zu knabbern.

Seehofer hat mal wieder an ein ein paar harten Brocken zu knabbern.

(Foto: dpa)

Der CSU geht im Streit um parteipolitisch motivierte Umfragen der Staatskanzlei langsam die Luft aus. Sie wirft ihrem Koalitionspartner FDP vor, die "Störfeuerpraktiken aus Berlin" zu übernehmen. Dort wird sich allerdings der Bundestag mit den Praktiken der CSU beschäftigen.

In Bayern verschärft sich der Umgangston zwischen den Koalitionspartnern CSU und FDP. "Wir sehen mit großer Sorge, dass die FDP Bayern jetzt die Störfeuerpraktiken aus Berlin in eine sehr gut funktionierende Landesregierung hineintragen will", hieß es in Kreisen der CSU-Parteiführung. "Die eigentliche Aufgabe eines Koalitionspartners ist es aber, die Attacken der Opposition abzuwehren."

Hintergrund des Streits in der schwarz-gelben Koalition ist die öffentliche Aufforderung des FDP-Wirtschaftsministers Martin Zeil und der FDP-Landtagsfraktion an Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer, die Vorwürfe der Opposition zu demoskopischen Studien aufzuklären, die die Bayerische Staatskanzlei in den Jahren 2006 bis 2008 in Auftrag gegeben hatte. Die SPD sieht darin eine unzulässige Vermischung zwischen Regierungsarbeit und Parteiinteressen der CSU.

Tiefe Kluft zwischen den Koalitionären

Die Umfragen haben in Bayern den bislang schwersten Koalitionsstreit zwischen CSU und FDP ausgelöst. Die FDP verlangt lückenlose Aufklärung und personelle Konsequenzen, wenn sich der Vorwurf der verdeckten Parteienfinanzierung erhärtet. FDP-Fraktionschef Thomas Hacker griff inzwischen Seehofer persönlich an: "Die Staatskanzlei ist nicht das Privatvergnügen von Horst Seehofer und der CSU", sagte er dem "Münchner Merkur". Seehofer wies die Kritik an den Umfragen zurück. "Was in der Staatskanzlei geschieht, verantworte ich", betonte der Ministerpräsident am Rande eines Besuchs in Fürth.

Bundestag prüft Verstoß gegen Parteiengesetz

In Berlin prüft nun der Bundestag, ob die CSU möglicherweise gegen das Parteiengesetz verstoßen hat. "Wir gehen den Hinweisen nach und sind bei der Klärung des Sachverhalts", teilte die Bundestagsverwaltung mit. Die SPD legte Seehofer den Rücktritt nahe, sollte sich herausstellen, dass die CSU tatsächlich gegen das Parteiengesetz verstoßen hat.

Die Staatskanzlei hatte sich in sogenannten Resonanzstudien vom Meinungsforschungsinstitut GMS auf Kosten des Steuerzahlers Empfehlungen für die CSU-Strategie geben lassen. Außerdem hatten die Demoskopen der CSU bescheinigt, dass die Partei weit von einer absoluten Mehrheit entfernt sei.

Studie empfiehlt Konfliktstrategie im Bund

Zuletzt hatte GMS am 26. Januar 2009 der CSU die politische Auseinandersetzung mit der SPD, den Grünen - und gegebenenfalls auch dem Koalitionspartner FDP empfohlen. Das hatte die Liberalen massiv verärgert. Zudem wird dem Ministerpräsidenten auch geraten, gegen die Koalitionspartner in Berlin auf Distanz zu gehen. "Begrenzte Abkopplungs- und Konfliktstrategien mit der Bundesebene sind weiterhin sinnvoll", heißt es auf Seite 44 der Studie.

Die sogenannten "Resonanzstudien" kosteten 108.000 Euro. Falls es sich tatsächlich um verdeckte Parteienfinanzierung und damit einen Verstoß gegen das Parteiengesetz handelt, müsste die CSU die doppelte Summe zurückzahlen. Dem könnte die Partei gegebenenfalls durch eine Selbstanzeige bei der Bundestagsverwaltung zuvorkommen, doch eine solche liegt nach Angaben des Bundestags-Sprechers nicht vor.

Seehofer sieht sich fehlerfrei

Seehofers Vize, FDP-Wirtschaftsminister Zeil (l), fordert Aufklärung.

Seehofers Vize, FDP-Wirtschaftsminister Zeil (l), fordert Aufklärung.

(Foto: dpa)

Seehofer wies die Verantwortung von sich und schob den Demoskopen die Schuld in die Schuhe: "Die Schlussfolgerungen aus der Studie zieht das Institut - und nicht die Staatskanzlei", betonte Seehofer. Er warf der FDP vor, einen öffentlichen Streit angezettelt zu haben: "Das ist kein guter Stil." Hacker hielt dagegen, dass ausgerechnet Seehofer die Stilfrage nicht zu stellen brauchte.

"Horst Seehofer ist Herr des Hauses in der Staatskanzlei und der Verantwortliche", sagte SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher. Sollte der Bundestagspräsident einen Verstoß der CSU gegen das Parteiengesetz feststellen, "mache ich mir die Rücktrittsforderung der Herren Zeil und Hacker zu eigen". Wirtschaftsminister Martin Zeil und FDP-Fraktionschef Hacker hatten in einem offenen Brief an Seehofer personelle Konsequenzen gefordert, wenn sich die Vorwürfe erhärten.

Das Meinungsforschungsinstitut für die parteipolitischen Empfehlungen verantwortlich zu machen, sei das "völliger Blödsinn", sagte Rinderspacher. "Die Umfragen waren ein Geheimkommando, das dem Koalitionspartner FDP vorenthalten wurde."

Bei der Erstellung der Umfragen seien keine Fehler gemacht worden, bekräftigte Seehofer. Es gebe darin etwa keine einzige Frage mit dem Tenor, wie die CSU die FDP behandeln solle. "So etwas haben wir nicht in Auftrag gegeben", sagte Seehofer. Er würde eine solche Umfrage jederzeit wieder machen lassen.

Verfassungsrechtler ruft nach dem Staatsanwalt

Zu einer anderen Bewertung kommt der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim: Mit der Vergabe der umstrittenen, CSU-orientierten Wahlstudie durch die bayerische Staatskanzlei könnten sich die Verantwortlichen strafbar gemacht haben. "Ich meine, dass sich die Staatsanwaltschaft mit diesem Vorgang befassen muss. Es spricht vieles dafür, dass es sich hier um einen Fall strafbarer Untreue handelt, weil Steuergelder zum Nachteil des Staates missbraucht wurden", sagte von Arnim dem "Münchner Merkur".

Zudem geht der Verfassungsrechtler davon aus, dass das Vorgehen der bayerischen Staatskanzlei verfassungswidrig war: "Für derartige Studien öffentliche Gelder auszugeben, ist der Regierung durch die Verfassung verboten. Sie darf Steuergeld nur für Zwecke des Gemeinwohls aufwenden - nicht aber für die Zwecke der Regierungspartei."

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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