Geheimdienste schlecht kontrolliert Bundestag will jetzt "zubeißen"
01.07.2014, 17:53 Uhr
NSA-Stützpunkt "Dagger Complex" bei Darmstadt: Der Bundestag will die Geheimdienste besser überwachen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die deutschen Geheimdienste wurden bislang nur schlampig zur Rechenschaft gezogen. Mit einer neu geschaffenen Task Force soll das nun besser werden. Der Opposition reicht das nicht.
Wenn man hört, wie in Zukunft die deutschen Geheimdienste kontrolliert werden sollen, kommt unweigerlich die Frage auf, warum das nicht schon immer so war. Die Bundestagsabgeordneten im "Parlamentarischen Kontrollgremium" (PKGR), das für diese Sache zuständig ist, sollen Akten einsehen, Mitarbeiter befragen und Datenbanken von Geheimdiensten durchforsten, um zu überprüfen, ob sich diese Behörden an die Gesetze halten. Das klingt nicht nach einer Revolution, scheint es aber doch zu sein.
CDU/CSU und SPD haben ihre Vorstellungen der Geheimdienstkontrolle auf einer gemeinsamen Pressekonferenz vorgestellt. Was Clemens Binninger von der CDU und Konrad Lischka von der SPD ankündigen, klingt wie Selbstverständlichkeiten.
Erstens: Das PKGR bekommt ein Arbeitsprogramm mit Schwerpunktthemen für ein Jahr. Zweitens: Die Mitglieder des PKGR werden zu "Berichterstattern" jeweils für einen der deutschen Nachrichtendienste, den sie besonders im Auge haben sollen. Drittens: Das Gremium bekommt zusätzliche Mitarbeiter, die als "Task Force" eingesetzt werden sollen.
Einer gegen 600?
Groß ist diese "Task Force" allerdings nicht: Sie wird aus sieben Personen bestehen, fünf von ihnen werden gerade neu eingestellt. Inklusive Abgeordneten und Sekretariat bildet das PKGR damit ein etwa 20-köpfiges Team. Als er diese Zahl nennt, muss Clemens Binninger etwas lachen. Denn die deutschen Geheimdienste beschäftigen etwa 11.500 Mitarbeiter. Ein Geheimdienstkontrolleur kommt damit auf knapp 600 Geheimdienstler. Doch so dürfe man nicht rechnen, sagt Binninger: Die Kontrolle mache das PKGR ja nicht alleine, auch die Präsidenten der Dienste kontrollierten, ebenso der Innenausschuss des Bundestags, das Innenministerium und das Kanzleramt.
Beim ersten Arbeitsprogramm des Gremiums fällt auf, dass die Buchstabenkombination "NSA" nicht vorkommt. Stattdessen wird es um die Empfehlungen aus dem NSU-Untersuchungsausschuss gehen, um V-Leute unter Rechtsextremisten, um Spionageabwehr, um organisierte Kriminalität, um Extremisten in der Bundeswehr, um Terrorabwehr und um das Abhören von Telefongesprächen. Die Aufklärung der NSA-Affäre will man zunächst dem entsprechenden Untersuchungsausschuss überlassen, der in dieser Woche seine ersten Zeugen vernimmt. Zu tun gibt es ja auch erst einmal genug. Als Errungenschaft wollen Binninger und Lischka verstanden wissen, dass es überhaupt ein Arbeitsprogramm gibt und die Tagesordnung damit nicht mehr von den Geheimdiensten diktiert wird. Bisher reagierte da Gremium eher auf die Berichte der Dienste, als dass es selbst agierte, so Lischka.
Linke übt Kritik
Um die die neue Haltung des PKGR zu beschreiben, hat er sich einen Satz zurechtgelegt: "Wir wollen schnüffeln, bellen und wenn nötig auch zubeißen", sagt er. Mit "zubeißen" sei gemeint, dass die Abgeordneten die Geheimdienste mit neuen Gesetzen in ihre Schranken weisen könnten, wenn die nicht kooperieren. Sein Kollege Binninger hört sich da etwas zahmer an. Er betont, dass es nicht immer darum gehen werde, Skandale aufzudecken. Von Zeit zu Zeit werde er sich in den Debatten auch vor die Geheimdienste stellen, kündigte er an.
Im Prinzip stimmt die Opposition den Plänen zu, es gibt aber auch Kritik. So hätte sich André Hahn von den Linken durchaus gewünscht, dass die Verquickungen von BND und NSA zum Thema gemacht werden. Außerdem kritisiert er die Zusammenstellung der Task Force. Deren Mitarbeiter werden derzeit durch die Bundestagsverwaltung eingestellt. Die Abgeordneten konnten zwar die Anforderungen definieren, sind an der Auswahl aber nicht beteiligt. "Zumindest eine der neuen Stellen hätte auf Vorschlag der Opposition besetzt werden müssen" sagte Hahn zu n-tv.de "Eine Unions- und SPD-nahe Verwaltung wählt im Zweifel auch regierungsnahe Beamte aus, und ob diese Verfehlungen der Geheimdienste dann wirklich entschlossen aufdecken helfen, ist zumindest fraglich."
Quelle: ntv.de