Parteitag in Stuttgart CDU für Deutsch und Atomkraft
02.12.2008, 13:19 UhrDer CDU-Parteitag hat ein Grundsatzpapier zum Klima-, Umwelt- und Verbraucherschutz verabschiedet. Die rund 1000 Delegierten votierten bei einer Gegenstimme für den Antrag von Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust mit dem Titel "Bewahrung der Schöpfung". In dem Papier wird der Klimaschutz als "Kernziel der Union" definiert. Der Vorschlag von Bundeskanzlerin und Parteichefin Angela Merkel, den CO2-Ausstoß pro Kopf der Bevölkerung weltweit festzulegen und zu begrenzen, wird als "Ansatz für einen sinnvollen Dialog zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern" bezeichnet. Der europaweite Emissionshandel soll auf die ganze Welt ausgedehnt und der Flugverkehr mit einbezogen werden.
Bausteine einer klimafreundlichen Energiepolitik sollen höhere Energieeffizienz, ein Ausbau erneuerbarer Energien - die bis 2050 "den Hauptanteil an der Energiebereitstellung in Deutschland tragen" sollen – sowie ein Ersatz alter durch "moderne saubere" Kohlekraftwerke sein. Auf den Beitrag der Atomenergie zur Stromerzeugung soll auf absehbare Zeit nicht verzichtet werden. Von Beust sagte bei der Vorstellung des Antrages, die Laufzeiten von Atomkraftwerken, die "gut und sicher" seien, sollten verlängert werden.
Für den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Jürgen Rüttgers (CDU), "macht es keinen Sinn, jetzt Kernkraftwerke abzuschalten in einer Zeit, in der wir in eine schwierige konjunkturelle Situation reingehen". Im Gespräch mit n-tv sagte Rüttgers: "Ich finde, das Thema sollte nach der Bundestagswahl erneut auf den Tisch. Mir ist wichtig, dass wir die privaten Investitionen, die von der Energiewirtschaft vorgesehen sind, nicht behindern durch Emissionshandelsbeschlüsse aus Brüssel."
"Unsere Sprache ist Deutsch"
Nach dem Willen der CDU soll in das Grundgesetz folgende Formulierung aufgenommen werden: "Die Sprache in der Bundesrepublik ist Deutsch." CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla bat darum, von einer entsprechenden Beschlussfassung jetzt abzusehen und den Punkt später mit anderen möglichen Verfassungsergänzungen zusammen zu diskutieren. Saarlands Ministerpräsident Peter Müller meinte hingegen, die Partei müsse sich klar dazu bekennen, "was den Staat ausmacht". Neben der Flagge gehöre dazu auch die deutsche Sprache. Am Ende widersetzten sich die Delegierten der Parteiführung und stimmten erstmals gegen sie und für den Antrag zur Ergänzung des Grundgesetzes.
Im Interview mit dem RTL-Journal bekräftigte Merkel, dass sie gegen den Beschluss war. Sie interpretiere den Beschluss so, "dass man sagt, wir wollen uns für unser Land einsetzen, wir wollen stolz sein auf unsere Tradition". Sie finde es allerdings nicht gut, "alles ins Grundgesetz zu schreiben".
Union bleibt überkreuz
Der Streit in der Union über rasche Steuersenkungen zur Abmilderung der Weltwirtschaftskrise konnte indes nicht beigelegt werden. Trotz der großen CDU-Unterstützung für den zurückhaltenden Kurs der Kanzlerin hält die CSU-Spitze ihre Forderung nach schneller Entlastung aufrecht. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) schlug hingegen zum Abschluss des Parteitags zusätzliche Staats-Investitionen in Straßen, Schulen und Krankenhäuser als Mittel für eine Konjunkturbelebung vor.
Im Steuerstreit bezeichnete Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer im Gegensatz zu Merkel rasche Entlastungen als "überfällig". Seehofer war eigentlich für das traditionelle Grußwort des CSU-Vorsitzenden eingeladen, das seit Jahrzehnten auf CDU-Parteitagen üblich ist. Er hatte aber wegen der Beratungen zur Bayerischen Landesbank sein Kommen abgesagt. Der "Welt" sagte er, es gehe in der Steuerfrage "nicht um Rechthaberei, sondern vielmehr darum, was für unsere Wirtschaft und Bevölkerung jetzt notwendig ist".
Keine Pendlerpauschale
Der Parteitag erteilte einer Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale, wie sie ebenfalls in der CSU erwogen wird, dann aber erneut eine Absage. Zwei Anträge wurden mit großer Mehrheit abgelehnt.
Merkel spricht in Rätseln
Nach Merkels Rede waren am Montag zunächst neue Spekulationen um Steuersenkungen entstanden. Die Kanzlerin hatte erklärt, die Regierung lasse sich für neue Konjunkturprogramme "alle Optionen offen". Kauder schloss zwar Steuersenkungen nicht ausdrücklich aus. Mit Blick auf die Beratungen der Koalitionsspitzen nannte er aber nur zusätzliche Investitionen als zusätzliches Mittel. "Das sind Maßnahmen, die schnell wirken und Arbeitsplätze schaffen", sagte er.
Beschlüsse für eine Senkung der Mehrwertsteuer und andere Steuermaßnahmen schon im Januar sind allerdings unwahrscheinlich. Am 5. Januar treffen sich die Koalitionsspitzen. Dagegen wird in der CDU geprüft, ob der Bankenrettungsschirm ergänzt werden muss. Entscheidungen sind aber hier nicht gefallen. Kauder betonte auch, dass die Union die Belastung der Haushalte im Blick behalten müsse. Solide Haushaltspolitik müsse "ein Markenzeichen von uns bleiben".
Debatte über die Blockpartei
Einstimmig beschloss die CDU den Antrag zur Aufarbeitung ihrer Vergangenheit in der DDR und zum Zwischenstand der Wiedervereinigung. "Die CDU wurde von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) als führender Partei der DDR zwangsweise gleichgeschaltet", heißt es in dem Antrag. Viele "aufrechte Freunde" hätten die Idee der christlichen Demokratie auch in der Diktatur wachgehalten, Freiräume gesucht und einen Beitrag zur friedlichen Revolution geleistet. "Gleichwohl hat die CDU in der DDR im totalitären System der SED-Diktatur mitgewirkt."
Thüringens Landtagspräsidentin Dagmar Schipanski wies die Attacken von SPD und Grünen wegen der Vergangenheit der CDU als Blockpartei zurück. Sie sagte zugleich: "Gleichgeschaltete Parteien sind aber keine Oppositionsparteien." Sie warf der Linkspartei den Versuch einer Geschichtsklitterung vor. Die rund 1000 Delegierten stimmten zugleich dafür, dass Förderinstrumente für den Osten erhalten und weiterentwickelt werden sollen.
Quelle: ntv.de