Die rote Linie CDU legt Tabus fest
25.11.2007, 10:42 UhrDie Koalitionäre Union und SPD gehen immer stärker auf Distanz zueinander. Die CDU bereitet für ihren am kommenden Sonntag beginnenden Parteitag einen Abgrenzungsbeschluss vor, der Tabuzonen für die noch verbleibenden zwei Jahre der Koalition definieren soll.
In einem Leitantrag, den CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel zusätzlich in Hannover vorlegen will, spricht sich die CDU neben einem ausdrücklichen Nein zu zahlreichen neueren SPD-Positionen für eine umfassende Überarbeitung des Arbeitsrechts und eine weitere Senkung der Lohnnebenkosten aus. Entgegen der SPD-Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn strebt die CDU "ein Mindesteinkommen" über staatliche Lohnzuschüsse an.
"Die Mitte"
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte zum bevorstehenden Parteitag: "Die Botschaft lautet: Die eingeleiteten Reformen sind richtig und müssen fortgeführt werden." Mit der CDU werde es keine Abkehr vom Reformkurs geben. "Die SPD hat in den vergangenen Wochen vieles infrage gestellt." Der Aufschwung dürfe aber nicht gefährdet werden. "Die SPD wird nach unserem Parteitag wissen, wo für uns die rote Linie ist." Nach Informationen aus dem Bundesvorstand wird das Motto des Parteitags lauten: "Die Mitte."
Mit der Forderung nach einem Mindesteinkommen knüpft die Union an ältere Vorschläge für einen Kombilohn an. "Um Arbeitsplätze auch für Geringqualifizierte zu sichern und zu schaffen, soll sich das Mindesteinkommen aus einer Kombination von Lohn und Lohnzuschuss zusammensetzen", heißt es. Die Union will auch Hartz-IV-Empfängern höhere Hinzuverdienstmöglichkeiten eröffnen.
In dem Antrag, der am kommenden Sonntag zunächst noch vom Vorstand gebilligt werden muss, wird der SPD signalisiert, "was mit uns nicht zu machen ist" (so der Titel des CDU-Beschlussentwurfs). Darunter fallen "eine Abkehr vom Kurs der Haushaltskonsolidierung verbunden mit falschen Versprechungen", "ein Aufweichen der Grundsatzentscheidung zur Rente mit 67", "eine erneute Diskussion über die beschlossene Gesundheitsreform" und "Mindestlöhne, die Arbeitsplätze vernichten". Einer Erhöhung der Einkommensteuer und einer Verbreiterung einer Vermögensteuer erteile man "eine klare Absage". Die Parteispitze versteht den Antrag als eine Antwort auf die Beschlüsse des SPD-Parteitags von Hamburg vor drei Wochen.
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte dem "Handelsblatt": "Die CDU sagt nur, was sie nicht will, das ist noch kein Kurs." Aus dem Konrad-Adenauer-Haus komme nur "Wortnebel".
Streit auch um die Außenpolitik
Auch in der Außenpolitik überzogen sich Union und SPD gegenseitig mit Vorwürfen. Der CDU-Außenexperte Eckart von Klaeden warnte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) vor einem gefährlichen Spiel der Abgrenzung von der Kanzlerin. Steinmeier dürfe nicht den Kurs von Altkanzler Gerhard Schröder fortsetzen, der allein aus wirtschaftlichen Gründen eine zu große Nähe zu Russland hergestellt habe. Auch im Streit um Steinmeiers Haltung zum Empfang des Dalai Lama im Kanzleramt legte die Union nach. Steinmeier drohe sich zum Stichwortgeber für ausländische Kritik zu machen, sagte Fraktionschef Volker Kauder der "Frankfurter Rundschau".
Steinmeier verbat sich die Kritik: "Ich mache der Kanzlerin keine Vorschriften, mit wem sie spricht. Umgekehrt sollte die Union mich auch nicht für die Konsequenzen verantwortlich machen", sagte er dem "Spiegel". Er hatte Merkel vorgeworfen, ihre Menschenrechtspolitik ziele vor allem auf Schlagzeilen. Er selbst spreche kritische Themen wie Menschenrechte stets offen an, wenn auch nicht immer öffentlich.
Quelle: ntv.de