Streit vor der Koalitionsrunde CSU kritisiert Bürokratie beim Mindestlohn
25.04.2015, 07:24 Uhr
Erst kürzlich demonstrierten Wirte in München gegen die Dokumentationspflicht für Arbeits- und Pausenzeiten.
(Foto: dpa)
Seit vier Monaten gibt es den Mindestlohn - Zeit für eine Bilanz. Doch während die SPD keinen Bedarf an Veränderungen sieht, kommt Kritik aus der Union. CSU-Landesgruppenchefin Hasselfeldt fordert etwa einen Abbau der Dokumentationspflicht.
Vor der Koalitionsrunde am Sonntag gibt es neuen Streit zwischen Union und SPD über den Mindestlohn. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt forderte in der "Passauer Neuen Presse" einen Abbau der Dokumentationspflichten. Die ersten Monate hätten gezeigt, "dass es in der Praxis eine Reihe von Problemen gibt", sagte Hasselfeldt. Das betreffe auch die Abgrenzung von ehrenamtlicher und beruflicher Tätigkeit oder die sogenannte Auftraggeberhaftung.
So gebe es gravierende Probleme bei Unternehmen, Vereinen, Handwerkern, Landwirten oder karitativen Einrichtungen. "Hier müssen wir praxistaugliche Lösungen finden", forderte die CSU-Politikerin. Sie setze "auf das Problembewusstsein und den Pragmatismus" von Arbeitsministerin Andrea Nahles und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (beide SPD). "Ich bin zuversichtlich, dass wir zu vernünftigen Lösungen kommen", sagte Hasselfeldt.
Erst vor kurzem hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel die hohen Bürokratiekosten als Problem bezeichnet. Die Koalition sei dabei, zu schauen, "wo können wir und müssen wir Veränderung vornehmen", sagte Merkel bei einem Wirtschaftsempfang der Unionsfraktion in Berlin. Ihre Fraktion habe "sehr stark auf die zu hohen Bürokratiekosten hingewiesen".
Dagegen sagte SPD-Fraktionsvize Carola Reimann der "Passauer Neuen Presse", es gebe "nicht den geringsten Grund für Änderungen" am Gesetz. "Der Mindestlohn funktioniert." Die Dokumentationspflichten seien notwendig, um kontrollieren zu können, ob der Mindestlohn eingehalten werde. Die SPD-Expertin verwies auf Klarstellungen der Länder bei den Arbeitszeiten. Damit würden die Probleme im Schaustellergewerbe und in der Gastronomie gelöst.
SPD für Verbandsklagerecht
Die Sozialdemokraten erwägen demnach auch eine Ausweitung der Mindestlohn-Vorgaben. "Wir sollten darüber nachdenken, weitere Branchen wie den Einzelhandel bei den Dokumentationspflichten einzubeziehen", sagte Reimann. Außerdem müsse es ein Verbandsklagerecht geben, damit Beschäftigte, die um den Mindestlohn geprellt würden, ihre Ansprüche mit Hilfe der Gewerkschaften vor Gericht durchsetzen könnten.
"Die Dokumentationspflicht wird nicht abgeschafft werden, ich bin da ganz sicher", sagte auch der bayerische DGB-Chef Matthias Jena in Kloster Andechs vor einem Gespräch mit dem CSU-Vorstand. Der Mindestlohn berechne sich nach den Arbeitsstunden. Daher müsse die Arbeitszeit dokumentiert werden. "Die Dokumentationspflicht ist Voraussetzung dafür, dass man kontrollieren kann, ob die 8,50 Euro wirklich gezahlt werden."
Auch SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi erteilte Unionsforderungen nach Änderungen beim Mindestlohn eine Absage. Es gebe "praktische Fragen", die zu klären seien, sagte Fahimi dem SWR. Aber sie sehe "keinen Vorwurf und keine Ausnahmeforderung der Union", die wirklich Sinn habe.
Knapp vier Monate nach Inkrafttreten des Mindestlohns von 8,50 Euro legt Arbeitsministerin Nahles dem Koalitionsausschuss einen Erfahrungsbericht vor. Unionspolitiker und Wirtschaftsvertreter kritisieren insbesondere die Dokumentationspflicht für die Arbeitszeiten als zu bürokratisch. Zudem müsse die Einkommensgrenze von 2958 Euro, bis zu der die Arbeitszeit dokumentiert werden muss, sinken. Nahles lehnt Änderungen an dem Gesetz jedoch ab.
Quelle: ntv.de, mli/AFP