"Notfalls aus Eurozone ausschließen" CSU schlägt Griechen Austritt vor
01.02.2012, 15:55 Uhr
Athen unter Aufsicht: Grafitti an einer Bushaltestelle in Athen.
(Foto: REUTERS)
Die Koalition erhöht den Druck auf die griechische Regierung: Die CSU fordert den Austritt des Landes aus dem Euro, die FDP nennt einen griechischen Staatsbankrott beherrschbar. Bereits in der kommenden Woche könnte der Bundestag über das zweite Griechenland-Hilfspaket abstimmen. Die Mehrheit der Koalition ist unsicher.
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hat Griechenland zu einem freiwilligen Verlassen der Eurozone geraten. "Wenn Griechenland nicht den nötigen Umsetzungswillen für die unumgängliche Sanierung des Landes aufbringt, dann sollte man dort ernstlich über einen Neuanfang außerhalb der Eurozone nachdenken", sagte Dobrindt der "Rheinischen Post".
Weitere finanzielle Hilfen für Griechenland lehnt der CSU-Politiker derzeit ab. "Ohne echte und wirkende Sparmaßnahmen kann es kein Geld für Griechenland geben", sagte Dobrindt. "So ist die klare Vereinbarung, und da gibt es keinen Spielraum."
Die CSU-Landesgruppenchefin in Berlin, Gerda Hasselfeldt, ergänzte in der "Passauer Neuen Presse", notfalls müsse Griechenland aus der Euro-Gruppe ausgeschlossen worden. Das ist rechtlich derzeit aber nicht möglich: "Also muss man diese Möglichkeit schaffen."
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte, Griechenland hätte nie in die Euro-Zone aufgenommen werden dürfen. "Es wäre zwar bitter, aber ein Staatsbankrott Griechenlands wäre notfalls beherrschbar", sagte er der Mainzer "Allgemeinen Zeitung".
Mehrheit im Bundestag wackelt
Union und FDP warten nun auf den Bericht der "Troika" von Internationalem Währungsfonds (IWF), EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB), der spätestens am Sonntag vorliegen soll. Am Montag könnten dann auch die europäischen Finanzminister grünes Licht für das bereits im Oktober beschlossene zweite Paket von 130 Milliarden Euro geben. Unter Umständen muss die Summe noch aufgestockt werden.
Aus den Reihen der Koalition heißt es, der Bundestag könne sich bereits in der kommenden Woche mit dem zweiten Griechenland-Paket befassen. Einen festen Zeitplan gebe es allerdings noch nicht. Die "Bild"-Zeitung berichtete, Schwarz-Gelb müsse bei einer Abstimmung über die schon im Oktober in Brüssel beschlossenen weiteren Milliardenhilfen um die eigene Mehrheit im Parlament fürchten. Derzeit gebe es etwa 40 Abweichler.
Die griechische Regierung verhandelt momentan mit der Eurozone und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über ein zweites Hilfsprogramm. Ohne das neue Paket droht Athen die Staatspleite. Parallel verhandelt die Regierung mit ihren Privatgläubigern über einen Schuldenschnitt, der das Land um rund 100 Milliarden Euro entlasten soll. Spekuliert wird, ob daneben erstmals auch die öffentliche Hand - allen voran die Europäische Zentralbank (EZB) - auf Forderungen gegenüber Griechenland verzichten muss.
IWF räumt eigene Fehler ein
Der IWF forderte erneut massive Einschnitte in Griechenland, räumte aber auch eigene Fehler ein. IWF-Chefkontrolleur Poul Thomsen sagte der griechischen Zeitung "Kathimerini", die Regierung in Athen müsse staatliche Unternehmen schließen und notfalls Staatsbedienstete entlassen. Außerdem müssten die Löhne drastisch gekürzt werden. Selbstkritisch meinte er, die "Troika"-Experten hätten beim Reformprogramm zu sehr auf neue Steuern gepocht. Stattdessen müsse Athen weniger ausgeben. Vor allem Strukturreformen sind nach seinen Worten wichtig.
Beim EU-Gipfel hatte es zu Wochenbeginn erheblichen Unmut über die Griechen gegeben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einer "gewissen Frustration". Die Berliner Idee, Griechenland einen Sparkommissar vor die Nase zu setzen, war im Kreis der Staats- und Regierungschefs in Brüssel aber scharf zurückgewiesen worden. Am Mittwoch betonte Regierungssprecher Steffen Seibert, dass die Umsetzung der Sparauflagen in Griechenland im Einvernehmen mit dem Euro-Partner verbessert werden soll. "Es wird immer im Geiste der Zusammenarbeit und des gemeinschaftlichen Wirkens mit der griechischen Seite von Statten gehen", so Seibert.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP