Politik

Dissident ist unheilbar krank China lässt Nobelpreisträger Liu Xiaobo frei

Zum 60. Geburtstag von Liu Xiaobo fordern Demonstranten 2015 seine Freilassung.

Zum 60. Geburtstag von Liu Xiaobo fordern Demonstranten 2015 seine Freilassung.

(Foto: picture alliance / dpa)

2010 erhält der chinesische Dissident und Schriftsteller Liu Xiaobo den Friedensnobelpreis. Entgegennehmen kann er die Auszeichnung nicht, er sitzt zu diesem Zeitpunkt bereits im Gefängnis. Scheinbar kurz vor seinem Tod kommt er nun frei.

Der inhaftierte chinesische Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo ist wegen "Leberkrebs im späten Stadium" zur medizinischen Behandlung freigelassen worden. Wie sein Anwalt Shang Baojun in Peking berichtete, ist der 61-jährige Bürgerrechtler vom Gefängnis ins Krankenhaus in Shenyang in der Provinz Liaoning gebracht worden, wo er behandelt werde. Liu Xiaobo sei vergangene Woche "Bewährung aus medizinischen Gründen" gewährt worden, sagte der Anwalt. Damit ist er praktisch auf freien Fuß gesetzt worden, was auf die Schwere der Krebserkrankung hinweist, für die es in dieser Phase kaum Heilungschancen gibt.

Bisher hatte Chinas Regierung die Forderungen nach einer Freilassung des Ehrenvorsitzenden des chinesischen Pen-Clubs unabhängiger Schriftsteller immer zurückgewiesen.

Der Bürgerrechtler, der sich für Demokratie und Menschenrechte in China eingesetzt hatte, war 2009 wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Liu Xiaobo war Mitverfasser der 2008 von 300 Intellektuellen unterzeichneten "Charta 08", in der ein "freier, demokratischer und verfassungsmäßiger Staat" in China gefordert werden.

Der Literaturwissenschaftler hatte schon nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 in Peking wiederholt in Haft gesessen - insgesamt fünf Jahre. Er erhielt 2010 den Friedensnobelpreis.  Bei der Übergabezeremonie blieb sein Stuhl leer. Seine Frau Liu Xia lebt seit damals unter Hausarrest in ihrer Wohnung in Peking.

Steht eine Ausreise bevor?

Der Leberkrebs sei am 23. Mai offen zu Tage getreten und diagnostiziert worden, berichtete der Anwalt Mo Shaoping, für dessen Kanzlei Shang Baojun arbeitet, der dpa. Nach der Freilassung zur medizinischen Behandlung dürften ihn Familienmitglieder wie seine Frau jetzt besuchen.

Die Freilassung gelte nur für China, nicht die USA, sagte der Anwalt auf Spekulationen, es stehe vielleicht eine Ausreise bevor. Nach seiner Darstellung ist Liu Xiabo auch nicht wirklich frei. "Sein Anwalt kann ihn bislang nicht besuchen", sagte Mo Shaoping. "Das ist ein weiteres Verfahren." Auch sei unklar, wie es ihm wirklich gehe. "Ich weiß nicht, wie ernst sein Gesundheitszustand jetzt ist."

Versuch, das "Gesicht zu wahren"

Menschenrechtsgruppen übten scharfe Kritik an der Behandlung des Friedensnobelpreisträgers. "Es macht die ganze Sache noch schlimmer, dass Liu Xiaobo mit einer schweren Krankheit im Gefängnis diagnostiziert wird, wo er gar nicht erst hätte hingebracht werden dürfen", sagte Patrick Poon von Amnesty International in Hongkong. Die Behörden müssten sofort sicherstellen, dass er angemessene medizinische Behandlung und Zugang zu seiner Familie bekomme. "Die Behörden müssen auch den beschämenden und illegalen Hausarrest für seine Frau Liu Xia beenden", sagte Poon weiter. Sie müsse frei Besucher empfangen und reisen dürfen - und wieder mit Liu Xiaobo zusammenkommen können.

Die Freilassung ist für die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) auch kein Zeichen für ein Umdenken der Führung Chinas. "Wir beobachten seit Jahren, dass schwer erkrankte oder gefolterte politische Gefangene in China aus der Haft entlassen werden, damit sie zuhause und nicht im Polizeigewahrsam sterben", sagte Ulrich Delius von der GfbV. Es sei gängige Praxis bei Tibetern. So versuchen Behörden, "ihr Gesicht zu wahren und Vorwürfen zu entgehen, Menschen seien durch die Haftumstände oder Folter ums Leben gekommen".

Quelle: ntv.de, chr/AFP/dpa

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