Politik

Bürgerrechtler verschleppt China verschärft Druck

Sie haben zurzeit viel zu tun: Chinesische Sicherheitskräfte in Peking.

Sie haben zurzeit viel zu tun: Chinesische Sicherheitskräfte in Peking.

(Foto: AP)

Repressiv gehen die kommunistischen Machthaber in China gegen Bürgerrechtler vor. Viele werden auf offener Straße verschleppt, keiner kann das Land verlassen. Ausländische Fernsehsender sind blockiert. Deutsche Diplomaten werden daran gehindert, das Haus von Liu zu besuchen, wo sich seine Ehefrau aufhalten soll.

Vor der Vergabe des Friedensnobelpreises an den inhaftierten Bürgerrechtler in Oslo haben chinesische Behörden den Druck auf Kritiker in China und selbst auf Landsleute in Norwegen verstärkt. Ein enger Freund des Preisträgers und Mitverfasser der "Charta 08" für Demokratie und Menschenrechte in China sowie andere wurden durch Angehörige der chinesischen Staatssicherheit verschleppt, teilte die Menschenrechtsgruppe Chinese Human Rights Defenders (CHRD) mit.

Sicherheitskräfte zwingen Bürgerrechtler, in einen Bus einzusteigen.

Sicherheitskräfte zwingen Bürgerrechtler, in einen Bus einzusteigen.

(Foto: AP)

Zentrale Orte in der Hauptstadt wurden stärker bewacht, mehr Polizisten und Offiziere gingen auf Streife. Eine Gruppe deutscher Diplomaten wurde daran gehindert, das Haus von Liu zu besuchen, wo sich seine Ehefrau aufhalten soll. Ausländische Internetseiten, beispielsweise von BBC und CNN, wurden in China gesperrt oder waren schwer zu erreichen.

In Oslo protestierten Exil-Chinesen vor der Botschaft ihres Heimatlandes gegen die Inhaftierung Liu Xiaobos und die Unterdrückung der Meinungsfreiheit. Botschaftsangehörige weigerten sich, von Amnesty-International-Vertretern eine Liste mit 100.000 Protest-Unterschriften in Empfang zu nehmen. Amnesty International berichtete, in Norwegen wohnende Chinesen seien unter Androhung von "ernsten Konsequenzen" aufgefordert worden, sich an den Protesten zu beteiligen. "Wir sind geschockt, dass chinesische Behörden diese repressive Atmosphäre von Peking nach Oslo bringen", sagte der norwegische Amnesty-Direktor John Peter Egnaes.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, forderte Chinas Regierung zur Freilassung von Liu Xiaobo und aller anderen politischen Gefangenen auf. Der Nobelpreis für den Bürgerrechtler sei eine "verdiente Würdigung seines Mutes und seines unablässigen Eintretens für Freiheit und Menschenrechte", sagte die FDP-Politikerin. Die Teilnahme Deutschlands in Oslo sei ein Zeichen des Respekts. "Liu Xiaobo ist kein Einzelfall." Die Bundesregierung setze sich weltweit für verfolgte Menschenrechtler ein. Unter dem massiven Druck Chinas hatten mehrere Länder eine Teilnahme an der Zeremonie abgelehnt, darunter Russland, Saudi-Arabien und Ägypten.

Leerer Stuhl in Oslo

Bei der Feier in Anwesenheit von Norwegens König Harald V. wird der Stuhl des Preisträgers erstmals seit 1936 völlig leer bleiben. Der 54-Jährige Liu Xiaobo, der vor einem Jahr wegen "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" zu elf Jahren Haft verurteilt wurde, sitzt in einem Gefängnis in Jinzhou in Nordostchina. Seine Frau Liu Xiao wird in Peking ohne Kontakt zur Außenwelt unter Hausarrest gehalten. Auch seinen Anwälten wurde die Ausreise verweigert. Die demokratischen Kräfte in China werden bei der Feier nur durch 40 Mitglieder der exilchinesischen Dissidentengemeinde vertreten sein.

Der Literaturwissenschaftler Liu Xiaobo setzt sich seit langem für die Demokratiebewegung in China ein. Am 25. Dezember vergangenen Jahres wurde er zu elf Monaten Haft verurteilt. Nun erhält er den Friedensnobelpreis.

Der Literaturwissenschaftler Liu Xiaobo setzt sich seit langem für die Demokratiebewegung in China ein. Am 25. Dezember vergangenen Jahres wurde er zu elf Monaten Haft verurteilt. Nun erhält er den Friedensnobelpreis.

(Foto: REUTERS)

Zuletzt hatten vor 74 Jahren weder der deutsche Publizist Carl von Ossietzky noch seine Familie den Preis entgegennehmen können, weil ihnen die Nazis die Reise nach Oslo nicht erlaubten. Seit der Verkündung des Friedensnobelpreises vor zwei Monaten waren in China dutzende Aktivisten und Kritiker unter Hausarrest gestellt, in Haft genommen oder eingeschüchtert worden. Prominentes Opfer der Verfolgung wurde am Donnerstag Zhang Zuhua, der neben Liu Xiaobo an der Veröffentlichung der "Charta 08" vor zwei Jahren beteiligt war.

Der Bürgerrechtler sei am Donnerstag in Peking auf der Straße von Staatssicherheitsbeamten in einen Kleinbus gezerrt und verschleppt worden, berichtete die Menschenrechtsgruppe CHRD. Ähnlich seien in der Hauptstadt der Akademiker Cui Weiping und der Journalist Gao Yu sowie in Xi'an der Aktivist Yang Hai und der Bürgerrechtsanwalt Zhang Jiankang in die Gewalt der Sicherheitsbehörden genommen worden. Bereits seit Wochen können viele Intellektuelle in China kaum mehr frei bewegen. Als der auch im Westen bekannte Künstler Ai Weiei kürzlich nach Südkorea reisen wollte, wurde er an dem Flug gehindert.

Peking sieht "Einmischung in innere Angelegenheiten"

Chinas Regierung verurteilt die Auszeichnung für den "Kriminellen" Liu Xiaobo als "Einmischung in innere Angelegenheiten". Peking verwahrte sich gegen Kritik aus dem Ausland. Jeglicher Versuch, in der Angelegenheit Druck auf China auszuüben, werde ohne Erfolg bleiben, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums. Als Reaktion auf die Verleihung in Oslo verkündete China am Donnerstag die Vergabe eines eigenen Preises, dem "Konfuzius Friedenspreis". Ausgezeichnet werden soll Taiwans früherer Vize-Präsident Lien Chan.

Trotz der Repressionen seien viele Chinesen gut informiert, meint der chinesische Dissident Bei Ling im Gespräch mit n-tv.de. Sie betrachteten die derzeitige Politik als eine Schande. Trotz der derzeitigen Repressalien glaubt Bei Ling, dass langfristig die Nobelpreisverleihung einen großen Einfluss auf China ausüben wird.

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP

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