Politik

Weit weg von Putin Chodorkowski zieht es in die Schweiz

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(Foto: imago/Thomas Lebie)

So richtig zieht es den russischen Kreml-Gegner Chodorkokwski nicht zurück in seine Heimat. Selbst wenn dort die Prozesse neu aufgerollt werden sollten, will er offenbar erst einmal in die Schweiz ziehen. Dort soll er noch Millionen Franken auf Bankkonten haben.

Der freigelassene Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski will vorerst in der Schweiz leben. Wie das Schweizer Außenministerium mitteilte, beantragte der 50-Jährige ein Schengen-Visum bei der Schweizer Botschaft in Berlin. Der Ex-Ölunternehmer war am Freitag nach jahrelanger Haft von Russlands Staatschef Wladimir Putin begnadigt worden und überraschend nach Berlin ausgereist.

Chodorkowskis Frau Inna und die beiden Zwillingssöhne Gleb und Ilja leben in der Schweiz, die gemeinsame Tochter Anastasia in Moskau. Der Kreml-Kritiker, der als Ölunternehmer zum reichsten Mann Russlands aufgestiegen war, hat Schweizer Medien zufolge einen Teil seines Vermögens auf Schweizer Konten. In der "Sonntagszeitung" ist von "mindestens 200 Millionen Schweizer Franken" (rund 166 Millionen Euro) die Rede.

Der frühere Chef des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos war 2003 festgenommen und zwei Jahre später wegen Betrugs und Steuerhinterziehung verurteilt worden. Ihm drohten in Russland noch weitere Verfahren, so dass ein Ende seiner Haft nicht absehbar war. Die Gerichtsverfahren gegen ihn waren vom Westen als politisch motiviert kritisiert worden. Noch immer sind ehemalige Geschäftspartner Chodorkowskis in Russland inhaftiert.

Russlands Oberstes Gericht will nun die Prozesse überprüfen, die zu Chodorkowskis Verurteilung geführt hatten. Als Begründung verwies ein Gerichtssprecher auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der im Juli Verfahrensmängel im ersten Prozess gegen Chodorkowski und seinen Geschäftspartner Platon Lebedew kritisiert hatte.

Laut einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage des Instituts Lewada begrüßen mit 47 Prozent knapp die Hälfte der Russen Chodorkowskis Begnadigung, nur fünf Prozent kritisieren die Entscheidung und 40 Prozent haben keine Meinung dazu.

Greenpeace-Aktivisten frei

Inzwischen hat die russische Justiz auch das Verfahren gegen fast alle Greenpeace-Aktivisten eingestellt, die im September wegen einer Protestaktion in der Arktis festgenommen worden waren. Wie die Umweltschutzorganisation mitteilte, wurden 25 angeklagte Ausländer am Mittwoch darüber informiert, dass die Anklagen gegen sie fallengelassen worden seien. Um ausreisen zu können, müssen sie aber noch ein Visum beantragen.

Von der Amnestie profitierten damit bis Mittwoch 29 der 30 Besatzungsmitglieder des Greenpeace-Schiffs "Arctic Sunrise", die nach einer Protestaktion gegen die Ölbohrungen des russischen Energiekonzerns Gazprom in der Barentssee im September festgenommen worden waren.

Nur das Verfahren gegen den Italiener Cristian d'Alessandro wurde nach Greenpeace-Angaben am Mittwoch zunächst nicht formell eingestellt. Die Behörden konnten demnach keinen Dolmetscher für ihn auftreiben. Er soll am Donnerstag erneut bei den Justizbehörden vorstellig werden.

Am Dienstag war bereits die Anklage gegen den Briten Anthony Perrett fallengelassen worden. Auch die vier russischen Greenpeace-Aktivisten haben von der Amnestie profitiert.

Visa-Dokumente nötig

Um aus Russland ausreisen zu können, müssen die ausländischen Aktivisten nach Greenpeace-Angaben noch entsprechende Visa-Dokumente erhalten. Dies werde hoffentlich "in den kommenden Tagen" passieren, erklärte die Umweltschutzorganisation.

Die 30 Aktivisten, darunter insgesamt 26 Ausländer und vier Russen, waren zunächst wegen Piraterie angeklagt worden, später wurde dies in den Vorwurf des Rowdytums abgeschwächt. Ihnen drohten lange Haftstrafen. Sie waren auf Kaution freigelassen worden, durften jedoch nicht das Land verlassen.

Am 18. Dezember verabschiedete das russische Parlament jedoch ein Amnestiegesetz, das landesweit bis zu 25.000 Häftlingen zugute kommen könnte. Da das Gesetz nicht nur für verurteilte Straftäter, sondern in bestimmten Fällen auch für Angeklagte gilt, kommt es auch den Greenpeace-Aktivisten zugute.

Pussy Riot gibt Pressekonferenz

Am Montag waren in diesem Zusammenhang bereits die beiden noch inhaftierten Musikerinnen der Punkband Pussy Riot, Maria Alechina und Nadeschda Tolokonnikowa, freigelassen worden. Sie hoffen nun darauf, mit Unterstützung Chodorkowskis ihre Proteste fortzusetzen. Sie äußern sich am Freitag in einer Pressekonferenz zu ihren zukünftigen Plänen. n-tv überträgt ab 11 Uhr live.

Quelle: ntv.de, ghö/AFP/dpa

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