Politik

Chodorkowski kann auf Rückkehr hoffen Russische Justiz prüft Yukos-Urteile

Zehn Jahre musste der Ex-Ölmilliardär und Kreml-Kritiker in russischer Haft verbringen. Unter internationalen Beobachtern gilt seine Verurteilung als politisch motiviert.

Zehn Jahre musste der Ex-Ölmilliardär und Kreml-Kritiker in russischer Haft verbringen. Unter internationalen Beobachtern gilt seine Verurteilung als politisch motiviert.

(Foto: picture alliance / dpa)

Begnadigt ist der frühere Kremlkritiker Michail Chodorkowski, freigesprochen von Schuld bisher nicht. Doch das könnte sich nun zumindest in einigen Anklagepunkten ändern. Selbst eine Rückkehr nach Russland erscheint wieder möglich.

Michail Chodorkowski kann auf Rehabilitierung und eine Rückkehr nach Russland hoffen. Vor wenigen Tagen begnadigte der russische Präsident Wladimir Putin den Ex-Ölmilliardär nach jahrelanger Haft in einem Straflager und ließ ihn nach Deutschland ins Exil reisen. Jetzt stellt die Justiz überraschend auch die Verfahren gegen ihn in Frage. Der Vorsitzende des Obersten Gerichts, Wjatscheslaw Lebedew, wies eine Überprüfung der zwei Strafverfahren gegen den früheren Chef des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos an. Es gebe "neue Umstände", hieß es von einem Gerichtssprecher.

Das Oberste Gericht ordnete für das erste wegen Steuerhinterziehung geführte Strafverfahren gegen Chodorkowski an, die damals festgesetzte Zahlungsforderung von 17,5 Milliarden Rubel (rund 388 Millionen Euro) zu überprüfen. Dabei geht es im Wesentlichen um eine vom Gericht festgesetzte Steuerschuld, die Chodorkowskis Yukos-Konzern unterschlagen haben solle.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hatte im Sommer nach einer Beschwerde der Chodorkowski-Anwälte festgestellt, dass die russischen Richter diese Summe ohne gesetzliche Grundlage angesetzt hätten. Demnach muss Chodorkowski nicht aus seinem Privatvermögen für die Steuerschulden seines Unternehmens haften.

Außerdem lässt Russlands höchster Richter nun das zweite Urteil vom 27. Dezember 2010 wegen Öldiebstahls überprüfen. Der einst reichste Mann Russland war nach öffentlicher Kritik an Putin und nach Finanzierung der Opposition 2003 festgenommen und dann in zwei international umstrittenen Verfahren verurteilt worden. Nach mehreren Haftreduzierungen hätte Chodorkowski das Straflager im August 2014 regulär verlassen können.

Nur ein vorläufig positives Zeichen

Chodorkowskis Anwälte bezeichneten die Entscheidung des Obersten Gerichts als positives, wenn auch nur vorläufiges Zeichen. Es sei möglich, dass ihr Sohn nach Russland zurückkehren könne, wenn die vom Staat geforderte Summe gestrichen werde, sagte Chodorkowskis Mutter, Marina Chodorkowskaja, der Agentur Interfax. Allerdings hätten viele Berufungsverfahren mit Enttäuschungen geendet.

Chodorkowski hatte in Berlin erklärt, dass die Milliardensumme der Hauptgrund sei, weshalb er nicht in seine Heimat zurückkehren könne. Er hatte auch seine Hoffnung geäußert, dass seine Klage gegen die Zahlungsforderung in seinem Sinne entschieden werde. Zu konkreten Plänen, die darauf folgen könnten, äußerte er sich nicht. Diese wollte er mit seiner Familie besprechen.

Die ist nun erstmals seit Jahren vollständig versammelt. Die Chordorkowskis verbringen die Weihnachtstage zusammen in Berlin. 2014 will der 50-Jährige dann in die Schweiz ausreisen, wo seine Frau mit den 14-jährigen Zwillingen Gleb und Ilja lebt. Ein Schengen-Visum für drei Monate hat Chodorkowski schon beantragt.

Pussy Riot hofft auf Zusammenarbeit

Die ebenfalls aus dem Straflager entlassenen Frauen der kremlkritischen Punkband Pussy Riot wollen mit Chodorkowski künftig gern gemeinsam für die Menschenrechte kämpfen. "Es wäre für uns eine große Ehre, wenn wir irgendwelche Schnittpunkte in der Menschenrechtsarbeit fänden", schrieben die Aktivistinnen Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Aljochina in einem Brief an Chordorkowski. Die Frauen hatten angekündigt, für bessere Haftbedingungen in Russland kämpfen zu wollen. Zuvor hatte Chodorkowski auf seiner Webseite den beiden Musikerinnen zur Freilassung gratuliert und ihnen gewünscht, genug Kraft zu finden, um nach der schweren Prüfung der Gefängnisstrafe keinen Hass und Groll zu hegen.

Eine politische Arbeit oder Unterstützung der Opposition lehnt der 50-Jährige bislang ab. Er erklärte nach seiner Freilassung lediglich, sich für andere politischer Gefangene in seinem Land einsetzen zu wollen. Chodorkowski hatte Putin nach eigenen Angaben schriftlich zugesichert, künftig die russische Opposition nicht mehr zu finanzieren und auch nicht um Rückgabe der Yukos-Aktiva kämpfen zu wollen.

Quelle: ntv.de, ieh/dpa

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