Politik

Treffen im Kanzleramt Dalai Lama in Berlin

Unbeirrt vom Protest der chinesischen Regierung hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das geistige Oberhaupt der Tibeter, den Dalai Lama, in Berlin empfangen. Nach Angaben ihres Sprechers Ulrich Wilhelm würdigte sie den Friedensnobelpreisträger in dem einstündigen privaten Gespräch im Kanzleramt als religiösen Führer. Sie habe zugesagt, ihn "bei seinen Bemühungen um die Wahrung der kulturellen Identität Tibets und seiner Politik des gewaltlosen Strebens nach religiöser und kultureller Autonomie" zu unterstützen. Der Dalai Lama habe seinen gewaltfreien Einsatz hervorgehoben. Er strebe ausdrücklich nicht nach Unabhängigkeit Tibets von China, erklärte Wilhelm auf Anfrage. Der Dalai Lama sagte, er sei froh, dass Merkel "die alte Freundschaft" bewahrt habe.

Peking hatte zuvor kurzfristig einen in München geplanten zweitägigen deutsch-chinesischen "Rechtsstaatsdialog" unter Hinweis auf "technische Gründe" abgesagt. Das chinesische Außenministerium hatte Deutschland aufgefordert, den Dalai Lama nicht einreisen zu lassen.

Merkels entschiedene Haltung gegenüber China wurde insbesondere von der Union, der FDP und den Grünen gewürdigt. Es war das erste Mal, dass ein deutscher Regierungschef den Dalai Lama empfing. Der seit 1959 im indischen Exil lebende 72-Jährige sagte, häufig gebe es Menschen, die in hohen Positionen erstaunliche Distanz aufbauten. Merkel gehöre nicht dazu. Er wurde von hunderten Anhängern bejubelt, als er zu Fuß vom Kanzleramt auf sie zuging. Der Dalai Lama gilt weltweit als Symbol des Autonomie-Strebens der Tibeter gegen die chinesische Fremdherrschaft. Die chinesische Armee war 1951 in Tibet einmarschiert. Peking betrachtet die Region als Teil Chinas.

"Wohltuend anders"

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der den Dalai Lama begleitete und mit ihm gemeinsam am Samstag in Neu-Anspach vor 13.000 Menschen aufgetreten war, sagte: "Deutschland kann stolz darauf sein, dass es eine Kanzlerin hat, die sich nicht unter Druck setzen lässt und der Menschenrechtsfragen wichtig sind, in welchen Regionen dieser Welt auch immer."

FDP-Chef Guido Westerwelle sagte der "Frankfurter Rundschau", die Außenpolitik der Regierung Merkel werde "wohltuend anders" als bei der rot-grünen Vorgängerregierung "nicht von kurzsichtigen Taktierereien bestimmt, sondern von kluger Courage". Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sagte: "Das Treffen Merkels mit dem Dalai Lama ist ein wichtiges Zeichen der Solidarität angesichts der Menschenrechtsverletzungen gegen die Tibeter in der Volksrepublik China." Er erinnerte zugleich an das Volk der Uiguren. Es werde ähnlich unterdrückt wie die Tibeter.

Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck äußerte sich zurückhaltend. Die Person und das Wirken des Dalai Lama verdienten Respekt, sagte Beck. Es müsse aber darauf geachtet werden, dass bei den weiteren Diskussionen über Menschenrechte "alle im Boot bleiben". Alle seien gefordert, sich aus solchen Kontakten nicht zurückzuziehen.
"Chinesen testen ihre Grenzen"

Der Dalai Lama sagte der "Süddeutschen Zeitung": "Was ich an Frau Merkel schätze, ist ihr standhaftes Eintreten für Menschenrechtsfragen und Religionsfreiheit und ihr Engagement für die Umwelt." Er glaube nicht, dass sein Besuch die chinesisch-deutschen Beziehungen nachhaltig schädige. "Die Chinesen testen nur ihre Grenzen aus." Er warf der Führung in Peking "Arroganz der Macht" vor. Peking gehe den einfachsten Weg. "Und der bedeutet Unterdrückung."

Die Kritik Chinas schießt nach Worten des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), "weit über das Ziel hinaus". "Die Reaktion aus Peking ist nicht unerwartet, aber ebenso unberechtigt", sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin. Gerade wegen der Kritik aus Peking sei es richtig, dass Merkel "die Eiertänze, die andere Bundesregierungen früher um diese Frage gemacht haben, nicht wiederholt".

Quelle: ntv.de

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