Politik

Klimagipfel in Durban ohne Lösung Delegierte müssen nachsitzen

Bundesumweltminister Röttgen ist die Erschöpfung anzusehen.

Bundesumweltminister Röttgen ist die Erschöpfung anzusehen.

(Foto: dpa)

Die ersten Delegierten müssen aus Durban abreisen. Manche Länder haben kein Geld, um weiter am längsten Klimagipfel aller Zeiten teilzunehmen. Noch immer wird um den Fahrplan für einen neuen Klimavertrag gerungen. Ein Kompromissvorschlag Südafrikas gibt etwas Hoffnung. Doch ein Scheitern ist nach wie vor möglich - oder eine Vertagung.

Auf dem längsten Klimagipfel aller Zeiten wird bis zuletzt um einen Fahrplan für einen Weltklimavertrag gerungen. Nach 13 Tagen gab es zum Abschluss im südafrikanischen Durban einen Entwurf, der zum Durchbruch führen könnte. Südafrikas Außenministerin Maite Nkoana-Mashabane sagte nach fast 24 Stunden langen, nur kurz unterbrochenen Marathonsitzungen zu dem Papier: "Das ist ein starkes Ergebnis". Sie rief die beteiligten Länder auf, im Kampf gegen die Erderwärmung nationale Interessen zurückzustellen.

Nkoana-Mashabane hält den südafrikanischen Kompromiss für "stark".

Nkoana-Mashabane hält den südafrikanischen Kompromiss für "stark".

(Foto: dpa)

Zwar äußerten sich mehrere Delegierte vorsichtig optimistisch, dass ein Durchbruch gelingen könnte, aber da noch viele Fragen offen waren, könnte der Gipfel auch noch scheitern - die EU wollte keine faulen Kompromisse eingehen. Möglich war weiterhin auch eine Vertagung der Konferenz auf kommendes Jahr.

Der Kompromissentwurf sieht vor, dass es bis 2015 ein verbindliches Klimaabkommen geben soll, das ab 2020 in Kraft treten könnte. Streit gab es bis zuletzt, wie verbindlich es sein soll. Und ob es nicht früher in Kraft treten müsste, um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen.

"Wir sind sehr, sehr spät dran"

Das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll, zu dem sich nur noch Staaten bekennen, die 15 Prozent der globalen Emissionen ausmachen, könnte bis 2020 verlängert werden, damit hier keine weitere Klimaschutzlücke entsteht. Mehrere afrikanische Staaten forderten nur eine fünfjährige Verlängerung, damit der alle Staaten umfassende Weltklimavertrag früher in Kraft treten kann. Länder wie die USA, China und Indien versuchten bis zuletzt die Einigung abzuschwächen - dabei ging es um Feinheiten, etwa ob man sich auf ein "rechtliches Ergebnis" oder "rechtliches Instrument" einigt - das zweite wäre weitaus stärker.

Demonstranten drangen auch in das Konferenzzentrum ein.

Demonstranten drangen auch in das Konferenzzentrum ein.

(Foto: dpa)

"Wir brauchen ein rechtliches Instrument und nicht etwas, das alles oder nichts bedeuten kann", sagte EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard. "Viele Menschen werden denken, was ist da für ein Unterschied, es ist doch nur ein Wort. Aber das ist extrem wichtig", betonte die Dänin. Es gebe mit den USA und Brasilien Fortschritte. "Aber es sind noch einige Stufen zu erklimmen."

Bundesumweltminister Norbert Röttgen betonte: "Das ist durchaus eine sehr erfreuliche Bewegung, die wir in den letzten Stunden gehabt haben." Eine Lösung hielt er noch für möglich, doch die Bedingungen würden immer schwieriger. "Wir sind sehr, sehr spät dran", sagte der Minister. Das Abschlussplenum mit allen 193 Staaten begann mit 24-stündiger Verspätung. Dabei soll über die unterschiedlichen Modelle entschieden werden. Die 17. Klimakonferenz war zur Lösungssuche extra um einen Tag verlängert worden.

Viele Papiere zur Beratung zwischen den Staaten waren sehr spät vorgelegt worden. Zudem sorgte das kompromisslose Dringen der EU-Staaten und von fast 100 Entwicklungsländern auf mehr verpflichtende Klimaschutzzusagen für verhärtete Fronten. Besonders die USA, China und Indien setzen bisher auf freiwillige Ziele zur Reduzierung des Treibhausgas-Ausstoßes.

Delegationen aus armen Ländern reisen ab

Das Problem war vor allem der große Zeitdruck. Viele Delegierte gerade aus ärmeren Ländern reisten schon ab, da sie ihre Flüge nicht umbuchen konnten. "Das ist die größte Ungerechtigkeit", sagte Greenpeace-Klimaexperte Martin Kaiser. "Die, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, mussten schon abreisen und die Entscheidungen fallen ohne sie." Auch Röttgen musste wegen der Marathonberatungen seinen Flug umbuchen.

Das eherne Gesetz der Klimakonferenzen besagt: Verhandelt wird bis tief in die Nacht. Manchmal noch länger.

Das eherne Gesetz der Klimakonferenzen besagt: Verhandelt wird bis tief in die Nacht. Manchmal noch länger.

(Foto: Reuters)

Greenpeace kritisierte scharf, dass der neue Weltklimavertrag womöglich erst ab 2020 gelten soll. "Es darf kein Kompromiss mit den USA gemacht werden", sagte Kaiser. "Sonst würde Durban als gescheitert gelten." Kaiser forderte, das Kyoto-Protokoll nur bis 2017 zu verlängern, um so den Druck zu erhöhen, dass ein Weltklimaabkommen 2018 in Kraft treten könnte.

Kaiser forderte zudem ein Intervenieren von Kanzlerin Angela Merkel. "Diese Verhandlungen drohen derzeit an den Profitinteressen der Öl- und Kohleindustrie zu scheitern, die im Hintergrund der Verhandlungen agieren", sagte er. "Jetzt hilft nur noch ein Anruf Merkels bei US-Präsident Barack Obama, um die Verhandlungen zu retten."

Phalanx der Blockierer

Röttgen hatte betont, Indien, China und die USA würden zu wenig für ein Ergebnis tun, "das sich an dem Zwei-Grad-Ziel orientiert". Der erste Vorschlag der südafrikanischen Konferenzpräsidentin für einen Weg zu einem neuen Weltklimavertrag war von der EU und anderen Staaten verworfen worden, weil er ihnen zu schwache Ziele enthielt. Zudem tauchte in dem Papier nicht das Ziel eines umfassenden rechtlich verbindlichen Klimaabkommens auf. Stattdessen war nur allgemein von einem rechtlichen Rahmen die Rede gewesen, der nach 2020 wirksam werden soll.

Die französische Umweltministerin Kosciusko-Morizet wirft der südafrikanischen Präsidentschaft Versagen vor.

Die französische Umweltministerin Kosciusko-Morizet wirft der südafrikanischen Präsidentschaft Versagen vor.

(Foto: AP)

Die USA, die das Kyoto-Protokoll zwar unterzeichnet, aber nie ratifiziert haben, fühlen sich an dessen Vorgaben ohnehin nicht gebunden. Das gilt auch für Russland, Japan und Kanada, die Kyoto zwar ratifiziert, aber bereits deutlich gemacht haben, dass ihnen absolut nichts am Klimaschutz liegt. "Das Kyoto-Protokoll ist Vergangenheit", sagte der kanadische Umweltminister Peter Kent am Mittwoch in Durban. China schließlich hat sich bislang geweigert, sich international auf Klimaschutzmaßnahmen festzulegen.

Delegierte warfen den Südafrikanern zu wenig Führung vor, um den Gipfel zu einem überzeugenden Ergebnis zu führen. "Wir sind in der allerschlechtesten Lage, nämlich der Gefahr eines Scheiterns aus Zeitmangel", sagte Röttgens französische Kollegin Nathalie Kosciusko-Morizet. Sie begründete dies mit den organisatorischen Problemen aufgrund der starken Verzögerung der Beratungen. Die südafrikanische Präsidentschaft  habe den Zeitmangel während der Verhandlungen offensichtlich überhaupt nicht berücksichtigt.

Quelle: ntv.de, mli/AFP/dpa/rts

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