Daueraufreger Wulff Der Balkon ist wichtiger als Politik
07.03.2012, 04:19 Uhr
Statt sich weiter über die Politik zu ärgern, machen viele Deutsche jetzt erstmal ihren Balkon schick fürs Frühjahr.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ex-Präsident Wulff und sein Ehrensold machen die Deutschen weiterhin wütend. Die meisten halten von der Politik zurzeit nicht viel. Lieber beschäftigt man sich der jüngsten Forsa-Umfrage zufolge mit dem Garten oder der Urlaubsplanung. Auch Sex und gutes Essen sorgen für Zufriedenheit.
Wohl selten hat es ein Politiker geschafft, die Gemüter der Deutschen so dauerhaft zu bewegen wie Ex-Bundespräsident Christian Wulff. Der Aufreger in der vergangenen Woche war der Ehrensold in Höhe von 199.000 Euro jährlich. In der jüngsten Forsa-Umfrage für RTL und Stern empören sich insgesamt 82 Prozent der Befragten darüber, dass Wulff den Ehrensold bekommen soll.
Im Osten finden es sogar 88 Prozent nicht richtig, dass das ehemalige Staatsoberhaupt ein so hohes Ruhestandsgeld bekommt. Und selbst unter Anhängern der CDU/CSU sind 74 Prozent dieser Auffassung. Am ehesten gönnen Piraten-Wähler Wulff das Geld: 72 Prozent sind zwar gegen den Zuspruch des Ehrensolds, doch immerhin 14 Prozent finden das in Ordnung, weiteren 14 Prozent ist gleichgültig, was Wulff bekommt.

Kanzlerin Merkel geht unbeschadet aus der Wulff-Affäre und kann sich über gute Umfragewerte freuen.
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Für Kanzlerin Angela Merkel ist die Wulff-Affäre indes ausgestanden. Schon vor dessen Rücktritt hatte sich abgezeichnet, . Eine Mehrheit der Deutschen zieht Merkel weiterhin sämtlichen möglichen SPD-Gegenkandidaten vor. 48 Prozent würden die CDU-Chefin wählen, wenn die Alternative Frank-Walter Steinmeier hieße. Er bekäme 30 Prozent der Stimmen. 58 Prozent der Deutschen entscheiden sich für Merkel, wenn SPD-Chef Sigmar Gabriel ihr Gegenkandidat wäre. Gabriel sehen nur 18 Prozent als Kanzler. Interessant hierbei: Selbst bei SPD-Anhängern gewinnt Merkel im direkten Duell knapp gegen Gabriel mit 41 zu 37 Prozent. Gegenüber Peer Steinbrück liegt Merkel ebenfalls klar vorn: Auf sie entfielen gegen ihn 49 Prozent der Stimmen, auf den SPD-Mann nur 28 Prozent.
Hohe Politikfrustration
Wäre an diesem Sonntag Bundestagswahl, würde die CDU/CSU stärkste Fraktion. Sie verliert einen Prozentpunkt und landet bei 37 Prozent Zustimmung. . Die SPD landet bei 26 Prozent und bleibt damit beim gleichen Wert wie in der Vorwoche. Die Grünen verbessern sich leicht um einen Punkt auf 15 Prozent. Das rot-grüne Lager vereint damit 41 Prozent der Wählerstimmen auf sich. Die Linken halten sich stabil bei 8 Prozent, die Piraten bleiben bei 7 Prozent.
Die allgemeine Frustration über die Politik . Bei der Frage nach der Kompetenz der im Bundestag vertretenen Parteien hält eine Mehrheit von 56 Prozent keine Partei für fähig, die Probleme in Deutschland lösen zu können. Das deckt sich mit weiterhin eher pessimistischen Wirtschaftserwartungen der Deutschen. Nur 17 Prozent sind zuversichtlich, dass die Verhältnisse sich verbessern werden. Fast die Hälfte (47 Prozent) geht jedoch davon aus, dass diese sich verschlechtern werden. Vor einem Jahr war die Stimmung noch deutlich besser: Im März 2011 glaubten 27 Prozent an einen Aufschwung und nur 38 Prozent, dass es bergab gehen werde.

Viele Deutsche zweifeln inzwischen am Atomausstieg. Die Grünen-Anhänger halten aber mehrheitlich an der Idee fest.
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Unzufrieden sind viele Bürger auch damit, dass Deutschland bis 2022 völlig aus der Atomstromerzeugung aussteigen will. Wegen der bekanntgewordenen Engpässe in der Energieversorgung in den vergangenen Wochen halten 59 Prozent der Befragten den Ausstiegsbeschluss für falsch, 38 Prozent finden ihn weiterhin richtig. Besonders heftig kritisieren CDU/CSU-Anhänger die Abkehr vom Atomstrom: 71 Prozent sind dagegen. Naturgemäß gibt es die meisten Ausstiegsbefürworter unter den Grünen-Wählern. Hier sind 61 Prozent für den Ausstieg, 38 Prozent dagegen.
Urlaub macht glücklich
Freude bereitet den Deutschen alles, was nicht mit Politik zu tun hat. Gefragt nach den Dingen, die sie besonders glücklich stimmen, gaben 92 Prozent eine gute Gesundheit und 89 Prozent ihre Familie an. 75 Prozent fühlen sich von schönem Wetter beglückt, 68 Prozent von Anerkennung durch andere und 67 Prozent von gutem Essen. Weitere Glücksfaktoren sind ein gelungenes Sexualleben – wichtig für 59 Prozent der Befragten – sowie Geld (45 Prozent) und große Anschaffungen wie ein neuer Fernseher (26 Prozent).
Wichtig für das Glücksempfinden von 70 Prozent der Deutschen ist der Urlaub. 65 Prozent planen in diesem Jahr eine Reise, unabhängig von ihrem Alter. Besonders häufig verreisen diejenigen, die einen höheren Bildungsabschluss haben (76 Prozent) oder gut verdienen (82 Prozent). Besonders die jungen Leute zwischen 18 und 29 Jahren sind bereit, in diesem Jahr mehr Geld für ihren Urlaub auszugeben. 40 Prozent aus dieser Gruppe werden für die Erholung mehr investieren.
Wer nicht in den Urlaub fährt, verbringt seine Freizeit gerne zuhause. Viele Deutsche sind schon fleißig dabei, ihren Balkon, die Terrasse oder den Garten für den Frühling zu gestalten. Jeder fünfte hat bereits alles vorbereitet. 64 Prozent gaben an, dass sie Balkon oder Garten noch in Ordnung bringen wollen, bevor es richtig warm wird. Lediglich bei der Gruppe derer, die jünger sind als 30 Jahre, treffen 34 Prozent keine besonderen Vorbereitungen für den Frühling. Den ausführlichen Frühjahrsputz in der Wohnung macht in Deutschland jeder zweite.
Quelle: ntv.de, nsc