US-Soldaten schänden Leichen Der Kampf um die Köpfe scheitert
19.04.2012, 13:56 Uhr
Gegen die Bitte des Verteidigungsministers veröffentlichte die "Los Angeles Times" Bilder der Leichenschändungen.
(Foto: AP)
Seit über zehn Jahren tobt in Afghanistan ein Krieg, in dem es vor allem um die Köpfe der Bevölkerung geht. Fotos von Leichenschändungen durch US-Soldaten sind dabei ein herber Rückschlag. Sie treiben die Bevölkerung in die Arme der Taliban.
Es war ein Routineeinsatz für die US-Soldaten in Afghanistan: Ein Selbstmordattentäter hatte sich vor einer Polizeistation in die Luft gesprengt, zur Identifikation wird seine Leiche von den Soldaten untersucht, sie nehme Fingerabdrücke und scannten seine Netzhaut. Dann wird es bizarr: Die amerikanischen Soldaten sammeln zusammen mit den örtlichen Polizisten die herumliegenden Gliedmaßen des Attentäters ein, binden Seile um die Füße und halten an ihnen die zerfleischten Beine in die Höhe. Mit erhobenen Daumen grinsen sie in die Kamera, der Kamerad drückt ab. Einige Monate später posieren Soldaten derselben Einheit mit getöteten Aufständischen, auch hier entstehen Fotos.
Ein Ausdruck von krasser Verrohung? Mitnichten. Das Töten von Unschuldigen, Vergehen an Gefangenen, Vergewaltigungen und Leichenschändungen seien in Kriegen an der Tagesordnung.
Auch dass die Gewalttaten fotografiert und gefilmt werden, sei nicht neu. Dennoch ist es heute mit Handykameras, E-Mail, Youtube und Facebook so einfach wie nie zuvor, Bilder und Videos aufzunehmen und weiterzugeben. Die grausamen Aufnahmen können sich genauso schnell verbreiten wie Schnappschüsse und Urlaubsvideos. Besonders viel Gewalt entstehe, wenn Soldaten feststellten, dass ihr Krieg nicht zu gewinnen ist, so Greiner.
Und das scheint in Afghanistan der Fall zu sein. Dabei geht es weniger um kontrollierte Gebiete und Truppenstärken. Der eigentliche Kampf, der in Afghanistan geführt wird, ist der um die Köpfe der Bevölkerung. Die internationale Gemeinschaft hat es verpasst, diese Herausforderung frühzeitig anzunehmen und stattdessen versucht, die Aufständischen mit Gewalt zurückzudrängen. Dabei sind sich Konfliktforscher einig, dass es im Kampf mit Aufständischen vor allem darauf ankommt, ihnen die Unterstützung in der Bevölkerung zu nehmen.
Erst im Jahr 2010, mehr als acht Jahre nach Beginn des Krieges, schwenkten die ISAF-Truppen der Nato von der klassischen Kriegsführung auf die um und versuchten, die Zivilbevölkerung für ihre Ziele zu gewinnen. Damit soll den Terroristen die Rekrutierungs- und Rückzugsbasis entzogen werden. Bilder von Leichen schändenden Soldaten untergraben diese Vorgehensweise.
Gleichzeitig wird die Lage in Afghanistan immer unsicherer. Die Zahl der Anschläge mehrt sich, auch wenn der Winter einigermaßen ruhig blieb und die letzte kleiner ausfiel als befürchtet. Die Abwärtsspirale von fehlender Sicherheit und fehlender Unterstützung aus der Bevölkerung dreht sich weiter. Die Fotos und Videos verantwortungsloser Soldaten verleihen ihr zusätzlichen Schub.
Quelle: ntv.de