Pkw-Maut und Rentenbeiträge Der Koalitionskrach hat schon begonnen
27.11.2013, 11:52 Uhr
Gabriel, Merkel und Seehofer im Reichstagsgebäude in Berlin (von links nach rechts).
(Foto: dpa)
Noch ist der Koalitionsvertrag nicht beschlossen, da streiten CDU, CSU und SPD schon über die Interpretation ihrer Kompromisse. Vor allem bei der Pkw-Maut gibt es Differenzen. Innerhalb der CDU ist zudem ungeklärt, was der Vertrag für die Sozialbeiträge bedeutet.
Nur Stunden nach der schwarz-roten Einigung auf einen Koalitionsvertrag streiten beide Seiten bereits über die Auslegung des Kompromisses zur Pkw-Maut. "Wenn Weihnachten und Ostern zusammengelegt wird im nächsten Jahr, dann kommt auch die Maut", spottete der schleswig-holsteinische SPD-Chef Ralf Stegner.
Er gönne der CSU zwar die Aufnahme dieser Formulierung in den Koalitionsvertrag, so Stegner. Er wisse aber nicht, wie die Bedingungen erfüllt werden könnten. Diese lauten: Deutsche Autofahrer dürfen nicht belastet werden, die Maut muss mit dem EU-Recht konform gehen, und sie muss zusätzliches Geld in die Staatskasse bringen.
Der zuständige SPD-Verhandler und bayerische Landesvorsitzende Florian Pronold sprach von einem "Armutszeugnis" für die CSU. "Bisher kein Konzept" und "kommt nie", schrieb Pronold auf Twitter.
Auch CDU zweifelt an der Pkw-Maut
Die stellvertretende CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär konterte Pronold umgehend, ebenfalls via Twitter: "Schlechter Verlierer!" CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hatte nach Abschluss der Koalitionsgespräche am Morgen bekräftigt: "Die Pkw-Maut wird kommen und so steht's drin." Er hob hervor, dass es sich bei dem Thema nicht nur um einen Prüfauftrag handle.
Aber selbst die CDU bezweifelt, dass eine Pkw-Maut zu den genannten Bedingungen möglich ist. "Ich sehe es noch nicht, dass es wirklich am Ende dazu kommt, aber es wird überprüft", sagte die rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende Julia Klöckner im ZDF.
Ähnlich äußerte sich der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Armin Laschet. Er könne sich im Moment nicht vorstellen, "wie das alles in Einklang zu bringen ist", sagte er über die drei Bedingungen für die Einführung einer Pkw-Maut. Wie Klöckner ist Laschet Bundesvize der CDU.
"Mindestlohn gefällt uns nicht"
Beim Mindestlohn, einem weiteren großen Streitthema bei den Verhandlungen, habe die SPD sich durchgesetzt, räumte Laschet im WDR ein. "Im Prinzip ist diese Kernforderung der SPD jetzt akzeptiert", sagte er.
Union und SPD hatten bei den Koalitionsverhandlungen vereinbart, dass der gesetzliche Mindestlohn 2015 kommen und bundesweit 8,50 Euro pro Stunde betragen soll. Allerdings können die Tarifpartner in einer Übergangszeit bis 2017 auch Abschlüsse vereinbaren, die darunter liegen. Das kommt Union und Wirtschaft entgegen.
Unionsfraktionsvize Michael Fuchs räumte ein, dass die Zustimmung zu vielen Punkten im Koalitionsvertrag für die CDU schwierig gewesen sei. "Koalitionsverträge sind Kompromisse und sind nicht Wunschkonzerte", sagte er im Deutschlandfunk. Fuchs gehört dem Wirtschaftsflügel der CDU an. Die Vereinbarung zum gesetzlichen Mindestlohn sei "eine schwierige Entscheidung, die uns nicht gefällt".
Positiv sei dagegen, dass keine Mehrbelastungen auf die Bürger zukämen. "Die Steuern werden nicht erhöht und die Sozialversicherungen auch nicht", sagte Fuchs.
"Rentenbeiträge werden steigen"
Dieser Befund ist allerdings sogar in der CDU umstritten. Langfristig dürften die Koalitionsvereinbarungen zur Rente nach Einschätzung des CDU-Politikers Peter Weiss zu höheren Beiträgen führen.
Das Plus der Rentenversicherung trotz gesunkener Beiträge in diesem Jahr nannte Weiss eine Sensation. "Wenn wir solche Sensationen auch in Zukunft schaffen, dann ist das alles, was beschlossen worden ist, auch finanzierbar", sagte der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion im SWR. Er fügte aber hinzu: "Auf lange Sicht werden die beschlossenen rentenpolitischen Maßnahmen dazu führen, dass die Beiträge zur Rentenversicherung auch wieder steigen - nicht in dieser Legislaturperiode, aber auf Dauer. Das muss man ehrlicherweise sagen."
Union und SPD hatten sich in der Nacht auf mehrere kostspielige Besserungen bei der Rente geeinigt. Weiss bezeichnete die Einigungen als "sehr große Happen". Die künftige Koalition müsse aufpassen, "dass wir die derzeit guten Rücklagen der Rentenversicherung jetzt nicht ratzfatz verspielen", mahnte er.
Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP/rts