Politik

Kampfdrohnen für die Bundeswehr Der Roboterkrieg wird kommen

Prototyp einer Tarnkappen-Drohne.

Prototyp einer Tarnkappen-Drohne.

(Foto: REUTERS)

Auch die Bundesrepublik Deutschland wird in Zukunft Kriege mit Hilfe von Drohnen führen. Die Vorstellung, fliegende Roboter einzusetzen, ist vielen unheimlich. Trotzdem sind die Argumente gegen die Kampfdrohnen wenig überzeugend.

Als in der Nacht auf den 4. September 2009 der Pilot eines US-Jagdbombers vom Typ F-15 zwei Bomben auf entführte Tanklastwagen im Norden Afghanistans abwirft, tötet er damit 142 Menschen, die meisten von ihnen Zivilisten. Der Angriff war vollkommen unangemessen - das ist mittlerweile klar. Doch zu einer großen Diskussion führte der Bombenabwurf nicht in den USA, dem Land des Piloten, sondern in Deutschland. Denn es war ein deutscher Oberst, der die Anweisung zum Abschuss gab - von einem Bundeswehrcamp aus, Dutzende Kilometer entfernt. Oberst Georg Klein fällte seine Entscheidung auf Basis von wackligen Infrarot-Videoaufnahmen aus Kampfflugzeugen und eines Telefonats mit einem Informanten. Die Meinung des Piloten selbst war bei der Entscheidung nicht gefragt, er bediente lediglich eine Maschine, lenkte das Flugzeug und drückte den Knopf zum Abschuss.

Flugzeugträger mit Kampfdrohne (r.). Die Tests laufen.

Flugzeugträger mit Kampfdrohne (r.). Die Tests laufen.

(Foto: REUTER)

Wenn Piloten nun immer häufiger Flugzeuge nicht mehr aus der Luft, sondern vom Boden aus bedienen, ändert sich am Ablauf eines Luftangriffs zunächst einmal nichts. Trotzdem ist vielen komisch zumute, wenn sie daran denken, dass Kriege immer weiter automatisiert, dass tödliche Waffen aus großer Entfernung bedient werden und dass fliegende Roboter Menschenleben zerstören. Bald wird eine neue Generation von kleinen und schnellen Flugzeugträgern entstehen, die Drohnen-Geschwader innerhalb von Stunden verlegen können. Kriege können entschieden werden, ohne dass jemals ein ausländischer Soldat das Konfliktland auch nur überflogen hätte. Auch die deutsche Regierung möchte sich dieser Technik nun bedienen und die Bundeswehr mit bewaffneten, unbemannten Flugzeugen ausrüsten.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Drohnen ermöglichen es, Ziele präziser zu erfassen, länger zu beobachten und genauer zu zerstören. Und vor allem: Der Einsatz einer Drohne ist ungleich billiger als der eines bemannten Flugzeugs. Viele Systeme an Bord eines Kampfflugzeugs sind dazu da, den Piloten zu schützen. Ohne diese Systeme und ohne Cockpit sind Drohnen extrem leicht. Sie kommen darum mit weniger Treibstoff aus und können sich trotzdem wesentlich länger in der Luft halten. Piloten können sich abwechseln, und beim Abschuss einer Drohne geht kein Soldat verloren.

Drei Argumente gegen Drohnen

Die Gegner von Kampfdrohnen bringen drei Argumente vor: Erstens verstoße die gezielte Tötung von Terroristen durch Drohnen gegen das Völkerrecht. Zweitens führe die Entwicklung zu einer vollständigen Automatisierung, bei der in Zukunft Computeralgorithmen den Abschussbefehl gäben. Und drittens sinke die Hemmschwelle des Tötens, wenn dies nicht mehr vor Ort entschieden würde. Diese Einwände sind nachvollziehbar. Und doch überzeugen sie nicht, wenn man annimmt, dass Kampfeinsätze der Bundeswehr grundsätzlich richtig sind.

Bundeswehrsoldat am Leitstand einer Überwachungsdrohne.

Bundeswehrsoldat am Leitstand einer Überwachungsdrohne.

(Foto: REUTERS)

Es ist der Drohnenkrieg Barack Obamas, der tatsächlich völkerrechtlich umstritten ist: Ohne Anklage oder Verurteilung töten Air Force und CIA mit Hilfe von Drohnen mutmaßliche Terroristen im Jemen, in Somalia, in Afghanistan und vor allem in Pakistan. Auf welcher Informationsbasis das geschieht, ist nicht klar, die USA schweigen sich zu den Angriffen aus. Der Bundeswehr sind solche Einsätze allerdings verboten, mit welchen Waffen auch immer. Auch mit den Systemen, die sie bereits besitzt, könnte sie gezielt töten, darf das aber aus gutem Grund nicht. Sicher täte Obama gut daran, offen zu erklären, wer wann warum getötet wird. Mit ihren Einsätzen ziehen die USA den Hass der Bevölkerung in den betroffenen Ländern auf sich. Der Hinweis, dass sich Deutschland schon aufgrund seines Grundgesetzes an solchen Einsätzen nicht beteiligen darf, ist wichtig. Er spricht aber nicht gegen die Anschaffung der Drohnen.

Dass im Krieg immer mehr Entscheidungen von Computern getroffen werden, ist eine Entwicklung, die unabhängig von der Beschaffung von Drohnen stattfindet. So wird der Weg von Raketen und Torpedos schon lange von Computern errechnet. Über ihr Ziel können sie darum trotzdem nicht eigenständig entscheiden. Bei Drohnen ist es genauso: Der Flugweg kann auf Autopilot eingestellt werden, der Abschuss einer Rakete erfordert menschliches Eingreifen. Der deutschen Regierung vorzuwerfen, sie würde die Entscheidung zum Abschuss einem Computer überlassen, weil sie die Piloten in Zukunft am Boden lassen möchte, ist unfair.

Drohnen werden schneller eingesetzt als Kampfflugzeuge

Die Befürchtung, dass die Hemmschwelle zum Tötungsbefehl sinkt, wird von den Befürwortern zurückgewiesen. Denn erstens zeigen tatsächlich Berichte immer wieder, dass gerade Soldaten in Kampfgebieten ihren moralischen Leitfaden verlieren. Es könnte sein, dass Piloten auf einem Stützpunkt in der Heimat moralisch wesentlich reflektierter handeln, als wenn sie monatelang im Ausland stationiert sind. Zweitens entscheiden auch heute schon Piloten nicht selbst über einen Abschuss, sondern ein Vorgesetzter am Boden tut dies auf Basis von Videoübertragungen. Andererseits werden Drohnen wegen der geringeren Kosten und des geringeren Risikos wohl häufiger eingesetzt als bemannte Kampfflugzeuge. Aber kann man aus diesem Grund wirklich gegen den Einsatz von Drohnen sein? Wer so argumentiert, müsste konsequenterweise auch dünnere Panzerwände und ein Verbot von schusssicheren Westen fordern. Auch das würde Hemmschwellen erhöhen. Soldaten in Gefahr zu bringen, kann nicht das Ziel von Rüstungspolitik sein.

Die Vorstellung, dass halb ferngesteuerte, halb automatische Maschinen in Zukunft Kriege gegeneinander führen, ist unheimlich; genauso unheimlich, wie das Wissen, dass schon heute Menschen aus einer Entfernung von Tausenden Kilometern per Joystick getötet werden. Doch diese Entwicklung lässt sich nicht dadurch aufhalten, dass die Bundeswehr auf die neue Technik verzichtet. Natürlich muss es eine Debatte darüber geben, in welchem Rahmen Kampfdrohnen eingesetzt werden dürfen. Denn dass Deutschland mit seinen neuen Möglichkeiten verantwortungsvoll umgehen muss, sollte selbstverständlich sein.

Quelle: ntv.de

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