Politik

Machtkampf entschieden Der Sieger heißt Beck

Der Machtkampf in der SPD ist so gut wie entschieden: Im Streit um eine längere Zahlung des Arbeitslosengeldes I an Ältere hat Sozialminister Franz Müntefering (SPD) seine Niederlage eingeräumt.

Der Vizekanzler geht davon aus, dass SPD-Chef Kurt Beck sich auf dem Parteitag Ende kommender Woche mit seinen Vorstellungen durchsetzen wird. "Und dann geht das in die Koalition", sagte Müntefering nach einem Gespräch mit Beck.

Bei dem Treffen in Mainz wollten Beck und Müntefering die Möglichkeiten für einen Kompromiss ausloten. "Der Parteivorsitzende und ich haben in diesem Punkt unterschiedliche Meinungen. Hier gab es keinen Kompromiss", sagte Müntefering der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Es war klimatisch und in der Sache ein sehr gutes Gespräch", sagte Beck nach dem Treffen.

Zurücktreten will Müntefering nicht. "Ich bin gerne Vizekanzler und Minister", sagte er. Er habe für seine Position in dem Konflikt über die verlängerte Zahlung des Arbeitslosengeldes I für Ältere "gute Argumente". Er halte es unverändert für besser, den über 55-Jährigen eine Stelle zu besorgen, als ihnen länger Arbeitslosengeld zu zahlen. Wenn die Union und die SPD diese Position verträten, könne man dies jedoch "nicht einfach ignorieren", meinte der Arbeitsminister.

Schröder: Agenda 2010 ist nicht die Zehn Gebote

Müntefering war mit seiner Position zuletzt ziemlich isoliert in der SPD. Selbst Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder hält Korrekturen an den von ihm eingeleiteten Arbeitsmarktreformen mittlerweile für richtig. "Die Agenda 2010 sind nicht die Zehn Gebote, und niemand, der daran mitgearbeitet hat, sollte sich als Moses begreifen", sagte der frühere SPD-Chef am Montagabend.

Mit Blick auf den SPD-Parteitag sagte Schröder: "Diejenigen, die dort einen machtpolitischen Showdown erwarten, werden wieder einmal vor der Sozialdemokratie enttäuscht werden."

Der Streit zwischen Müntefering und Beck um ein eher unwichtiges Detail der Arbeitsmarktreform galt vor allem als Machtprobe zwischen dem Vizekanzler und dem Parteivorsitzenden. Zugleich sahen Beobachter darin den Versuch Becks, sozialpolitisches Profil zurückzugewinnen und sich vorsichtig von Schröders "Agenda"-Kurs zu lösen.

Beck braucht eine Milliarde Euro

Nach dem Treffen mit Müntefering sagte Beck, für die längere Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I und zusätzliche Weiterbildungsmaßnahmen sollten rund eine Milliarde Euro aus der Bundesagentur für Arbeit (BA) bereitgestellt werden. Zusätzlich solle der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung zum 1. Januar 2008 auf 3,5 Prozent gesenkt werden. "Da kommen wir nicht in Schwierigkeiten", so Beck weiter. Bislang war eine Senkung von derzeit 4,2 Prozent auf 3,9 Prozent geplant. Die Union hatte sich zuvor ebenfalls für eine stärkere Reduzierung ausgesprochen.

Beck sagte, er wolle seinen Vorschlag über die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes am Montag den SPD-Gremien vorlegen. Dann solle eine Entscheidung getroffen werden. Schon jetzt habe er den Vorstand sowie die Bezirks- und Landesvorsitzenden informiert. Es habe keinen "nennenswerten Widerstand" gegeben.

Beck hatte einen Vorschlag des DGB aus dem Jahr 2006 übernommen, nach dem über 50-Jährige bis zu 18 Monate und über 55-Jährige bis zu 24 Monate Arbeitslosengeld I bekommen sollen. Dies würde rund 800 Millionen Euro kosten, die aus dem BA-Überschuss bezahlt werden sollen.

Merkel für "kostenneutrale" Änderung

Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ derweil einen Bericht der "Leipziger Volkszeitung" über angebliche Zusagen über finanzielle Spielräume beim ALG I dementieren. Solche Berichte entbehrten jeder Grundlage, sagte ein Regierungssprecher. Vorrang habe die weitere Absenkung des Arbeitslosenbeitrages. Jede Änderung beim Arbeitslosengeld I müsse kostenneutral gestaltet werden.

Nach einem Beschluss der CDU sollen Mehrausgaben für Ältere mit Kürzungen bei jüngeren Arbeitslosen bezahlt werden. In der Union hatte sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers für solch eine Regelung stark gemacht.

Das Blatt hatte unter Berufung auf "die enge Umgebung von Beck" berichtet, Merkel habe den SPD-Vorsitzenden wissen lassen, es könne einen "Gestaltungsspielraum" von knapp einer Milliarde Euro beim Arbeitslosengeld I geben.

Quelle: ntv.de

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