Moon wird Präsident Südkoreas Der letzte Mann mit weißer Weste übernimmt
09.05.2017, 19:27 Uhr
Der Gouverneur der Provinz Süd-Chungcheong gratuliert seinem Parteikollegen Moon besonders herzlich.
(Foto: AP)
Nach Monaten tiefer politischer Krise wagt Südkorea den Neuanfang. Mit dem früheren Demokratieaktivisten Moon Jae In wählt die Mehrheit den Gegenentwurf zur bisherigen Präsidentin Park Geun Hye. Der unbelastete Rechtsanwalt verspricht Versöhnung.
Die Botschaft der Wähler in Südkorea ist klar: Sie wollen einen Neuanfang - und Moon Jae In soll ihn umsetzen. Mit deutlichem Abstand wählten sie den linksgerichteten Politiker zum Präsidenten. Der frühere Demokratieaktivist und Menschenrechtsanwalt soll das innenpolitisch aufgewühlte Industrieland nun in eine ruhigere Zukunft führen. Moon gilt als korruptionsresistent - das hebt ihn von seiner in Unehren abgesetzten Vorgängerin Park Geun Hye ab.
Moons erste Aufgabe lautet: Versöhnung. Das Amtsenthebungsverfahren hat tiefe Wunden in Südkorea geschlagen. Das Land ist polarisiert, linke Kräfte und die lange Zeit dominierenden Konservativen stehen sich argwöhnisch gegenüber.
Der designierte Präsident machte umgehend klar, dass er sich der Versöhnungsaufgabe stellen wolle. Am Abend versprach er vor Anhängern auf dem Gwanghwamun-Platz im Herzen von Seoul, er wolle ein "Präsident des Zusammenhalts" sein. Unter seiner Führung solle Südkorea ein "Rechtsstaat sein, in dem Regeln gelten und gesunder Menschenverstand herrscht".
"Welle des Protests geritten"
Damit sprach Moon das große Thema des Wahlkampfs an - jenes Thema, das ihn wohl zum Sieg geführt hat: Südkoreas Politik gilt als korrupt, und Moon hat es vermocht, sich eine saubere Weste zu bewahren. "Er ist auf der Welle des Protests gegen Park und die angesammelten Korruptionsfälle geritten", erklärt Kim Neung Gou, der Chef der Online-Zeitung "Polinews", das Ergebnis von Moon.
"Die Korruption ist das größte Problem in der südkoreanischen Politik", sagt auch der Wissenschaftler Robert Kelly von der Pusan-Nationaluniversität. "Jeder südkoreanische Präsident ist bislang in unterschiedlichem Ausmaß wegen Korruption und Bestechung in Probleme geraten."
Der neue Präsident steht in demonstrativem Kontrast zu seiner abgesetzten Vorgängerin Park, die als Tochter des früheren Militärherrschers Park Cheung Hee zur südkoreanischen Elite zählt und in ihrer Amtszeit zum Inbegriff der Günstlingswirtschaft wurde.
Ein Kämpfer gegen die Diktatur
Moons Eltern waren Anfang der 50er Jahre im Koreakrieg aus dem Norden geflohen. Sein Vater arbeitete als Handwerker in einem Camp für Flüchtlinge, seine Mutter verkaufte Eier auf dem Markt - so berichtet es der 1952 geborene Moon in seiner Autobiografie.
Der Flüchtlingssohn zeigte früh politisches Interesse: 1972 begann er ein Jurastudium, wurde aber wegen demokratischer Proteste gegen Militärherrscher Park von der Uni geworfen. Anfang der 80er Jahre freundete er sich mit dem späteren Präsidenten Roh Moon Hyun an. Die beiden eröffneten eine Anwaltskanzlei in der Hafenstadt Busan, die sich auf Menschenrechtsfälle spezialisierte.
Im Jahr 2002 gewann der Liberale Roh überraschend die Präsidentschaftswahl und holte seinen alten Sozius Moon als Berater gegen Korruption an seine Seite. "Dabei war ich immer sehr glücklich, weil ich anderen helfen konnte mit dem, was ich gelernt habe", schrieb Moon später in seiner Autobiografie.
Als Präsident will Moon den Einfluss der südkoreanischen Chaebols - das sind weit verzweigte Firmenkonzerne mit großem politischem Einfluss - begrenzen und die Beziehungen zu den atomar aufgerüsteten Machthabern in Nordkorea verbessern. Seine konservativen Kritiker werfen ihm vor, es fehle ihm an Härte gegenüber Pjöngjang, sie schmähen Moon als "Pro-Pjöngjang-Linken".
Quelle: ntv.de, Park Chan-Kyong, AFP