Angriff auf Syrien deutet sich an Deutschland kann sich nicht ganz raushalten
31.08.2013, 14:38 Uhr
Die "Patriot"-Einheiten der Bundeswehr sollen die Türkei vor syrischen Raketen schützen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ist es eine "Lüge", dass sich Deutschland nicht an einem Angriff gegen Syrien beteiligen würde? Das enge Bündnis mit Frankreich und den USA macht Neutralität jedenfalls fast unmöglich. Sogar deutsche Raketen könnten zum Einsatz kommen.
Für viele Deutsche ist es eine beruhigende Nachricht: Wenn die USA in den kommenden Stunden oder Tagen tatsächlich syrische Stellungen beschießen, wird sich Deutschland nicht beteiligen. Bundeswehrsoldaten werden damit nicht gefährdet, das Land rückt nicht noch weiter in den Blick von Terroristen.
Doch so einfach ist die Sache nicht: Deutschland ist mit den möglichen Kriegsparteien USA, Frankreich und Türkei eng verbunden. Sollte der Bürgerkrieg zu einem internationalen Konflikt werden, wäre Deutschland involviert.
Die größte Rolle dabei spielen die die "Patriot"-Systeme in der Türkei. Seit einem halben Jahr späht die Bundeswehr per Radar nach Raketen, die über die türkisch-syrische Grenze fliegen. Zwei Abfangsysteme vom Typ Pac-3 stehen bereit, um diese Raketen in der Luft zu zerstören. Mit weiteren Patriot-Systemen beteiligen sich die USA und die Niederlande an der Nato-Mission mit dem Namen "Active Fence" (aktiver Zaun).
Neues Bundestags-Mandat notwendig?
Seit die Abfangsysteme installiert wurden, haben sie nicht eine feindliche Rakete erfasst. Doch wenn Syrien von der Türkei aus angegriffen wird, könnte es versuchen, sich zu wehren. Die Zerstörer im Mittelmeer, von denen amerikanische Marschflugkörper abgefeuert würden, könnten sich in sicherer Entfernung aufhalten. Die Türkei wäre ein leichter zu treffendes Ziel. Ihre Verteidigung wäre im Rahmen von "Active Fence" auch Aufgabe der Bundeswehr.
Im Verteidigungsministerium will man sich mit diesem Szenario offiziell nicht beschäftigen. Der Auftrag der "Patriot"-Einheiten sei "rein defensiv" heißt es lediglich. "Patriots" sind auch zur Überwachung einer Flugverbotszone geeignet. Doch erstens sieht es derzeit nicht danach aus, dass es eine solche Zone geben wird. Und zweitens wäre dazu zunächst ein neues Bundestagsmandat notwendig.
Die Abwehr von syrischen Raketen, die als Reaktion auf einen Militärschlag in die Türkei geschossen werden, wäre aber wohl ein solcher defensiver Einsatz. Die Bundeswehr wäre damit relativ direkt in den Einsatz einbezogen. Nach Aussage des SPD-Verteidigungsexperten Rainer Arnold müsste es wegen dieser Verquickung ein neues Bundestagsmandat für den Einsatz geben, sollte sich die Türkei wirklich beteiligen. Anderenfalls müssten die Bundeswehreinheiten abgezogen werden. Eine Einschätzung dazu will das Verteidigungsministerium nicht abgeben. Man beteilige sich nicht an "Spekulationen", sagte ein Sprecher auf Anfrage.
Linke spricht von "Lüge"
Auch ohne die Patriot-Einheiten wäre eine indirekte Beteiligung Deutschlands möglich. Schon bei den Kriegen in Afghanistan und Irak griffen die USA auf ihre Infrastruktur in Deutschland zurück. Die größte Rolle spielte dabei der Air-Force-Stützpunkt in Ramstein. Es ist die größte US-Luftwaffenbasis außerhalb des Heimatlandes. Allerdings wird die benötigte Logistik für einen zeitlich begrenzten Schlag gegen Syrien weit geringer sein, als in anderen Kriegen.
Direkte Unterstützung ohne den Einsatz von Waffen könnte Deutschland durch Aufklärung leisten. So befinden sich deutsche Soldaten in den Teams der Awacs-Aufklärungsflugzeuge der Nato. Darüber hinaus kann die Bundewehr von Schiffen im Mittelmeer aus syrische Kommunikation abhören, die bei der Auswahl von Zielen hilfreich sein könnte.
Die Linkspartei bezeichnet es wegen all dieser Beteiligungsmöglichkeiten als "Lüge", dass sich Deutschland aus einem Syrien-Einsatz heraushalten würde. Die Kanzlerin behauptet, solange es kein UN-Mandat gebe, "stellt sich die Frage nach einer Beteiligung der Bundeswehr ohnehin nicht." Die ganze Wahrheit ist das zumindest nicht.
Quelle: ntv.de