Politik

Nein aus Berlin zu Swift-Abkommen Deutschland stoppt EU und USA

Die Bundesregierung will offenbar das geplante EU-Abkommen mit den USA über den Austausch von Bankdaten zur Terrorbekämpfung stoppen. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hält es für "ganz unglücklich, dieses Abkommen in der EU einen Tag vor dem Inkrafttreten des Lissabonner Vertrages noch schnell nach den alten Regeln durchzupeitschen".

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Deutschland will einem Zeitungsbericht zufolge dem Entwurf der schwedischen EU-Ratsspräsidentschaft über eine Weitergabe europäischer Bankdaten an die USA nicht zustimmen.

Die "Frankfurter Rundschau" berichtet, die Bundesregierung habe die klare Weisung an ihren EU-Botschafter gegeben, dem Abkommen in seiner jetzigen Form nicht zuzustimmen. Die Zeitung nennt allerdings keine Quelle für ihre Information. Diplomatenkreise bestätigten der Deutschen Presse-Agentur dpa jedoch, dass die Bundesregierung den Entwurf so nicht durchwinken will. Es müsse noch an Details gefeilt werden, hieß es.

Da das Gesetz aber nur einstimmig von den 27 EU-Staaten verabschiedet werden kann, steht eine Umsetzung vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags am 1. Dezember in Frage. Mit dem Lissabon-Vertrag erhält das EU-Parlament erstmals Mitspracherecht in der Justiz- und Innenpolitik.

Erhebliche Bedenken in Berlin

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger äußerte erhebliche Bedenken gegen ein derartiges Abkommen. "Die Bundesregierung steht dem Swift-Abkommen sehr distanziert gegenüber", sagte die FDP-Politikerin der "Berliner Zeitung". "Ich halte es für ganz unglücklich, dieses Abkommen in der EU einen Tag vor dem Inkrafttreten des Lissabonner Vertrages noch schnell nach den alten Regeln durchzupeitschen", begründete die Ministerin die Haltung. "Das würde das EU-Parlament brüskieren."

Leutheusser-Schnarrenberger verwies darauf, dass das EU-Parlament dem Abkommen kritisch gegenüber steht und mit dem Lissabonner Vertrag ein Mitentscheidungsrecht erhält.

Effektiver Rechtsschutz gefordert

Die Bundesjustizministerin hat auch gegen inhaltliche Regelungen Vorbehalte. "Nach wie vor sehe ich den Umfang der Datenweitergabe an die USA und die fehlenden Rechtsschutzmöglichkeiten kritisch." Deshalb werde Schwarz-Gelb sich in den Gremien in Brüssel weiter für klare Regelungen und einen effektiven Rechtsschutz einsetzen, kündigte die Ministerin an.

Mit dem neuen Abkommen sollen US-Fahnder auch dann noch Zugriff auf Millionen europäischer Bankdaten haben dürfen, wenn ein Server des in Belgien ansässigen Finanzdienstleisters Swift in diesem Jahr aus den USA nach Europa verlegt wird. Bereits seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 nutzt der US-Geheimdienst CIA die Daten.

Dem schwedischen Entwurf zufolge sollen US-Terrorfahnder Daten zu grenzüberschreitenden und inländischen Überweisungen in Europa auswerten können. Laut "Financial Times Deutschland" hatten in Brüssel bereits die Botschafter mehrerer EU-Länder, darunter Deutschlands und Frankreichs, Bedenken gegen die Pläne geäußert.

Daten im Paket

Wie die "FTD" weiter berichtete, sollen die US-Terrorfahnder ihre Anfrage im Finanzministerium in Washington begründen. Sei die auf dem Weg der Rechtshilfe gestellte Anfrage aber nicht präzise formuliert, sollten alle relevanten Daten im Paket übermittelt werden. Dazu zählten Name, Adresse, Konto- und Personalausweisnummer des Bankkunden.

Die Fahnder sollten dabei nicht nur Zugriff auf Daten des für internationale Überweisungen zuständigen belgischen Unternehmens Swift erhalten, sondern auch nationale Dienstleister für den Zahlungsverkehr anzapfen können.

Datenschützer warnen

Der Leiter des Datenschutzzentrums Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, warnte in der "Frankfurter Rundschau" vor einem unbegrenzten Zugriff von US-Fahndern auf europäische Bankdaten. "Es besteht de facto keine Kontrolle darüber, was die US-Behörden mit den Daten machen." So gebe es etwa die Befürchtung, die USA nutzten die Daten für Wirtschaftsspionage zugunsten eigener Unternehmen.

Der Koalitionsvertrag von Union und FDP enthalte kritische Bemerkungen zum Bankdatentransfer in die USA, so Weichert. Die Regierung müsse deshalb einer überstürzten Entscheidung widersprechen und sich für eine datenschutzfreundliche Lösung auf EU-Ebene einsetzen.

Quelle: ntv.de, rts/AFP/dpa

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