Politik

Helle Thorning-Schmidt Die Frau an Junckers Seite?

Nach Medienberichten gehört Helle Thorning-Schmidt zu einem Kompromisspaket und würde EU-Ratspräsidentin werden, wenn Jean-Claude Juncker Kommissionspräsident wird.

Nach Medienberichten gehört Helle Thorning-Schmidt zu einem Kompromisspaket und würde EU-Ratspräsidentin werden, wenn Jean-Claude Juncker Kommissionspräsident wird.

(Foto: picture alliance / dpa)

Während die Wahl von Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionspräsident immer wahrscheinlicher wird, kommt die Frage auf, wer ihm als EU-Ratspräsident zur Seite gestellt wird. Bisher ragt ein Name heraus: Helle Thorning-Schmidt.

Auf den traditionellen "Familienfotos" der EU-Staats- und Regierungschefs sticht die dänische Ministerpräsidentin deutlich hervor. Nicht nur, dass sie zu den wenigen Frauen in der Runde gehört, Helle Thorning-Schmidt ist mit 48 Jahren auch jünger als die meisten ihrer Kollegen, sie wirkt frischer und sportlicher. Wenn nun Jean-Claude Juncker Präsident der EU-Kommission wird, könnte die Dänin ein Gegengewicht bilden: Juncker wird mitunter als "Mann der Vergangenheit" verspottet, Thorning-Schmidt wäre eine Frau der Zukunft.

Politisch sozialisiert wurde die Dänin im weit linken, teilweise kommunistischen Milieu. Sie studierte unter anderem in Belgien und lernte dort ihren jetzigen Mann Stephen Kinnock kennen, den Sohn des ehemaligen britischen Labour-Parteichefs Neil Kinnock. Gemeinsam haben sie zwei Kinder.

Mit Obama in die Weltpresse

Die Politikerin war von 1999 bis 2004 im Europaparlament, wurde 2005 in das dänische Folketing gewählt und nutzte eine Schwäche ihrer Sozialdemokraten, um zur Vorsitzenden gewählt zu werden. Damals galt sie als neue junge Hoffnung einer ergrauten Partei - und schaffte es tatsächlich, dieser Partei neue Stärke zu geben. Gut sechs Jahre später wurde Thorning-Schmidt Regierungschefin.

Ihre internationale Bekanntheit steigerte Thorning-Schmidt während der Trauerfeier für Nelson Mandela. Dort saß sie neben Barack Obama, flirtete mit dem Präsidenten und machte Selfies - alles beobachtet von den Kameras der Weltpresse. Eine Fotoserie erweckte den Eindruck, dass sie damit Michelle Obama verärgerte.

Zuletzt hatte Thorning-Schmidt mit schlechten Umfragewerten zu kämpfen, ihr Europawahlergebnis von 19 Prozent wurde als Erfolg gewertet. Schlagzeilen machte in Kopenhagen unterdessen die rechtspopulistische Volkspartei, die fast 27 Prozent holte. Die Dänen sind Thorning-Schmidt langsam leid. 40 Prozent glauben, dass die Sozialdemokraten nächstes Jahr besser abschneiden, sollte die Parteichefin nach Brüssel wechseln.

Teil eines Kompromisspakets

Bisher stehen Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso gleichermaßen für die EU. Durch das neue System der Spitzenkandidaten könnte es aber passieren, dass der neue Kommissionspräsident wichtiger wird, der Ratspräsident also an Bedeutung verliert. Die Regierungschefs wollen das verhindern und an der Doppelspitze festhalten. Die Dänin wäre geeignet, diese Konstellation aufrechtzuerhalten, weil sie viel lebendiger wirkt als Juncker. Der ist als ehemaliger Chef der Eurogruppe ein bekanntes, verbrauchtes Gesicht. Während das Parlament den grauhaarigen "Mr. Euro" befördert, würde sich der EU-Rat mit der eleganten "Gucci-Helle" schmücken, wie sie wegen ihrer Kleider manchmal genannt wird. Auch in anderer Hinsicht würde Thorning-Schmidt ein Gegengewicht zu Juncker bilden: Sie ist Sozialdemokratin und kommt aus einem Land, dass sich gegen den Euro entschieden hat.

Die Dänin streitet zwar öffentlich jede Ambition auf das hohe Amt ab, im Gespräch mit ihren EU-Kollegen scheint sie aber nicht so deutlich geworden zu sein. Die "Bild"-Zeitung meldet, die Personalie "zeichne sich ab". Das "Luxemburger Wort" berichtet, sie habe "gute Chancen" auf den Job und sei Teil eines Kompromisspakets. Dritter Teil des Pakets wäre der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski, der Außenbeauftragter werden würde. Damit wären sowohl die relativ neuen, osteuropäischen Mitglieder an der EU-Spitze vertreten wie auch die liberale Parteienfamilie.

Ein gewichtiges Problem gäbe es bei diesem Team aber: Die Briten würden Sturm laufen. Juncker, Thorning-Schmidt und Sikorski sind absolute Verfechter der tieferen europäischen Integration. Ein Rückbau der EU-Institutionen, wie ihn David Cameron fordert, ist mit ihnen nicht zu machen.

Quelle: ntv.de

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