Politik

ADAC kritisiert den Koalitionsvertrag "Die Maut für alle ist eine reale Gefahr"

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Kommt die Maut wirklich, müssen auch alle deutschen Autofahrer eine Vignette kaufen.

(Foto: imago stock&people)

Nun steht es im Koalitionsvertrag: Union und SPD wollen eine Ausländer-Maut für Pkw. ADAC- Sprecher Andreas Hölzel befürchtet aber, dass die künftige Regierung so eine Maut für alle durch die Hintertür vorbereitet. Dabei ist noch völlig unklar, ob überhaupt irgendeine Maut kommt. Auf Seite 40 des Koalitionsvertrags heißt es: "Die Ausgestaltung wird EU-rechtskonform erfolgen." Der Passus dient vor allem als Exit-Strategie. Erweist sich die Ausländer-Maut nach langer Prüfung als nicht vereinbar mit EU-Recht, wäre die Diskussion schlagartig beendet. Niemand wäre schuld am Scheitern des lästigen Vorhabens – nur das EU-Recht. Oder es kommt ganz anders und es wird richtig teuer für alle, wie Hölzel warnt.

n-tv.de: Der Koalitionsvertrag ist unterzeichnet. Wir wissen jetzt: Union und SPD wollen eine PKW-Maut nur für ausländische Pkw-Fahrer erheben. Geht das denn nun?

Andreas Hölzel: Nach unserer Auffassung beim ADAC wird das nicht funktionieren. Es ist einfach nach dem geltenden Recht der EU nicht machbar, ausschließlich ausländische Fahrzeuge zu belasten. Einen ähnlichen Versuch in Belgien hat die EU schon einmal abgeschmettert. Die Begründung dafür ist bis heute gültig: Ausländische Autofahrer dürfen nicht allein zur Kasse gebeten werden.

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Andreas Hölzel vom ADAC findet die Maut überflüssig. Schon jetzt nehme der Staat mehr von Autofahrern ein, als er für den Straßenbau ausgebe.

(Foto: ADAC)

Selbst Politiker wie Ralf Stegner von der SPD oder Julia Klöckner von der CDU zweifeln ja an der Umsetzbarkeit. Wird die Koalition trotzdem versuchen, die Maut durchzudrücken?

Das ist gut möglich. Am Ende heißt es dann vielleicht: Die EU erlaubt uns keine Maut nur für die Ausländer. Also kommen wir nicht daran vorbei, sie für alle einzuführen.

Eine umfassende Maut durch die Hintertür?

Ja, das ist unsere Befürchtung. Die Maut für alle ist eine reale Gefahr. Es könnte natürlich auch sein, dass sämtliche Pläne verworfen werden. Doch es könnte auch anders kommen und am Ende müssen alle draufzahlen. Die Autofahrer dürfen sich dann bei CSU-Chef Horst Seehofer bedanken. Er musste ja unbedingt mit Ach und Krach dieses Thema durchbringen und Wahlkampf auf Stammtisch-Niveau machen.

Lohnt sich der ganze Aufwand überhaupt?

Eine Maut nur für ausländische Autos lohnt sich ganz sicher nicht. Nur 6,7 Prozent der Pkw auf deutschen Autobahnen kommen nicht aus Deutschland. Es müssen also zunächst Vignetten an alle Autofahrer verteilt werden, auch an die deutschen. Von den drei Milliarden Euro Einnahmen müssen sie etwa 300 Millionen Euro an Erhebungs- und Verwaltungskosten abziehen. Wir vom ADAC meinen, dass von den ausländischen Autofahrern jährlich nur 262 Millionen Euro eingenommen werden. Der Staat muss also kräftig Geld zuschießen!

Warum müssen denn auch die deutschen Autofahrer unbedingt eine Vignette kaufen?

Damit alle eine Vignette vorzeigen können. Anders ist es nicht möglich. Die deutschen Autofahrer würden sich dann die Kosten über die Kfz-Steuer wieder hereinholen können. Aber auch das ist kompliziert, weil für Millionen Autos ja nur eine sehr geringe Steuer anfällt.  

Es gäbe ja noch die Möglichkeit, die Maut elektronisch zu erfassen. Die LKW haben ja auch kleine Kästchen an Bord, die die Position aufzeichnen. Wäre das auch für Autos denkbar?

Theoretisch ist vieles denkbar. Aber der technische Aufwand für eine elektronische Erfassung wäre enorm. Die Kosten für solch eine Erhebung wären noch höher als bei einer Vignette. Hinzu kommt, dass so eine massenhafte Aufzeichnung natürlich auch in Sachen Datenschutz sehr problematisch ist.

Brauchen wir die Maut nicht dringend, um kaputte Straßen zu flicken?

Wir glauben nein. Die Autofahrer zahlen jetzt schon 53 Milliarden Euro jedes Jahr über Steuern und sonstige Abgaben in die Staatskasse. Der Staat gibt aber nur 19 Milliarden für den Straßenbau aus. Übrigens hat sich das mit der LKW-Maut nicht geändert. Es ist richtig, dass die Einnahmen in den Straßenbau fließen. Dafür spart Finanzminister Schäuble an anderer Stelle Geld und dreht den Hahn zu – es fließt also am Ende nicht mehr Geld in die Straßen. Der ADAC ist für die LKW-Maut, aber sie sollte ohne Kürzungen ankommen.

Am Ende kann aber auch der ADAC nicht bestreiten: Eine Maut wäre fair, sollte sie nach der Kilometerzahl berechnet werden. Wenn also der Vielfahrer mehr zahlt als die Gelegenheitsfahrer.

Nein. Wer viel fährt, zahlt schon jetzt viel mehr übers Tanken. Der Weg über die Mineralölsteuer ist der bessere Weg. Denn die Steuer bestraft die Schlucker und schont diejenigen, die wenig Kraftstoff verbrauchen.

Mit Andreas Hölzel sprach Jens Twiehaus

Quelle: ntv.de

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