Politik

Ungebetene Gäste in Kirchheim Die NPD mag's gern romantisch

Am Wochenende im Visier der Thüringer Polizei: der "Romantische Fachwerkhof" in Kirchheim.

Am Wochenende im Visier der Thüringer Polizei: der "Romantische Fachwerkhof" in Kirchheim.

(Foto: picture alliance / ZB)

Lücken im Mietvertrag oder eine spontane Baustelle: Städte und Landkreise kommen auf die kuriosesten Ideen, wenn es darum geht, Parteitage der NPD zu verhindern. Für das thüringische Dorf Kirchheim kommt aber jede Hilfe zu spät.

Als der Papst wieder weg war, gab's richtig Ärger. Die Beamten des Bundeskriminalamts in Wiesbaden wussten im September 2011 angeblich nicht, worauf sie sich einließen. Vor Benedikts Besuch in Thüringen hatten sie eine Unterkunft gesucht. In einem Internet-Hotelportal stießen sie auf den Fachwerkhof in Kirchheim, knapp 20 Kilometer entfernt von Erfurt. Ausgerechnet hier übernachteten die Beamten: Ein Skandal, der später sogar Thema im Land- und im Bundestag wurde.

Romantischer Fachwerkhof, familiengeführt, denkmalgeschütztes Bauernhaus: So nett sich das Kurzprofil auf der Internetseite liest - das Hotel mit der anliegenden Erlebnisscheune ist eine bekannte Adresse, gilt es doch als einer der meistbesuchten Veranstaltungsorte von Neonazis in Thüringen. An diesem Wochenende will die NPD hier ihren Bundesparteitag abhalten und den Spitzenkandidaten für die Europawahl bestimmen. Mit der Ruhe dürfte es in dem 750-Seelen-Dorf dann erst einmal vorbei sein. Verhindern lässt sich das Treffen nicht. Weil sich die Partei erst so kurzfristig anmeldete und es sich um ein Privatgelände handelt, fehlt dem zuständigen Ilm-Kreis die Handhabe.

Stadt Saarbrücken widerrief Zusage

Wenn es darum ging, den unerwünschten Besuchern die Zuflucht zu verwehren, hatten andere Orte mehr Erfolg. Denn Kirchheim war nicht erste Wahl bei der NPD. Eigentlich wollten die Rechtsextremen den Parteitag in der Festhalle in Saarbrücken-Schafbrücke abhalten. Doch hier widerrief die Stadt kurzerhand ihre Zusage. Die Verantwortlichen nutzten eine Lücke im Mietvertrag. NPD-Bundesgeschäftsführer Peter Marx hatte lediglich eine Parteiveranstaltung des Kreisverbands Saarbrücken angemeldet, von einem Bundesparteitag war nicht explizit die Rede. Die Stadt fühlte sich "arglistig getäuscht" und kündigte den Vertrag für die Veranstaltung in der in ihrem Besitz befindlichen Immobilie.

Ausgerechnet vor dem Gelände, wo der NPD-Parteitag stattfinden sollte, riss der Landkreis Coburg im April 2013 die Straße auf.

Ausgerechnet vor dem Gelände, wo der NPD-Parteitag stattfinden sollte, riss der Landkreis Coburg im April 2013 die Straße auf.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nicht zum ersten Mal musste die NPD einen Parteitag verlegen. Der Landkreis Coburg zeigte sich im April 2013 besonders erfinderisch darin, den Parteitag der Rechten zu verhindern. Verbieten konnten die Behörden die Zusammenkunft unter dem Motto "Natürlich Deutsch" nicht, da sie in Lautterbach-Rottental auf einem Privatgelände stattfinden sollte. So entschied sich der Kreis in Oberfranken für einen anderen Weg.

Einige Tage vor dem geplanten Parteitag riss man die Zufahrtsstraße auf. Dies sei, wie der Landrat damals erklärte, ohnehin geplant gewesen. Das Veranstaltungs-Grundstück war nun noch nur zu Fuß erreichbar. Die NPD klagte über die "irrwitzige Behördenwillkür", aber das Verwaltungsgericht Bayreuth lehnte einen Antrag ab, die Bauarbeiten zu stoppen. Daraufhin blieb genau ein Tag bis zur Sicherheitsabnahme. Doch die Zufahrt zum Gelände war nicht mehr gegeben und die Aufbauarbeiten wurden dadurch erheblich erschwert. Die Partei entschied sich gegen eine Klage und sagte ihren Parteitag schließlich ab. Einige Wochen später wurde er in Weinheim nachgeholt.

"Die Nazis sind nicht willkommen"

Für Manöver wie in Coburg fehlt den Kirchheimern jedoch die Zeit. Die Anmeldung der NPD liege dem Landratsamt erst seit einigen Tagen vor, sagte Bürgermeister Hans-Jürgen Langer n-tv.de. "Die Nazis sind nicht willkommen, aber wir können nichts machen, weil es ein Privatgelände ist." In der Vergangenheit habe man schon mehrfach versucht, Veranstaltungen in dem Fachwerkhof zu unterbinden. Vergeblich. Die NPD sei eine zu Wahlen zugelassene Partei, sagt er, der den Freien Wählern angehört. "Ich hoffe, dass das Bundesverfassungsgericht sie bald verbietet. Dann hätten wir es hier künftig leichter."

Die NPD hat sich darauf eingestellt, dass sie in den Städten und Gemeinden nicht erwünscht ist. Um den Behörden nicht allzu viel Zeit für kreative Gedanken zu lassen, wird der Veranstaltungsort inzwischen meist erst kurz vor Beginn des Parteitags bekannt gegeben. So auch im Fall Saarbrücken. "Im Südwesten", hieß es aus Parteikreisen bis vor einigen Tagen. Daraus ist nichts geworden. In Kirchheim soll es nun klappen. Dass die Presse dabei ausdrücklich nicht erwünscht ist, hat noch einen anderen Grund - im Fachwerkhof mangelt es an Platz.

Bürgermeister Langer sieht daher zumindest die Chance, den Parteitag vorzeitig zu beenden. Die von der NPD gemietete Erlebnisscheune ist aus baurechtlichen Gründen maximal für 200 Menschen zugelassen. Sollte sich bei einer Kontrolle zeigen, dass sich zu viele Personen in dem Saal befinden, könnte das Ordnungsamt das Treffen auflösen.

Die Alternativen sind dürftig: Für eine spontane Baustelle ist es zu spät. Selbst der Papst kann den Kirchheimern jetzt wohl nicht mehr helfen.

Quelle: ntv.de

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