Schäfer-Gümbel zum Zustand der SPD "Die Situation ist nicht einfach"
15.11.2013, 18:42 Uhr
Fuhr beim Parteitag ein gutes Ergebnis ein: Thorsten Schäfer-Gümbel
(Foto: dpa)
Von allen Spitzen-Genossen bekam Thorsten Schäfer-Gümbel auf dem SPD-Parteitag in Leipzig das beste Wahlergebnis. Im Gespräch mit n-tv.de erklärt er die besondere Lage seiner Partei und warum seine Kollegen von der Basis so hart abgestraft wurden.
n-tv.de: Herr Schäfer-Gümbel, wo stehen Sie bei den Verhandlungen um eine Koalition in Hessen gerade?
Thorsten Schäfer-Gümbel: Wir haben am Montag noch eine Sondierungsrunde mit der Union und danach kommen wir zu einer Zwischenbewertung zusammen.
Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" hatte gemeldet, dass Sie die Gespräche mit den Grünen und der Linkspartei schon für gescheitert erklärt hätten.
Der Eindruck der FAZ, es sei etwas entschieden, war falsch.
Wie erklären Sie sich die Meldung?
Sie basiert wahrscheinlich auf einer Debatte, in der es um den Leitantrag auf diesem Bundesparteitag ging. Mehr gibt es dazu nicht sagen - nicht bevor die Beratungen am Montag in Wiesbaden beendet sind.
Ihr Bundesverband hat sich nun zur Linkspartei geöffnet. Wie bewerten Sie das?
Wir haben auch schon vor der Wahl gesagt: Es gibt keinen formalen Ausschluss der Linkspartei. Das Problem ist ihre Außen- und Sicherheitspolitik. Dass wir das jetzt noch einmal klar machen, ist klug. Denn damit ist die Mystifizierung der Linkspartei beendet. In Hessen haben wir unmittelbar nach der Landtagswahl 2009 erklärt: "Wir formulieren unsere Positionen aus uns selbst heraus." Das hat uns gut getan.
Wenn Sie in Hessen bleiben, wie aktiv werden Sie dann ihre Rolle im Bundesvorstand ausfüllen? Sie wurden vorhin zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.
Ich werde mich mit diesem Amt natürlich in die Bundespolitik einmischen. Ich bin nicht im Parteivorstand um Regionalinteressen zu vertreten, sondern habe dort eine Verantwortung für die Gesamtpartei.
Was wird Ihr Thema sein?
Das wird sich entwickeln.
Die Generalsekretärin Andrea Nahles und die anderen stellvertretenden Vorsitzenden wurden bei der Wahl abgestraft. Sie nicht. Warum?
Ein Teil davon ist sicher Anerkennung für das, was wir in den letzten fünf Jahren in Hessen geleistet haben. Sicherlich werden auch große Erwartungen in meine Arbeit gesetzt. Ich war ja in den vergangenen vier Jahren schon Mitglied des Parteivorstandes.
Warum diese schlechten Ergebnisse bei den anderen? Liegt das an der Niederlage bei der Bundestagswahl?
Die Situation ist nicht einfach. Da gilt es auch, einen gemäßigteren Ton zu treffen. Wir brauchen eine klare Analyse des Ergebnisses und gleichzeitig müssen wir uns auf die Koalitionsverhandlungen konzentrieren. Das ist keine einfache Aufgabe und ich fand, dass Sigmar Gabriel das gestern gut gelöst hat.
Die Partei tut so, als wäre das Wahlergebnis nun aufgearbeitet. Aber was ist jetzt wirklich die Ursache gewesen?
Sigmar Gabriel hat dazu gestern einen großen Aufschlag gemacht und Themen benannt, die wir bearbeiten müssen. Und das werden wir im Parteivorstand machen.
Inhaltlich will die SPD ihre Positionen nicht ändern. Wie wollen Sie wieder Mehrheiten bekommen? Braucht die SPD einen stärkeren Kanzlerkandidaten?
Die Themen der SPD, vor allem bei Gerechtigkeit und Arbeit, sind alle gesellschaftlich mehrheitsfähig. Es gibt keine Umfrage, die etwas anderes aussagen würde. Und trotzdem haben wir dafür keine Mehrheit erreicht. Das müssen wir selbstkritisch analysieren.
Hat der Kandidat Peer Steinbrück vielleicht tatsächlich nicht zum relativ linken Programm der SPD gepasst?
Das teile ich nicht. Man kann die Gründe für das Wahlergebnis weder auf Personen noch auf das Programm reduzieren. Klar ist, dass in der Kampagne nicht alles glatt gelaufen ist.
Die Partei war auf den Kandidaten nicht vorbereitet.
Vielleicht hat auch das Auswahlverfahren eine Rolle gespielt. Man muss sehen: Noch im November 2012 haben wir in den Umfragen Mehrheiten gehabt.
Wenn es nicht an den Themen lag, sondern eher an der Vermittlung dieser Themen: Ist dann Andrea Nahles zu Recht abgestraft worden? Sie hatte den Wahlkampf zu verantworten.
Nein, Sie sagen es. Andrea Nahles hätte für Ihre Arbeit ein besseres Wahlergebnis verdient.
Mit Thorsten Schäfer-Gümbel sprach Christoph Herwartz
Quelle: ntv.de