Politik

Birma: Erster Urnengang seit 20 Jahren "Die Wahl ist weder frei noch fair"

In Birma finden die ersten Wahlen seit zwei Jahrzehnten statt. Die Bedingungen, unter denen die Bevölkerung wählt, sind nach Worten des US-Präsidenten Obama jedoch alles andere als gerecht: Ein Viertel der Sitze in den Parlamenten gehören von vornherein der regierenden Militärjunta. Und die größte oppositionelle Partei? Die gibt es nicht mehr.

Birmanische Frauen stehen Schlange: Seit zwei Jahrzehnten dürfen sie zum ersten Mal wieder wählen.

Birmanische Frauen stehen Schlange: Seit zwei Jahrzehnten dürfen sie zum ersten Mal wieder wählen.

(Foto: dpa)

In der Militärdiktatur Birma wird erstmals seit 20 Jahren wieder gewählt. Mehr als 29 Millionen Wahlberechtigte sind in dem autoritär regierten südostasiatischen Land aufgerufen, in einem der rund 40.000 Wahllokale ihre Stimme abzugeben.

Die Junta richtet ein nationales Parlament und 14 Regionalparlamente ein und lässt das Volk über drei Viertel der Sitze abstimmen. Der Rest ist dem Militär vorbehalten. Einwohner in Rangun bezeichneten die Atmosphäre als ruhig. Die Polizei fuhr mit Mannschaftswagen vor wichtigen Gebäuden auf. Nach Informationen des Exil-Magazins "Irrawaddy" hat die Junta für die nächsten 90 Tage den Ausnahmezustand verhängt - damit werden etwaige Proteste gegen die Wahlen noch schwieriger als ohnehin in dem überwachten Polizeistaat.

Wahlbeobachter sind nicht zugelassen. Mehrere Botschafter lehnten die Einladung zu einer Tour ausgewählter Wahllokale ab. "Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass uns die Bedingungen, die die Behörden an die Tour geknüpft haben, nicht passen", sagte EU-Botschafter David Lipman in Rangun.

Oppositionsführerin ruft zum Boykott auf

Der Urnengang wird vom Ausland als "Farce" kritisiert, weil Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi nicht kandidieren darf. Sie hat diesmal zum Boykott aufgerufen; ihre Partei, die NLD, wurde im Frühjahr zwangsaufgelöst. Die Friedensnobelpreisträgerin lebt seit vielen Jahren unter Hausarrest. Sie ist das prominenteste Gesicht der rund 2200 politischen Gefangenen in Birma.

US-Präsident Barack Obama kritisiert die Wahl in Birma scharf. Vor Studenten in der westindischen Finanzmetropole Mumbai sagte er: "Den Menschen in Birma ist zu lange das Recht verwehrt worden, ihre eigene Zukunft zu bestimmen." Auf der Grundlage aller Berichte werde die Wahl "alles andere als frei und fair" ablaufen.

Ein Aktivist in Soldatenverkleidung mit dem Bild der unter Hausarrest gestellten Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi.

Ein Aktivist in Soldatenverkleidung mit dem Bild der unter Hausarrest gestellten Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi.

(Foto: REUTERS)

Auch US-Außenministerin Clinton fand harte Worte: Der Urnengang entblöße den Machtmissbrauch durch  die Militärjunta, sagte sie bei einem Besuch im australischen Melbourne. Die USA würden sich gemeinsam mit  Australien weiter für die Untersuchung von  Menschenrechtsverletzungen in Birma durch eine internationale  Kommission einsetzen.

Restriktionen erschweren Teilnahme

Die derzeitigen Wahlen sind erst die dritten Wahlen in dem Land überhaupt nach 1960 und 1990. Die Wahlkommission in Birma rechne mit mindestens 60 Prozent Wahlbeteiligung, sagte ein Mitarbeiter in Rangun. Bei den letzten, nie anerkannten Wahlen 1990 hatten sich 70 Prozent beteiligt. Damals gewann die Partei von Aung San Suu Kyi. 

Nur zwei regierungsnahe Parteien, die USDP und die NUP, konnten es sich leisten, in allen 1153 Wahlkreisen Kandidaten aufzustellen. Die Teilnahme anderer Vertreter wurde durch Restriktionen wie hohe Gebühren für Kandidaten erschwert. Das Internet funktionierte kaum. Es wurde vermutet, dass die Militärjunta bewusst für Störungen sorgte, um die Informationen zu kontrollieren. Stromausfälle sorgten zunächst für eine niedrige Wahlbeteiligung.

Auch nach der Wahl sollen die Sanktionen des Westens nicht ausgesetzt werden. Allerdings könnte sich die fast vollständige Isolation des Landes in Asien ein wenig lockern. China hatte zuletzt seine Investitionen in Rohstoffe in der ehemaligen britischen Kolonie Birma massiv aufgestockt. Die Hoffnungen sind aber nicht allzu groß. "Nach den Wahlen wird Birma dieselbe Militärdiktatur sein wie zuvor", sagte David Williams, Direktor des Zentrums für Verfassungsdemokratie an der Indiana University School of Law.

Quelle: ntv.de, fma/dpa/AFP/rts

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