
Kann Fragen nicht beantworten, die ihm gar nicht gestellt werden: Wirtschaftsminister Robert Habeck.
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Wochenlang sprechen FDP-Vertreter davon, dass die Partei noch mehr als 100 Fragen zum Heizungstausch habe. Das Gesetz ist deshalb noch nicht im Bundestag, doch genauso wenig liegt der Katalog dem Ministerium vor. Berichten zufolge sollte der dort auch gar nicht ankommen.
Erst auf Twitter, dann auch online in Medien: Wer wollte, konnte die 101 Fragen der FDP zum Heizungsgesetz am Mittwochnachmittag ganz einfach nachlesen. Sie waren nur nicht dort angekommen, wo sie eigentlich landen sollten - im Bundeswirtschaftsministerium. Dort ist der Katalog noch immer nicht eingegangen. "Nach jetzigem Stand liegen uns keine ans BMWK versandten Fragen vor", sagte eine Sprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Dabei sind die 101 Fragen der FDP derzeit Teil einer großen Belastungsprobe für die Ampel. Ganz grundlegend geht es um das Gebäudeenergiegesetz (GEG), also den Heizungstausch. Darauf hatten sich die Ampelparteien während ihres 30-stündigen Marathon-Koalitionsausschusses vor einigen Wochen geeinigt. Der Deal war folgender: Die FDP bekommt eine Lockerung des Klimaschutzgesetzes, die Grünen dafür den Heizungstausch, mit dem auch Emissionen reduziert werden sollen.
Jedoch ist das GEG innerhalb der FDP umstritten. Die Partei fordert eine komplette Überarbeitung der Pläne zum schrittweisen Heizungstausch. Deshalb hat sie am Dienstag verhindert, dass das Gesetz wie geplant in erster Lesung im Bundestag debattiert wird. Dabei war das eigentlich auch Teil der Einigung im Koalitionsausschuss. Das Gesetz sollte noch vor der Sommerpause am 7. Juli durch den Bundestag gehen. Denn die erste Lesung wäre der Auftakt für die Ausschussarbeit gewesen, die die Pläne in mehreren Punkten anpassen sollte. Daraus wird nun nichts und der Ampel-Streit geht weiter: Wirtschaftsminister Robert Habeck wirft der FDP Wortbruch vor, die SPD ist genervt und die Grünen sauer.
Das "Knallhart-Ultimatum"
Der Fragenkatalog und auch die Bedenken der FDP sind derweil unweigerlich mit FDP-Mann Frank Schäffler verknüpft. Beim Parteitag stimmten die Delegierten für seinen Dringlichkeitsantrag, dass die Freien Demokraten den Ampel-Gesetzesentwurf überarbeiten sollten. Einen Namen hatte sich Schäffler schon während der Eurokrise gemacht. Damals forderte er von seiner Partei, im Bundestag den Euro-Rettungsschirm ESM zu verhindern. Nun rebelliert er also gegen den Heizungstausch.
Zum allerersten Mal tauchte der Fragebogen in einem Bericht der "Bild"-Zeitung auf. Damals hieß es, die FDP drohe mit einem "Total-Boykott des Heiz-Hammers", das war am 12. Mai. Das Blatt habe erfahren, die Freien Demokraten stimmten den Beratungen über das Gesetz nur dann zu, "wenn Habeck zuvor einen Katalog mit insgesamt 101 Fragen beantwortet". Die Rede ist von einem "Knallhart-Ultimatum". Laut dem Bericht soll sich Schäffler die Fragen nicht allein überlegt haben, auch Parteivize Wolfgang Kubicki und Wirtschaftsexperte Torsten Herbst seien involviert gewesen. Die FDP-Fraktion habe den Katalog abgesegnet und er solle "in Kürze offiziell bei Habeck eingereicht werden".
Doch offenkundig ist das bis heute nicht passiert. Erst in der vergangenen Woche hatte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, wieder in der "Bild"-Zeitung, den Fragenkatalog erneut angekündigt. "Die FDP-Fraktion hat noch rund 100 Fragen an Robert Habeck. Solange die nicht beantwortet sind, können die Beratungen über das Gesetz gar nicht beginnen", sagte der FDP-Generalsekretär.
Ein zweiter Fragebogen
Ähnlich klang das dann auch bei Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Am Dienstagabend sagte sie in den "Tagesthemen", dass das Gesetz vor der Sommerpause aus ihrer Sicht nicht verabschiedet werden könne. "Denn es gibt über 100 Fragen, die wir gestellt haben, wir brauchen Antworten, um das zu begleiten." Es sei nichts Ungewöhnliches, dass ein Gesetz im Kabinett diskutiert werde, bevor es den Parlamentariern vorgelegt wird. Und diese Fragen "müssen beantwortet werden". Ohnehin: Es sei nicht gut, "ein Gesetz auf Teufel komm raus auf den Weg zu bringen und an einem Datum festzumachen", sagte die FDP-Politikerin.
Also gleich mehrfach knüpfen hochrangige FDP-Vertreter öffentlich ihre Mitarbeit am GEG an diesen rätselhaften Fragebogen, der noch immer nicht im Ministerium angekommen ist. Und den Habeck und seine Experten damit auch gar nicht beantworten konnten. Hinzu kommt ein weiteres Problem, das die Sache nicht vereinfacht: Wie der "Stern" und auch andere Medien berichten, hat die FDP nie vorgehabt, die 101 Fragen wirklich an das Wirtschaftsministerium zu schicken.
Im "Spiegel" heißt es dazu, dass man in der FDP-Fraktionssitzung mit dem Katalog nicht glücklich gewesen sei: zum einen wegen des "Ruchs von Taktiererei", zum anderen, weil die Fragen "von unterschiedlicher Qualität" seien. Denn darin wird etwa von den Experten des Wirtschaftsministeriums gefordert, dass sie die CO2-Mengen berechnen sollen, die durch das Gesetz bis 2045 eingespart werden - aufgeschlüsselt nach "Jahresscheiben". Praktisch sei das nicht umsetzbar. Auch auf Anfrage eines "Zeit"-Journalisten ist nicht mehr die Rede von einem Katalog - sondern von "einigen Fragen".
Denn die wurden tatsächlich gestellt. "Unsere Berichterstatter haben bereits zahlreiche Fragen zum Heizungsgesetz ans zuständige Ministerium gestellt und werden zeitnah auch weitere fachlichen Fragen stellen", sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler nun. "Zudem sind wir in der Koalition im Gespräch zum Thema und werden das Heizungsgesetz als Parlament in sorgfältiger Sacharbeit zu einem guten Gesetz weiterentwickeln." Dieser zweite Katalog, den die Experten aller drei Fraktionen entworfen haben, der wurde schon beantwortet, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium. Und: Er umfasste 102 Fragen.
Quelle: ntv.de, mit dpa