Asmussen: Griechenland-Debatte kommt zu früh "Diskussion lenkt von Reformen ab"
25.08.2013, 10:40 Uhr
Jörg Asmussen will die Daten für das laufende Haushaltsjahr abwarten. Sie werden allerdings erst im Frühjahr 2014 vorliegen.
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Kurz vor der Bundestagswahl kocht die Diskussion über weitere Hilfen für Griechenland hoch. Während die einen zu Ehrlichkeit aufrufen und sagen, es gehe nicht ohne, warnen die anderen, zu diesem Zeitpunkt mit Geld zu winken. Auch der deutsche EZB-Mann Asmussen meldet sich zu Wort. Er erinnert an den verabredeten Zeitplan.
Das Thema mehr Geld oder gar Schuldenschnitt für Athen polarisiert Politiker und Ökonomen: Auch das deutsche Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank, Jörg Asmussen, meldet sich jetzt in der Debatte zu Wort. In einem Interview mit der "Welt am Sonntag" kritisierte er die wiederholten Diskussionen über einen Schuldenschnitt und bezeichnete sie als "nicht hilfreich". Sie lenke davon ab, "was jetzt unter dem laufenden Programm für Haushaltskonsolidierung und mehr Wachstum getan werden muss".
Asmussen erinnerte dabei an einen Beschluss der Eurogruppe vom vergangenen November: "Wenn das Land auf einer Jahresbasis einen Primärüberschuss erzielt, das Programm weiter vollständig umsetzt und dann der Schuldenstand immer noch zu hoch ist, dann wird die Eurogruppe neue Hilfsmaßnahmen beraten", sagte er. Nach seiner Einschätzung des EZB-Direktors kann Athen das Ziel eines primären Haushaltsüberschussen dieses Jahr erreichen. Die Daten für das laufende Haushaltsjahr liegen allerdings erst im Frühjahr 2014 vor.
Asmussen: Lage in Athen "ermutigend"
Asmussen hatte in dieser Woche in Athen hochrangige Regierungsvertreter getroffen. Dabei wurde nach seinen Angaben nicht über weitere Hilfen für das Land gesprochen. Nach einem einstündigen Gespräch mit Finanzminister Yannis Stournaras bezeichnete Asmussen die Reformanstrengungen Griechenlands als "ermutigend".
Griechenland steckt seit einigen Jahren in der Rezession. Seit 2010 ist das Land über zwei Rettungspakete von Europäischer Zentralbank, EU und Internationalem Währungsfonds mit 240 Milliarden Euro Krediten gestützt worden.
In vielen Geberländern ist die Abneigung gegen weitere Kredite für Griechenland hoch. In Deutschland ist dieses Thema inzwischen in die heiße Phase des Wahlkampfes geraten. Angestoßen hatte die Diskussion Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, als er auf einer Wahlkampfveranstaltung in Norddeutschland ein drittes Hilfspaket in Aussicht stellte. Einen Schuldenschnitt schloss der CDU-Politiker aber ebenso wie der Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, nachdrücklich aus.
Merkel warnt vor Domino-Effekt
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel wies Forderungen nach einem weiteren Milliarden-Schuldenerlass für Griechenland erneut zurück. "Ich warne ausdrücklich vor einem Schuldenschnitt", sagte sie dem Magazin "Focus". "Er könnte einen Domino-Effekt der Verunsicherung auslösen, an dessen Ende die Investitionsbereitschaft privater Anleger in der Eurozone wieder gen null geht", sagte Merkel.
Zu einem möglichen weiteren Hilfsprogramm für Griechenland sagte Merkel: "Wir werden uns 2014, wie es festgelegt ist, erneut mit der Frage befassen, wie die Entwicklung des Schuldenstandes und der Strukturreformen in Griechenland ist." Bis dahin habe das Land noch viel zu tun und müsse weiter konsequent seine Reformen umsetzen.
Oettinger schließt Schuldenschnitt nicht aus
Während die Bundesregierung den zweiten Schuldenschnitt für Griechenland ausschließt, ist dies für EU-Kommissar Günther Oettinger durchaus vorstellbar. Ein Schuldenschnitt sei auf absehbare Zeiten kein Thema, "man kann ihn aber nicht für alle Zeiten ausschließen", sagte der EU-Energiekommissar und frühere baden-württembergische Ministerpräsident der "Welt am Sonntag" (WamS).
Der CDU-Politiker nannte erstmals in der Diskussion eine Summe, was eine Rettung Griechenlands kosten könnte. Er rechnet "mit einem kleinen zweistelligen Milliardenbetrag", wie er der "WamS" sagte. Das Paket solle "die Jahre 2014 bis 2016 umfassen". Es sei "nicht zwangsläufig" gewesen, das Thema vier Wochen vor der Bundestagswahl zu erörtern, sagte der CDU-Politiker mit Blick auf Äußerungen von Schäuble.
"Man hätte auch den nächsten Bericht der Troika aus EU, IWF und EZB abwarten können, der im Oktober vorliegen wird", kritisierte er. Gleichzeitig nannte er die Aussagen Schäubles "sehr realitätsnah".
Quelle: ntv.de, ddi/AFP/dpa/rts