Vor Köhler-Besuch in China Dissidenten-Frauen fordern Druck
16.05.2010, 12:07 Uhr
Eröffnung der Frankfurter Buchmesse am 13. Oktober 2009. Während der Rede des chinesischen Vizepräsidenten Xi Jinping hält ein Besucher einen Zettel hoch. Liu Xiaobo war im Dezember 2008 verhaftet worden.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
"Wenn es keinen Druck gibt, wird unsere Situation nur noch schwieriger", sagt die Frau des chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo. Sie und die Frau von Hu Jia fordern Bundespräsident Köhler auf, sich bei seinen Gesprächen in China für ihre Ehemänner einzusetzen. Ihr Urteil über das chinesische Regime ist ernüchternd: "Die Verfolgung derer, die Menschenrechte verteidigen, lässt niemals nach."
Die Ehefrauen der beiden bekanntesten chinesischen Bürgerrechtler Liu Xiaobo und Hu Jia haben Bundespräsident Horst Köhler aufgefordert, sich bei seinem China-Besuch diese Woche für die Freilassung ihrer Männer einzusetzen. Vor Beginn seiner fünftägigen Visite betonten Liu Xia und Zeng Jinyan im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa, wie wichtig internationaler Druck auf Chinas Führung für die Menschenrechte sei.
Köhler trifft am Montag in Peking mit Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao zusammen. Am Mittwoch nimmt Köhler in Shanghai am Deutschland-Tag der Weltausstellung teil. In seinen politischen Gesprächen wird eine engere weltweite Kooperation bei der Lösung der aktuellen Herausforderungen - vom Klimaschutz bis zur Finanzmarktkrise - eine wichtige Rolle spielen. Der Bundespräsident, der von einer großen Wirtschaftsdelegation begleitet wird, trifft am Dienstag auch Regierungschef Wen Jiabao. Das heikle Thema der Menschenrechte hatte Köhler bei früheren Besuchen in Peking bislang nicht in den Mittelpunkt gestellt.
"Ohne Druck wird es nur noch schwieriger"

Abgeordnete des Europäischen Parlaments zeigen bei der Verleihung des Sacharow-Preises an Hu Jia Plakate mit dem Wort "Freiheit". Hu konnte zur Verleihung im Dezember 2008 nicht nach Straßburg kommen - er saß in Haft.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
"Wenn es keinen Druck gibt, wird unsere Situation nur noch schwieriger", sagte Liu Xia. Ihr Mann, der 53- jährige Ehrenvorsitzende des chinesischen Pen-Clubs unabhängiger Schriftsteller, war im Dezember wegen "Anstiftung zum Umsturz der Staatsgewalt" zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Ihm war vorgeworfen worden, die "Charta 08" mit verfasst zu haben, einen Appell für Demokratie und Menschenrechte in China. Das ungewöhnlich harsche Urteil hatte weltweit Empörung ausgelöst. Auch die Bundesregierung hatte scharfe Kritik geübt.
"Menschenrechte müssen immer respektiert und als die wichtigste Sache weltweit betrachtet werden", sagte auch die Frau von Hu Jia. Der Träger des Sacharow-Menschenrechtspreises des Europäischen Parlaments war 2008 auch unter dem Vorwurf der Agitation zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. "China ist heute viel offener als früher. Wir machen Fortschritte in verschiedenen Bereichen. Aber die Verfolgung derer, die Menschenrechte verteidigen, lässt niemals nach", stellte Zeng Jinyan fest.
Hu Jia leidet unter chronischer Hepatitis
"Ohne internationale Unterstützung, wäre unser Einsatz für Menschen- und Bürgerrechte noch schwieriger", sagte Zeng Jinyan. "Es wäre hilfreich, wenn Köhler den Fall von Hu Jia ansprechen würde." Der Gesundheitszustand des 36-jährigen Bürgerrechtlers sei schlecht. Er leide unter chronischer Hepatitis und möglicherweise auch unter Leberkrebs. Seine Frau zeigte sich nicht optimistisch, dass Hu Jia zur medizinischen Behandlung freikommen könnte, nachdem die Behörden ihre Anträge abgelehnt hatten. "Die Aussichten sind schlecht."
Auch Menschenrechtsgruppen forderten den Bundespräsidenten auf, sich für die Menschenrechte einzusetzen. Vertreter von Amnesty International und Reporter ohne Grenzen beklagten, dass es in China nach wie vor kaum Fortschritte bei den Menschenrechten gebe. Bemängelt wurde die hohe Zahl der Hinrichtungen, Folter in Haft, die Unterdrückung von Minderheiten und mangelnde Meinungsfreiheit. Reporter ohne Grenzen kritisierte die strenge Zensur der Berichterstattung chinesischer Medien von der Weltausstellung.
Die Organisation, die sich weltweit für Pressefreiheit einsetzt, hat zur Expo einen "Garten der Freiheit" genannten Online-Pavillon eröffnet. Deutschland lässt sich seinen bisher größten Expo-Auftritt rund 50 Millionen Euro kosten. Der deutsche Pavillon steht unter dem Motto "Balancity - Die Stadt im Gleichgewicht" und ist eine der Hauptattraktionen der Welt-Schau.
Quelle: ntv.de, dpa