Politik

Ukrainische "Volksrepubliken" Donetsk und Lugansk sehen sich gefestigt

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Bei der selbstorganisierten Wahl in Lugansk und Slawjansk standen Milizionäre anstelle staatlicher Sicherheitskräfte Wache vor den Wahllokalen.

(Foto: AP)

Was die Regierung in Kiew und die meisten ausländischen Beobachter als Farce bezeichnen, werten die Separatisten in der Ostukraine als Bestätigung. Die Region wird trotzdem wieder von Gewalt erschüttert, ein kremlkritischer Journalist wird verschleppt.

Ein einflussreicher russischer Parlamentsabgeordneter hat das umstrittene Referendum in der Ostukraine verteidigt. "Die Einwohner der Gebiete Donezk und Lugansk haben den Wunsch unterstützt, unabhängig von der Kiewer Junta in einer freien und friedlichen Republik zu leben", sagte der Vizepräsident der Staatsduma, Sergej Newerow, der Agentur Interfax.

Das Mitglied der Kremlpartei Geeintes Russland warf der prowestlichen Führung in Kiew vor, einen "Massenmord" an friedlichen Bürgern zu verüben. Die ukrainische Staatsmacht hat nach eigenen Angaben die Kontrolle über die Region verloren. Mit einem "Anti-Terror-Einsatz" versucht das Militär die Macht in der Region zurückgewinnen.

Wahlleiter melden Zustimmung um die 90 Prozent

Die abtrünnigen ostukrainischen Gebiete Donezk und Lugansk sehen indes ihren Status als "Volksrepubliken" gefestigt. In Lugansk hätten sich knapp 96 Prozent für eine Unabhängigkeit von der Zentralmacht in Kiew ausgesprochen, teilte der Vizechef der selbsternannten Wahlkommission der Agentur Interfax zufolge mit. Die Beteiligung bei der Abstimmung am Sonntag habe im Gebiet Lugansk bei 81 Prozent gelegen.

In Donezk gab der dortige Wahlleiter die Zustimmung für eine Selbstständigkeit des Gebiets mit 89 Prozent an. Knapp 75 Prozent der Abstimmungsberechtigten hätten sich beteiligt. Die Lage in der Region Donbass sei weiter extrem gespannt. Wegen blutiger Kämpfe zwischen prorussischen Kräften und ukrainischen Regierungstruppen könnten Mitarbeiter die Stimmzettel nur unter Lebensgefahr einsammeln.

Die prowestliche Regierung in Kiew erkennt die Ergebnisse nicht an. "Diese Propaganda-Farce hat keine juristischen Folgen - außer Strafverfahren gegen die Organisatoren", sagte Interimspräsident Alexander Turtschinow. Ziel der Initiatoren der illegalen Referenden sei es, die Situation maximal zu destabilisieren, um die ukrainische Präsidentenwahl am 25. Mai zu verhindern. Turtschinow kündigte eine Fortsetzung der "Anti-Terror-Operation" gegen bewaffnete Separatisten und "Banditen" an, die im Auftrag Russlands die Bevölkerung tyrannisieren würden.

Russlandkritischer Journalist verschleppt

Bürger in der Großstadt Lugansk beklagen ein Chaos mit schwer bewaffneten Uniformierten und Marodeuren auf den Straßen. In der vom Militär umstellten 125.000-Einwohner-Stadt Slawjansk liefern sich Regierungstruppen offenbar erneut Gefechte mit prorussischen Kräften. Die Separatisten hätten den Fernsehturm sowie Soldaten mit Granatwerfern beschossen, teilte Innenminister Arsen Awakow mit. Es gebe keine Verletzten. Awakow warf den Kämpfern vor, sich in Wohnungen von Zivilisten zu verschanzen. Die russische Staatsagentur Ria Nowosti meldete, die Regierungseinheiten hätten Kontrollpunkte der Separatisten am Stadteingang angegriffen. Das Mobilfunknetz sei gestört.

Im Gebiet um Donezk ist nach einem Radiobericht ein Journalist der kremlkritischen Zeitung "Nowaja Gaseta" verschleppt worden. Pawel Kanygin habe in der Nacht noch eine SMS mit einer Bitte um Hilfe an mehrere Kollegen abschicken können, berichtete der Sender Echo Moskwy. Nun sei Kanygins Telefon nicht mehr erreichbar. Für die vom Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow mitgegründete "Nowaja Gaseta" hatte auch die 2006 ermordete Kremlkritikerin Anna Politkowskaja gearbeitet.

Quelle: ntv.de, nsc/dpa

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