Déjà-vu in der Ukraine Donezk ist nicht der neue Maidan
08.04.2014, 15:26 Uhr
In den ostukrainischen Städten wie Donezk und Charkow kommt es seit Tagen zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen prorussischen Demonstranten und der Polizei.
(Foto: REUTERS)
In der Ostukraine demonstrieren Tausende gegen die Regierung in Kiew. Das ist erst einmal nicht verboten. Mit den Ereignissen auf dem Maidan ist der Protest jedoch nicht vergleichbar. Das liegt vor allem an Russland.
Kiew spricht von einem Anti-Terror-Einsatz, Protestler besetzen Regierungsgebäude, Spezialeinheiten räumen sie wieder - kommt Ihnen bekannt vor, oder? In Donezk gibt es zwar noch keinen Unabhängigkeitsplatz. Dennoch scheint es, als liege dort ein bisschen Maidan in der Luft. Offenbar zelebriert nun auch die Ostukraine ihre Rebellion. Völlig legitim, möchte man erst einmal erwidern. Aber das täuscht. Denn es gibt es gravierende Unterschiede.
Ein Rückblick: Im November 2013 begannen in Kiew die Proteste gegen den damaligen Präsidenten Wiktor Janukowitsch. Tausende gingen auf die Straße und äußerten ihren Unmut, so wie in diesen Tagen in der Ostukraine. Die Ursache war in beiden Fällen Unzufriedenheit mit der politischen Führung. Dagegen ist nichts einzuwenden. Was die Menschen in Kiew dürfen, ist schließlich auch dort erlaubt.
Den entscheidenden Unterschied machen jedoch die Verbündeten der Konfliktparteien. Zugegeben: Die EU ist in der Ukraine-Krise parteiisch. Das ist nicht immer ganz unproblematisch. So unterstützt Europa die neue Regierung in Kiew, obwohl diese rechtsradikale Politiker in ihren Reihen hat. Aber so deutlich sich Länder wie Deutschland und Frankreich auch positionieren: Man beschränkt sich stets vor allem auf moralische und emotionale Unterstützung. Der damalige Bundesaußenminister Guido Westerwelle zeigte sich einmal auf dem Maidan. Dass die Kanzlerin einen Bus mit Söldnern schickt, war und ist ausgeschlossen.
Was kommt als Nächstes?
Russland dagegen unterstützt die Protestler in der Ostukraine tatkräftig. Augenzeugen sprechen von LKWs ohne Kennzeichen, die Stacheldraht zum belagerten Amtssitz des Gouverneurs bringen. Die ukrainische Internetzeitung "Nowosti Donbass" berichtet, viele der Aufständischen sprächen ein anderes Russisch, als es in der Region üblich sei. In Donezk riefen Besatzer bereits eine "Unabhängige Volksrepublik" aus und skandierten "Putin hilf". Sie fordern ein Referendum für den 11. Mai. Auch das kommt einem irgendwie bekannt vor - von der Krim, aber nicht vom Maidan.
So viel ist sicher: Freie Meinungsäußerung ist ein demokratisches Grundrecht. Das gilt in der ganzen Ukraine. Aber was in Donezk passiert, ist mehr als das. Schon auf der Krim griff Russland in die Souveränität des Nachbarlandes ein und unterstützte ein illegales Referendum. Schickt Putin nun erneut Truppen zum Schutz der russischen Bevölkerung? Möglich wäre es. Viel entgegenzusetzen hätte Kiew militärisch nicht. Sechs Wochen nach dem Sturz Janukowitschs zeichnet sich also ab, was viele befürchtet haben: ein Zerfall des Landes. Erst die Krim, dann die Ostukraine - was kommt als Nächstes? Es wäre nicht das erste Déjà-vu, aber sicherlich das bisher unangenehmste.
Quelle: ntv.de