Heftige Gefechte, Soldaten desertieren Druck im syrischen Kessel steigt
12.01.2012, 19:49 UhrSyrien gleitet immer stärker in einen Bürgerkrieg ab. Soldaten desertieren, während Präsident Assad hartnäckig an der Macht festhält. Sogar ein Brigadegeneral wechselt die Seiten. Die Gefechte werden heftiger. Russland wirft der Nato vor, eine militärische Lösung vorzubereiten. In Berlin werden die Linken wegen angeblicher Unterstützung für Assad kritisiert.
Nach einem öffentlichen Auftritt des droht das Land in Chaos und Gewalt zu versinken. Die Konfrontation zwischen Sicherheitskräften und Regimegegnern nimmt weiter zu. Die sogenannten Revolutionskomitees meldeten heftige Gefechte zwischen regulären Truppen und der "Freien Syrischen Armee" in der Stadt Deir as-Saur.
Über der Provinz Homs seien Aufklärungsflugzeuge der Luftwaffe gesichtet worden, hieß es. In der Provinz Daraa hätten etwa 20 Soldaten, die an einer Straßensperre postiert gewesen seien, gemeinsam Fahnenflucht begangen. In Hama soll ein Soldat zu Tode gefoltert worden sein, weil er sich geweigert hatte, auf Regimegegner zu schießen.
Der russische Sicherheitsratschef Nikolai Patruschew warf der Nato und einigen arabischen Staaten vor, eine militärische Lösung des Syrien-Konflikts vorzubereiten. Die USA und die Türkei hätten bereits verschiedene Varianten geprüft, um nach libyschem Vorbild eine Flugverbotszone in Syrien einzurichten, behauptete Patruschew in der Moskauer Tageszeitung "Kommersant".
Moskau hatte zuletzt zwar ebenfalls die Gewalt in Syrien angeprangert, dabei aber auch die Opposition in die Pflicht genommen. Russland sieht Syrien als engen Partner und unterhält im syrischen Hafen Tartus eine Militärbasis. Nach Angaben türkischer Medien nahm ein Frachtschiff mit russischem Militärmaterial inzwischen Kurs auf Tartus.
Die unter der Flagge des Karibikstaates St. Vincent und der Grenadinen fahrende "Chariot" war von zyprischen Behörden gestoppt worden, weil sie 60 Tonnen Munition aus Russland an Bord hatte, die für Syrien bestimmt waren. Der Kapitän hatte vor der Weiterfahrt versichern müssen, Syrien nicht anzulaufen. Russland ignoriert ein von der EU, den USA und der Türkei verhängtes Waffenembargo gegen das Assad-Regime.
General stellt sich gegen Assad
Unterdessen kehren immer mehr Militärs Assad den Rücken. So hatte sich erstmals ein Brigadegeneral auf die Seite der Protestbewegung gestellt. General Mustafa Ahmed al-Scheich aus der Protesthochburg Idlib rief alle Soldaten auf, seinem Beispiel zu folgen. Die internationale Staatengemeinschaft habe eine moralische Verpflichtung, die Zivilisten in Syrien zu schützen, sagte er.
Die Protestbewegung in Syrien beharrt darauf, dass der in Homs getötete französische Journalist Gilles Jaquier nicht bei einem Angriff von Deserteuren ums Leben gekommen ist. Jaquier war bei einem Mörserangriff getötet worden, als er in Begleitung staatlicher Aufpasser ein Viertel von Assad-Anhängern in Homs besucht hatte. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana sprach von einer Attacke "bewaffneter Terroristen", bei der auch acht Syrer getötet worden seien.
Scharfe Kritik an Abgeordnete der Linken
In Berlin warfen Politiker von Union und FDP Abgeordneten der Linken vor, Assad Rückendeckung für sein gewaltsames Vorgehen gegen die Bevölkerung zu geben. Sechs Mitglieder der Linksfraktion im Bundestag hatten einen Online-Aufruf unterzeichnet, in dem die Aufhebung der Sanktionen gegen Syrien und den Iran gefordert und den USA vorgeworfen wird, Kriege gegen beide Länder vorzubereiten.
Die Unterzeichner stellten in einem Brief an die Partei- und Fraktionsvorsitzenden klar: "Wir weisen aufs Schärfste die Unterstellung zurück, dass die Ablehnung von Kriegsvorbereitungen eine Parteinahme für die Regime in Syrien und Iran darstellen."
Quelle: ntv.de, wne/dpa