Russische Ikone stellt Antrag Duma macht Weg für ewigen Putin frei
10.03.2020, 16:07 Uhr
Putin steuert auf zwei weitere Amtszeiten zu.
(Foto: AP)
Russland steht vor der größten Verfassungsänderung seit mehr als einem Vierteljahrhundert. Auf den letzten Metern der Debatte lässt die erste Frau im All die Katze aus dem Sack: Angesichts der Wucht der Veränderungen werden Putins bisherige Amtszeiten gestrichen - er könnte damit erneut antreten.
Russlands Präsident Wladimir Putin steuert überraschend auf weitere Amtszeiten zu. Im Zuge der Parlamentsdebatte hatte die erste Frau im All, Walentina Tereschkowa, zuvor den Vorschlag gemacht, die bislang in der Verfassung verankerte Begrenzung von zwei Amtszeiten für den Präsidenten aufzuheben. Anschließend bekundete Putin erstmals indirekt seine Bereitschaft, 2024 erneut zu kandidieren. Er sei für die Annullierung seiner bisherigen Amtszeiten, wenn das Verfassungsgericht dem zustimme. Nach der Rede des 67-Jährigen stimmte die Staatsduma dafür. Damit sind seine bisherigen Amtszeiten - einschließlich der laufenden vier - auf Null gesetzt. Eigentlich darf nach der bisherigen Regelung ein Staatsoberhaupt nur zwei Amtszeiten in Folge amtieren.
Zugleich verabschiedete das Parlament in zweiter Lesung die von Putin angestrebte Reform der Verfassung. 382 Abgeordnete stimmten mit Ja, 44 enthielten sich. Gegenstimmen gab es nicht. Am morgigen Mittwoch steht die Verfassungsreform beim Föderationsrat - dem russischen Oberhaus - auf der Agenda.
Putins aktuelle - vierte - Amtszeit als Präsident endet 2024. Sollte es nicht zu vorgezogenen Neuwahlen kommen, was angesichts der umfassenden Reform nicht ausgeschlossen ist, wäre Putin 2038 - am Ende der nun zulässigen Amtsdauer - 85 Jahre alt. In der Debatte sprach er sich derweil dagegen aus, die Begrenzung auf zwei Amtszeiten generell aufzuheben. In der russischen Regierungspartei Geeintes Russland mehrten sich zuletzt Stimmen für ein dauerhaftes Regieren Putins.
Putin machte in seiner Rede weiter deutlich, dass die Bevölkerung seinen Verbleib an der Macht wolle. Er sagte auch, dass die Menschen in Russland bei einem Referendum am 22. April über die Verfassungsänderung entscheiden würden. Die Vollmachten des Präsidenten werden mit dem neuen Grundgesetz noch weiter ausgebaut. In der russischen Hauptstadt ist deshalb die Meinung verbreitet, dass Putin das Recht habe, sich auf diesen neuen Posten des "Superpräsidenten" zu bewerben. Der Kremlchef hatte in der vergangenen Woche gesagt, dass das Präsidentenamt sein Schicksal sei.
Der Kremlchef hatte Mitte Januar überraschend eine Reihe von Änderungen am politischen System Russlands angekündigt. Vorgesehen ist unter anderem die Stärkung des Parlaments und des Staatsrates, der bislang eine rein beratende Funktion hat. Viele Änderungen wie etwa zur künftigen Machtverteilung sind allerdings vage formuliert. Auch die meisten Russen verstehen sie einer Umfrage zufolge nicht. Die von Putin geplante Reform zieht die ersten grundlegenden Änderungen an der russischen Verfassung seit 1993 nach sich.
Oppositionelle sowie unabhängige Politologen in Moskau hatten von Anfang an gesagt, dass die Verfassungsänderung allein dem Machterhalt Putins diene. Demnach herrschte zuletzt die Auffassung vor, dass die Änderungen so einschneidend sind, dass die bisherigen Amtszeiten Putins nicht zählten.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/rts