Politik

Merkels einsamer Kampf in Brüssel EU-Gipfel wird zur Nagelprobe

Viele Kritiker meinen, Merkel habe sich ohne Not ins Abseits manöviert und nicht das Gespräch mit der EU gesucht.

Viele Kritiker meinen, Merkel habe sich ohne Not ins Abseits manöviert und nicht das Gespräch mit der EU gesucht.

(Foto: dpa)

Isoliert: Mit ihren Forderungen hat Merkel bislang fast nur den Franzosen Sarkozy an ihrer Seite.

Isoliert: Mit ihren Forderungen hat Merkel bislang fast nur den Franzosen Sarkozy an ihrer Seite.

(Foto: dapd)

Der Fast-Bankrott Griechenlands hat schwer am Image der Eurozone gekratzt. Alle sind sich einig, dass wirkungsvolle Regeln und Strafen hermüssen, um die Stabilität des Euro zu sichern. Die Ideen von Bundeskanzlerin Merkel gehen weit und sind sehr umstritten. Ihr droht die politische Isolation in der EU.

Der EU-Gipfel will einen verschärften Euro-Stabilitätspakt auf den Weg bringen. Am Nachmittag kommen die Staats- und Regierungschefs in Brüssel zusammen. Streit ist programmiert. Nach der Fast-Pleite Griechenlands wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy im EU-Vertrag harte Strafen festschreiben. Notorischen Schuldenmachern soll nach dem Willen Merkels und Sarkozys zeitweise das Stimmrecht entzogen werden. Dieser Vorschlag stößt joch auf großen Widerstand.

Merkel und Sarkozy pochen darauf, von 2013 an ein dauerhaftes Rettungssystem für klamme Eurostaaten zu installieren. Dabei sollen auch private Gläubiger wie Banken zur Sanierung eines Staates ihren Beitrag leisten. Sollte der Vorstoß von Merkel und Sarkozy Zustimmung finden, müsste Änderungen des EU-Vertrags von allen Mitgliedstaaten gebilligt werden. Ein riskantes und langwieriges Verfahren. Der im Fall Griechenland beschlossene Rettungsschirm läuft 2013 aus. Die Zeit drängt also.

"Zwei verschiedene Paar Schuhe"

Vor dem Hauptquartier der EU-Kommission in Brüssel.

Vor dem Hauptquartier der EU-Kommission in Brüssel.

(Foto: REUTERS)

Vor allem Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker lehnt einen Stimmrechtsentzug kategorisch ab. Ein Entzug des Stimmrechts sei nur für schwere Vergehen angemessen, sagte er im ZDF. "Das ist der Fall, wenn ein Land gegen Menschenrechte verstößt." Eine verfehlte Schuldenpolitik dürfe nicht auf die gleiche Ebene gehoben werden. "Verstöße gegen Menschenrechte und der Verstoß gegen Haushaltsregeln sind zwei verschiedene Paar Schuhe."

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) ist optimistisch, dass die Gipfel-Runde eine spürbare Verschärfung des Stabilitätspaktes erreicht. "Wir brauchen harte Regeln, die dafür sorgen, dass die Verhängung von Strafen künftig soweit wie möglich der politischen Einflussnahme entzogen wird", sagte er der "Bild"-Zeitung. Er glaube an eine Lösung, "die Europa stärkt, den Euro schützt und den berechtigten Interessen der Steuerzahler gerecht wird". Bei dem Gipfel nehmen nur die Staats- und Regierungschefs teil.

Deutschland würde Merkels Linie nicht folgen

Der Fraktionschef der Sozialisten im Europaparlament, Martin Schulz (SPD), rechnet damit, dass die Kanzlerin mit ihrem Plan scheitert. "Frau Merkel hat einfach nicht genug nachgedacht", sagte er der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". "Ich bezweifele, dass Länder wie Deutschland und Frankreich sich selbst einem solchen Stimmrechtsentzug unterziehen würden, wenn sie hohe Defizite haben." Eine Vertragsänderung sei nur mit Zustimmung Großbritanniens möglich und London wolle jede Änderung einer Volksabstimmung unterwerfen, aber nicht dem Euro beitreten.

Berlin und Paris handeln nicht "EU-dienlich"

Juncker äußerte sich im ZDF "verärgert über eine Stilfrage", weil Merkel und Sarkozy am EU-Finanzministerrat vorbei ihren Vorschlag zum Stabi-Pakt vorgelegt hätten. "Teile der deutsch-französischen Vereinbarung waren nicht EU-dienlich". Dagegen unterstützt Juncker Merkels Vorschlag, einen permanenten Krisenmechanismus in die Verträge aufzunehmen. "Ich bin auch der Meinung, dass wir eine leichte Vertragsänderung in Kauf nehmen müssen, um das zu erreichen. Darüber besteht kein fundamentaler Dissens", sagte der Luxemburger. Berlin und Paris wollen ab 2013 auch private Gläubiger wie Banken bei der Rettung von pleitebedrohten Euro-Staaten hinzuziehen.

Quelle: ntv.de, tis/rts/AFP/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen