Syrien lässt Druck abprallen EU einigt sich auf Ölembargo
29.08.2011, 15:48 Uhr
An Syriens Präsident Assad perlt die internationale Kritik weiter ab.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Die EU-Länder erzielen offenbar eine Einigung über ein Öl-Embargo gegen Syrien. Einen Appell der Arabischen Liga, die Gewalt gegen Regimegegner einzustellen, weist Damaskus unterdessen scharf zurück. Die Oppositionellen gründen nun nach libyschem Vorbild einen Nationalen Übergangsrat. Der Iran bezichtigt die EU der Lüge.
Angesichts der anhaltenden Repressionen gegen Oppositionelle in Syrien haben sich die EU-Länder im Grundsatz auf ein Ölembargo gegen das Land geeinigt. Eine juristische Expertengruppe bestätigte in Brüssel einen entsprechenden politischen Beschluss, wie mehrere EU-Diplomaten der Nachrichtenagentur AFP sagten. Mit einem offiziellen Beschluss der Strafmaßnahmen gegen die Regierung in Damaskus könne Ende der Woche gerechnet werden.

Catherine Ashton, EU-Außenbeauftragte, mit Syriens Außenminister Walid al-Muallim am 16.März 2010 in Damaskus. Mit einem Ölembargo gegen Syrien will die EU das Assad-Regime unter Druck setzen.
(Foto: REUTERS)
Die EU-Länder haben wegen des gewaltsamen Vorgehens der Regierung in Damaskus gegen die Oppositionsbewegung bereits eine Reihe von Strafmaßnahmen verhängt, darunter Einreiseverbote und Vermögenssperren gegen Vertreter der Regierung. Mit dem geplanten Einfuhrstopp für syrisches Öl zielen die EU-Staaten nun darauf, das Land wirtschaftlich zu treffen. Einem EU-Diplomaten zufolge gehen rund 90 Prozent der syrischen Ölexporte nach Europa. Die Erlöse machten bis zu 30 Prozent der syrischen Staatseinnahmen aus.
Regime wirft Arabischer Liga Einmischung vor
Bisher hat sich das Regime in Damaskus von Sanktionen nicht beeindrucken lassen und seine harte Linie konsequent weiterverfolgt. Jüngst schickten sich die Arabische Liga und Moskau an, im Gespräch mit dem syrischen Staatschef Baschar al-Assad ein Ende des gewaltsamen Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten zu erreichen. Die Bemühungen trugen zunächst keine Früchte. Im Gegenteil: Eine weitere Hochburg der Opposition wurde eingekesselt.
Die syrische Führung wies einen Aufruf der Arabischen Liga zu einem Ende des gewaltsamen Vorgehens gegen Demonstranten schroff zurück. Das entsprechende Dokument stelle einen "klaren Verstoß" gegen die Prinzipien der Organisation dar und sei zudem "inakzeptabel und voreingenommen", berichtete der arabische Sender Al-Dschasira über die Reaktion der syrischen Führung auf das Papier.
Auf grünes Licht aus Damaskus wartete unterdessen der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi. Im Auftrag der Organisation wollte er in direkten Gesprächen mit der syrischen Führung ein Ende des Blutvergießens erwirken. Der Besuch war nach ersten Berichten schon am Sonntag geplant, wird jetzt aber erst frühestens Ende der Woche nach dem Fest Eid al-Fitr, mit dem das Ende des Fastenmonats Ramadan gefeiert wird, erwartet.
Bogdanow in Damaskus
. Darin werde Assad die Unterstützung Russlands bei den geplanten Reformen zugesichert, berichtete die amtliche syrische Nachrichtenagentur Sana. Russland hatte im UN-Sicherheitsrat vorgeschlagen, Damaskus zu Reformen zu drängen, ohne Sanktionen zu verhängen.
Die Türkei rückte inzwischen vom Nachbarn ab, da Ankara angesichts des brutalen Vorgehens syrischer Regierungskräfte gegen Regimegegner jedes Vertrauen in Präsident Baschar al-Assad verloren habe. Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül und Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hätten Assad zudem aufgefordert, die Einsätze gegen Demonstranten zu beenden, wenn er nicht das Schicksal der früheren Machthaber in Libyen und Ägypten teilen wolle, berichteten türkische Zeitungen.
Nationaler Übergangsrat gegründet
Syrische Sicherheitskräfte gingen weiterhin gewaltsam gegen oppositionelle Demonstranten vor. Im Mittelpunkt stand nun die zentralsyrische Stadt Rastan, wie Aktivisten im Internet berichteten. Die Stadt wurde demnach vollständig eingekreist, die Truppen bereiteten sich auf eine Erstürmung vor. In Rastan gab es zuletzt massive Demonstrationen gegen das Regime von Staatschef Assad. Bei Einsätzen der syrischen Sicherheitskräfte gegen die Opposition wurden am Sonntag zwölf Menschen getötet, wie Al-Dschasira berichtete.

Für diese syrischen Demonstranten in der Türkei ist die Regierung Assad schon fast Geschichte.
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Auch in der Hauptstadt Damaskus nehmen die Proteste gegen Assad zu. Ein führender Aktivist der syrischen Opposition hatte am Wochenende erklärt, Regimegegner müssten angesichts der Gewalt durch den Sicherheitsapparat nun selbst zu den Waffen greifen. Nach UN-Schätzungen sind seit März etwa 2200 Menschen bei den Protesten im Land ums Leben gekommen, davon mehr als 350 seit Anfang August.
Nach dem Vorbild der Aufständischen in Libyen bildete die syrische Opposition einen Nationalen Übergangsrat, allerdings vorerst im türkischen Exil. Von den 94 Mitgliedern des Rats seien 42 in Syrien, berichtete Al-Dschasira. Zum Vorsitzenden wurde der prominente Oppositionelle Burhan Ghalioun bestimmt, der an der Pariser Sorbonne unterrichtet.
Iran attackiert EU
Unterdessen wies der Iran indirekte Vorwürfe der Europäischen Union über eine angebliche Verstrickung in das Blutvergießen in Syrien als "Lügen" schroff zurück. Die Regierung Syriens und das Volk seien reif genug, ihre eigenen Angelegenheiten und Probleme ohne Einmischung der EU zu regeln, erklärte Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast in Teheran.
Bei einer Verschärfung der Sanktionen gegen das Assad-Regime Ende Juni hatte die EU auch drei Befehlshaber er iranischen Revolutionsgarden mit einem Einreiseverbot belegt. Sie sollen die syrischen Sicherheitskräfte für die gewaltsame Unterdrückung der Opposition mit ausgebildet haben.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP