Steinbrück will aber nicht EU erlaubt Steuersenkung
10.03.2009, 16:20 UhrAlle EU-Länder können künftig niedrigere Mehrwertsteuersätze für die Dienste von Friseuren, Klempnern oder in Restaurants zulassen. Doch die Bundesregierung will das Wahlrecht nicht nutzen, wie Finanzminister Peer Steinbrück in Brüssel erklärte. Nach monatelangem Streit besiegelten die EU-Finanzminister einen Kompromiss über Ausnahmen vom regulären 15-prozentigen EU-Mindeststeuersatz. Deutschland und etliche andere Länder hatten sich zuvor wegen befürchteter Steuerausfälle gesträubt. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sowie die bayerische Europaministerin Emilia Müller forderten von Steinbrück, die Blockade der Steuersenkung jetzt auch zu Hause aufzugeben.
Die EU setzt darauf, dass durch die geringeren Steuern die Firmen ihre Dienste billiger anbieten können und die Nachfrage angekurbelt wird. Die EU-Mitgliedstaaten können jetzt die Mehrwertsteuer auf Fahrradreparaturen, Putzhilfen oder Renovierungen von Privathäusern bis auf fünf Prozent senken. Auf Drängen Frankreichs wurde die Liste um das Essen in Restaurants erweitert. Auch Hörbücher könnten jetzt billiger werden.
Gastronomen hoffen
Steinbrück verpflichtete seine französische Amtskollegin Christine Lagarde für sein Nachgeben zu einer Gegenleistung. Sie sagte demnach zu, gemeinsam mit Deutschland in Zukunft dafür zu sorgen, dass keine neuen Ausnahmen mehr beschlossen werden. Der deutsche Ressortchef gab außerdem mit seinen Kollegen aus Dänemark, Bulgarien, Litauen und Estland zu Protokoll, von der Option nicht Gebrauch machen zu wollen. Bei allen künftigen Steuerentscheidungen dazu würden die Länder darauf bestehen, dass reduzierte Sätze abgeschafft werden müssten. Damit könnte die EU-Kommission zwar den schon angekündigten Gesetzentwurf zu niedrigeren Steuern auf umweltfreundliche Produkte vorlegen. Eine Chance auf Zustimmung dafür gibt es aber nicht, weil alle Steuerregelungen in der EU einstimmig beschlossen werden müssen.
Der Dehoga begrüßte die EU-Entscheidung. "Wir freuen uns, dass die Bundesregierung endlich mit ihrer Blockadehaltung Schluss gemacht hat", sagte Verbandssprecherin Stefanie Heckel. "Wir hoffen, dass jetzt auch bei uns schnell für Hotels und Gaststätten der in Deutschland mögliche reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent eingeführt wird." Der Verband fordert diesen Schritt seit Jahren.
Das Finanzministerium kalkuliere mit Steuerausfällen von rund drei Milliarden Euro für die Gastronomie. "Das ist aber nicht die ganze Rechnung", sagte Heckel. Mit einem reduzierten Mehrwertsteuersatz ließen sich die Preise senken, mehr in die Gaststätten oder auch in die Qualifikation und Bezahlung der Mitarbeiter investieren. "Niedrigere Preise und ein besseres Angebot steigern am Ende den Umsatz. Die Mehrwertsteuersenkung ist deshalb gerade in der Krise ein gutes Konjunkturprogramm für unsere Branche".
Konkurrenz zum Ausland
Bayern kündigte eine Initiative im Bundesrat zur Senkung der Mehrwertsteuer für Restaurants an. "Wir brauchen den reduzierten Mehrwertsteuersatz für Gaststätten, um der mittelständisch geprägten Branche in der Wirtschaftskrise zu helfen und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden", erklärte Bundes- und Europaministerin Müller. Die CSU-Politikerin warf Steinbrück vor, verantwortungslos zu handeln, wenn er anderen EU-Staaten niedrigere Steuern gestatten wolle, die Möglichkeit für die Gastronomie im eigenen Land aber ausschließe. Schon heute sei die niedrigere Besteuerung in den Nachbarländern Österreich und Schweiz eine "unzumutbare Benachteiligung" für die heimischen Betriebe, kritisierte Müller.
Quelle: ntv.de