Politik

Gewalt in Syrien EU erwägt Sanktionen, UN hadert

Assad-Gegner vor der syrischen Botschaft in Kairo.

Assad-Gegner vor der syrischen Botschaft in Kairo.

(Foto: AP)

Die Truppen von Machthaber Assad umstellen nun auch die Küstenstadt Banias - Panzer sind aufgefahren. In Daraa trauen sich die Menschen wegen Scharfschützen nicht auf die Straße, um Tote zu bergen. Der Ruf nach Sanktionen wird immer lauter, auch von der EU - bei den Vereinten Nationen ist noch keine Entscheidung in Sicht.

Die USA und Europa wollen das brutale Vorgehen von Syriens Präsident Baschar al-Assad gegen die Opposition nicht länger tatenlos hinnehmen. Nach der US-Regierung erwägt nun auch die Europäische Union Sanktionen gegen das Regime in Damaskus. Die Mitgliedsstaaten wollten rasch darüber beraten, wie eine Sprecherin der EU-Kommission sagte.

Deutschland will die Gewalt in Syrien zum Thema im UN-Sicherheitsrat machen, Frankreich will die EU und die Vereinten Nationen zu "starken Aktionen" gegen das syrische Regime drängen. Rasche Sanktionen sind im Sicherheitsrat jedoch nicht zu erwarten. Die Bundesregierung und die USA rieten ihren Staatsbürgern, aus Syrien auszureisen. Denn Assad geht - unbeeindruckt von der internationalen Kritik - weiter mit aller Härte gegen die Protestbewegung vor.

Panzer belagern Banias

Das Militär war mit Panzern in Daraa einmarschiert.

Das Militär war mit Panzern in Daraa einmarschiert.

(Foto: REUTERS)

Nach Angaben von Aktivisten nahm die Armee nach der Rebellenhochburg Daraa die Küstenstadt Banias ins Visier. Rund um die Stadt seien Panzer in Stellung gegangen, um ähnlich wie am Vortag in Daara einzurücken. Dort waren nach Angaben von Oppositionellen Tausende von Soldaten und Angehörigen der Spezialeinheiten mit Panzern und Scharfschützen eingedrungen und hatten Berichten zufolge Dutzende getötet.

Die von den Aufständen in anderen arabischen Ländern inspirierte Protestbewegung hatte zunächst demokratische Reformen gefordert. Nach den ersten tödlichen Schüssen auf Demonstranten rief sie jedoch zum Sturz des Regimes auf. Niemand weiß genau, wie viele Zivilisten bisher starben. Die Opposition benennt mehr als 350 Opfer. Allein am vergangenen Freitag sollen 112 Menschen getötet worden sein.

Westerwelle fordert Konsequenzen

Außenminister Guido Westerwelle verurteilte das brutale Vorgehen und drohte Assad Konsequenzen an. "Klar ist: Wenn seine Regierung am bisherigen Kurs festhält, wird dies Konsequenzen nach sich ziehen müssen", sagte Westerwelle, ohne dazu weitere Details zu nennen. "Angesichts der massiven Gewaltanwendung halte ich es für notwendig, dass sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen mit der Situation in Syrien befassen", erklärte er. "Auch in der EU müssen die Beziehungen mit Syrien auf den Prüfstand gestellt werden."

In einem in New York kursierenden Entwurf für eine Syrien-Erklärung des UN-Sicherheitsrates ist Diplomaten zufolge von Strafen gegen das Assad-Regime keine Rede. Vielmehr wird darin die Gewalt verurteilt und Damaskus aufgefordert, sie zu stoppen. Das von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Portugal eingebrachte Papier werde nicht von allen Ländern im Rat befürwortet, hieß es.

Der auch von Deutschland unterstützte Erklärungsentwurf findet bei den UN offenbar kaum Befürworter.

Der auch von Deutschland unterstützte Erklärungsentwurf findet bei den UN offenbar kaum Befürworter.

(Foto: dapd)

Der britische Außenminister William Hague sagte: "Großbritannien arbeitet mit seinen internationalen Partnern intensiv daran, Syrien davon zu überzeugen, die Gewalt zu stoppen und die grundsätzlichen Menschenrechte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu respektieren."

In Paris hieß es, die syrische Führung müsse gezwungen werden, die Gewalt gegen die Bevölkerung zu beenden. Staatspräsident Nicolas Sarkozy schloss eine Intervention in Syrien ohne UN-Resolution aber aus. Eine solche Resolution, wie es sie für Libyen gegeben hat, sei nicht leicht zu bekommen, fügte Sarkozy nach einem Treffen mit Italiens Regierungschef Berlusconi in Rom hinzu.

Deutsche sollen ausreisen

Am Montag hatten bereits die USA Damaskus mit "gezielten Sanktionen" gedroht. Die US-Führung prüfe eine Reihe von Optionen. Alle Deutschen in Syrien sollten versuchen, das Land mit regulären Flügen zu verlassen, rät das Auswärtige Amt in seinen Reise- und Sicherheitshinweisen. Sie sollten ausreisen, so lange dies noch möglich sei. Von Reisen nach Syrien rät das Amt bereits seit längerem dringend ab.

Während des Einsatzes in Daraa schloss Syrien seine Grenze zu Jordanien.

Während des Einsatzes in Daraa schloss Syrien seine Grenze zu Jordanien.

(Foto: dpa)

Auf den Straßen der südsyrischen Stadt Daraa wurden Augenzeugenberichten zufolge bislang Leichen von 21 "Märtyrern" gefunden. Zahlreiche Tote hätten noch nicht geborgen werden können, da Scharfschützen auf jeden zielten, der sich aus seinem Haus wage. Ein Augenzeuge sagte, Angehörige der Sicherheitskräfte in Zivil suchten in der Stadt nach mutmaßlichen Organisatoren der Proteste. In Naime außerhalb von Daraa suchten sie auf den Mobiltelefonen der Bewohner nach Aufnahmen von Protesten.

Unterstützer der seit Mitte März anhaltenden Demonstrationen erklärten, in mehreren Ortschaften der Region Hauran seien die Strom- und Wasserversorgung und die Telefonverbindungen gekappt worden. Aus der Stadt Duma hieß es, die Sicherheitskräfte seien mit Namenslisten von Haus zu Haus gegangen und hätten Dutzende von Männern abgeführt. In Homs sollen uniformierte Männer versucht haben, in das Al-Barr-Krankenhaus einzudringen, in dem verletzte Demonstranten behandelt wurden.

Quelle: ntv.de, dpa

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