Chinas Regierungschef in Brüssel EU kappt Wen Jiabaos Rede
20.09.2012, 12:51 Uhr
Wen Jiabao wollte bei seiner Rede keine Journalisten zulassen.
(Foto: REUTERS)
Zur Eröffnung des EU-China-Gipfels betonen beide Seiten ihre gute Zusammenarbeit, sprechen aber auch Probleme an. Wen ist enttäuscht vom anhaltenden EU-Waffenembargo. Als er einen weiteren kritischen Punkt anspricht, bricht auf einmal die Übertragung seiner Rede ab.
Chinas Regierungschef Wen Jiabao hat zu Beginn eines Gipfeltreffens mit der EU das Waffenembargo gegen sein Land kritisiert. Zugleich forderte Wen Fortschritte bei der Anerkennung Chinas als Marktwirtschaft. "Wir haben zehn Jahre lang hart daran gearbeitet, aber eine Lösung war nicht zu erreichen. Ich bedaure das zutiefst", sagte er.
Bei seinen folgenden Worten brach die vom EU-Fernsehen verantwortete Fernsehübertragung der Eröffnungsworte plötzlich ab. Zu verstehen war lediglich noch: "Ich hoffe, dass die EU-Seite die Gelegenheit nutzt und bald eine größere Initiative zur Beseitigung von ..."
Ein Sprecher des EU-Ministerrates sagte, die Übertragung von Wens Äußerungen sei abgebrochen worden, weil die chinesische Delegation signalisiert habe, dass dessen Bemerkungen nicht mehr Teil der öffentlichen Auftakt-Erklärung seien. Journalisten waren zum Gipfel nicht zugelassen. Auch eine Pressekonferenz gab es nicht. Die EU-Kommission hatte Reporter auf die Übertragung der Reden verwiesen.
Die EU hatte nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens von 1989 ein Waffenembargo gegen China verhängt. China dringt auf die Anerkennung als Marktwirtschaft durch die EU, weil dies Peking vor Anti-Dumping-Verfahren schützen würde.
Wen will weitere Vertiefung der Partnerschaft
Zu Beginn des Gipfels hatte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy die Rolle des aus dem Amt scheidenden Wen bei der Verbesserung des Verhältnisses zwischen der EU und China in den vergangenen zehn Jahren gewürdigt. "Ihre Rolle war entscheidend dafür, dass wir da sind, wo wir jetzt sind", sagte er. Die EU und China seien sich stärker denn je ihrer bewusst. Der Handel zwischen beiden Seiten wuchs in zehn Jahren um 280 Prozent. China ist der zweitgrößte Handelspartner der EU, knapp hinter den USA. Für China ist die EU der größte Exportkunde.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte, die "strategische Partnerschaft" mit China beruhe auf "wechselseitigem Respekt, wechselseitigem Nutzen und Freundschaft": "Im Geiste dieser Freundschaft können wir über alle Themen sprechen – jene, über die wir uns einig sind, und über jene, wo wir nicht immer einig sind." Ein Dissens besteht vor allem in Menschenrechtsfragen. Die EU kritisiert das Vorgehen Chinas in Tibet und die Verfolgung von Oppositionellen.
Auch Wen räumte "wegen unserer unterschiedlichen Kultur, Geschichte und Sozialsysteme" Meinungsunterschiede ein. Es sei dennoch möglich, "den Dialog fortzusetzen, Unterschiede zu überwinden und gemeinsame Interessen zu wahren". Er forderte die EU zu "gemeinsamem Nachdenken über die künftige internationale Landschaft" auf. Beide Seiten sollten "umfassende strategische Partner füreinander im wirklichen Sinne werden".
Quelle: ntv.de, dpa