Politik

Streit um Stabilitätspakt EU wieder in der Sackgasse

Sarkozy und Merkel in der vergangenen Woche am Strand von Deauville.

Sarkozy und Merkel in der vergangenen Woche am Strand von Deauville.

(Foto: picture alliance / dpa)

Am Donnerstag wollen Deutschland und Frankreich durchsetzen, dass EU-Mitgliedsländern, die gegen den Stabilitätspakt verstoßen, zeitweilig das Stimmrecht entzogen werden kann. Dazu müsste der EU-Vertrag geändert werden. Das geht nur einstimmig. Derzeit erscheint das Vorhaben als nicht durchsetzbar.

Wenige Tage vor dem EU-Gipfel regt sich Widerstand gegen die deutsch-französische Forderung nach einer erneuten Änderung des EU-Vertrags zur Verschärfung des Stabilitätspakts. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sagte, es sei "politisch eigentlich irrsinnig", "wieder zu glauben, dass man jetzt auf den Weg von Vertragsänderungen gehen kann". Das Vorhaben sei "absolut nicht durchsetzbar".

Änderungen am EU-Vertrag sind nur bei Zustimmung aller Mitgliedstaaten möglich. In den Mitgliedstaaten müsste die Änderung anschließend von den Parlamenten, in Irland per Referendum ratifiziert werden. Der Lissabon-Vertrag war erst vor knapp einem Jahr nach langem Tauziehen in Kraft getreten. Luxemburg ist nicht das einzige Land, das Vorbehalte gegen die Pläne von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hat.

Asselborn übte im ZDF auch Kritik an der Art des deutsch-französischen Vorgehens. Die europäischen Fragen müssten zwischen allen 27 EU-Staaten gelöst werden, forderte er. "Europa ist mehr als ein Zweitaktmotor", betonte Asselborn unter Anspielung auf das von Frankreich und Deutschland gern gebrauchte Bild des "deutsch-französischen Motors", der die EU vorantreibe.

Am Sonntagabend hatten die EU-Außenminister in Luxemburg erstmals über die Vorschläge Merkels und Sarkozys beraten. Dabei zeichnete sich keine Kompromisslinie für die Entscheidungen der Staats- und Regierungschefs ab. Der EU-Gipfel findet an diesem Donnerstag statt. Heute setzen die Außenminister ihre Beratungen fort.

Bundesregierung will Sanktionen durchsetzen

Deutschland und Frankreich wollen mit der Vertragsänderung erreichen, dass jenen Staaten, die gegen die Defizit-oder Schuldengrenzen des Stabilitätspaktes verstoßen, zeitweilig das Stimmrecht in der EU entzogen werden kann. Nach ihrem Willen soll sich der EU-Gipfel vom Donnerstag zunächst grundsätzlich darauf einigen, dass eine Vertragsänderung überhaupt in Auftrag gegeben werden soll. Erst danach müsste dann über einen Text verhandelt werden.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle räumte ein: "Das sind schwierige Verhandlungen, die wir derzeit in Europa natürlich führen." Die Bundesregierung wolle aber unverändert, "dass jetzt die Konsequenzen auch aus der Währungs- und Wirtschaftskrise gezogen werden".

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) erwartet harte Verhandlungen um die Verschärfung des Euro-Stabilitätspaktes. "Das wird nicht einfach. Aus deutscher Sicht wird es aber nicht ohne gehen", sagte Brüderle der "Bild"-Zeitung.

Merkel hatte in der vergangenen Woche auf ihre bisherige Forderung nach automatischen Sanktionen gegen Defizitsünder verzichtet. Sarkozy hatte sich im Gegenzug bereit erklärt, Deutschland in seinem Bemühen um eine Änderung des EU-Vertrags zu unterstützen.

Auch Alternativplan ist umstritten

Umstritten sind nach Angaben von Diplomaten aber auch die Empfehlungen des EU-Ratsvorsitzenden Herman Van Rompuy, der unterhalb der Schwelle von Vertragsänderungen Vorschläge zur Verschärfung der Strafmechanismen in Defizitverfahren gemacht hat. Diese bleiben hinter ursprünglichen Vorschlägen der EU-Kommission und hinter den deutschen Wünschen zurück, treffen aber auch auf Ablehnung. Van Rompuy schlägt unter anderem vor, dass eine Bestrafung nur durch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Ministerrat wieder aufgehoben werden kann.

Der EU-Gipfel am Donnerstag steht unter Zeitdruck, weil der im Frühjahr von der EU und dem IWF aufgespannte Rettungsschirm für angeschlagene EU-Staaten in Höhe von 750 Milliarden Euro im Jahr 2013 ausläuft. Deutschland argumentiert, bis dahin müsse eine Regelung stehen, die eine Wiederholung der Griechenland-Krise verhindert und das Vertrauen in die Stabilität des Euros dauerhaft sichert.

Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa

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