Politik

Keine "Jungpensionäre à la Wulff" Ehrensold soll reformiert werden

Christian Wulff dürfte seinen Ehrensold bekommen - eine Reform kann nur künftige Präsidenten betreffen.

Christian Wulff dürfte seinen Ehrensold bekommen - eine Reform kann nur künftige Präsidenten betreffen.

(Foto: dpa)

Politiker von Regierung und Opposition sprechen sich für eine Neuordnung der Geldbezüge von Altbundespräsidenten aus. Sie fordern eine Kürzung oder eine Auszahlung erst im Rentenalter. Der Bund der Steuerzahler fordert Wulff auf, sich zu dem Thema zu erklären. Die Ermittler werten derweil Wulffs Computer- und Handydaten aus.

Angesichts der Affäre um den zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff haben Politiker der Regierungskoalition von Union und FDP im Bund eine Reform des Ehrensolds gefordert. Die Debatte um Wulff zeige, "dass der Gesetzgeber eine Situation wie die heutige nicht vor Augen hatte", sagte der Vorsitzende des Immunitätsausschusses des Bundestags, Thomas Strobl von der CDU, dem "Focus". "Wir sollten in einigen Wochen oder Monaten ganz sachlich und in Ruhe überdenken, wie wir die Altersbezüge von künftigen Bundespräsidenten regeln", ergänzte er.

SPD-Politiker Oppermann will keine "Jungpensionäre à la Christian Wulff" haben.

SPD-Politiker Oppermann will keine "Jungpensionäre à la Christian Wulff" haben.

(Foto: dpa)

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Patrick Kurth, Generalsekretär der Liberalen in Thüringen, schlug in der Zeitschrift vor, dass ein Bundespräsident erst ab dem 67. Lebensjahr ein volles Ruhegehalt beziehen solle. "In der Zeit davor sollte ein Präsident außer Diensten den halben Ehrensold bekommen, der aber mit einer aufgenommenen Berufstätigkeit verrechnet werden muss", sagte Kurth.

"Die Menschen sind empört"

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier sagte der "Bild"-Zeitung, er könne sich eine Neuregelung vorstellen, "bei der zwischen den Amtsbezügen des Bundespräsidenten und dem Ruhegehalt unterschieden wird". Grundsätzlich aber müsse ein Staatsoberhaupt so ausgestattet sein, dass seine Unabhängigkeit auch nach der Amtszeit gewahrt bleibe. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte, "Jungpensionäre à la Christian Wulff" solle es nach künftigem Recht nicht mehr geben.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis verteidigte derweil die Zahlung des Ehrensolds an Wulff. Dieser habe einen Rechtsanspruch und kein Gericht werde ihm diesen aberkennen, sagte Geis im Deutschlandfunk. Wulff sei zurückgetreten, weil er keine Chance mehr gesehen habe, sein Amt richtig auszuüben. Das sei ein politischer Grund, weshalb die Zahlung des Ehrensolds korrekt sei. Geis sagte weiter, er könne die Empörung vieler Menschen über die Zahlung verstehen. Die Geschichte habe aber ihr Urteil noch nicht gesprochen.

Der Bund der Steuerzahler forderte Wulff auf, sich öffentlich zur Frage seines Ehrensoldes zu erklären. "Die Menschen erwarten eine Erklärung von ihm. Sie sind empört, sie sind extrem bewegt", sagte Bundesgeschäftsführer Reiner Holznagel dem "Hamburger Abendblatt". Sein Verband habe in kürzester Zeit hunderte E-Mails zu dem Thema erhalten. "Es wäre sehr zu begrüßen, wenn Wulff entsprechend auf den Unmut der Bevölkerung reagiert", sagte Holznagel.

Das Bundespräsidialamt hatte , die rechtlichen Voraussetzungen für den Ehrensold in Höhe von jährlich 199.000 Euro seien erfüllt, weil Wulff am 17. Februar "aus politischen Gründen" zurückgetreten sei. Laut Gesetz ist bei einem vorzeitigen Ausscheiden allein "aus politischen oder gesundheitlichen Gründen" die Zahlung eines Ehrensolds vorgesehen. Laut einem Medienbericht wurde diese Entscheidung .

Die zuständigen Haushaltsexperten des Bundestags hatten am Freitag die Entscheidung des Präsidialamts gebilligt, Wulff trotz seines Rücktritts den Ehrensold zu zahlen. Weitere Sonderleistungen des Staates zugunsten des 52-jährigen Ex-Präsidenten über den Ehrensold hinaus will die SPD aber verhindern. Dies hat ihr zuständiger Haushälter Carsten Schneider angekündigt. Bisherigen Ex-Präsidenten wurde stets ein Büro mit Personal, Dienstwagen und Chaffeur bezahlt.

Ansprüche auch aus Niedersachsen

Ab seinem 60. Lebensjahr hat Wulff auch einen jährlichen Pensionsanspruch aus Niedersachsen von rund 60.000 Euro. Dieser Anspruch errechnet sich nach Angaben von Staatskanzlei und Landtag in Hannover aus Wulffs politischer Amtszeit als Ministerpräsident und seiner Zeit als niedersächsischer Landtagsabgeordneter. Das Geld wird aber nicht zusätzlich zu seinem Ehrensold fließen, sondern angerechnet. Auf diese Weise wird eine Doppelalimentierung aus der öffentlichen Hand verhindert. Keinen Einfluss auf die Höhe seiner Bezüge haben dagegen Gelder und Zahlungen aus der freien Wirtschaft.

Für seine sieben Jahre als Regierungschef von 2003 bis 2010 stehen Wulff monatlich rund 4500 Euro zu. Diese ergeben sich laut Staatskanzlei aus Wulffs letzten Bezügen, rund 13.500 Euro. Hinzu kommen rund 400 Euro, die Wulff für seine neun Jahre als CDU-Abgeordneter von 1994 bis 2003 bekommt.

Wulffs Haus in Großburgwedel durchsucht

Wulff hatte unter dem Druck staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen wegen des Verdachts auf Vorteilsannahme sein Amt niedergelegt. Dabei geht es um seine Beziehungen zu dem Filmproduzenten David Groenewold. Die fast vierstündige Aktion sei "auf freiwilliger Basis" verlaufen, es gebe keinen Durchsuchungsbeschluss, sagte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde. Wulffs Anwalt Gernot Lehr sagte, dieser habe "die Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen in seinen Privaträumen freiwillig angeboten und ermöglicht".

Die Staatsanwaltschaft interessiert sich vor allem für die Handy- und Computerdaten Wulffs. Von diesen seien bei der Durchsuchung Kopien erstellt worden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover. "Papiere und Unterlagen sind auch mitgenommen worden, allerdings nicht viele." Zumindest in den nächsten Tagen sei nicht mit weiteren Durchsuchungen zu rechnen.

Büroräume und Wohnung des mit Wulff befreundeten Filmproduzenten David Groenewold waren bereits am Donnerstag in Berlin durchsucht worden - ebenfalls einvernehmlich, wie dessen Anwaltskanzlei betonte. Groenewold soll Wulff in dessen Amtszeit als niedersächsischer CDU-Regierungschef Urlaube auf Sylt bezahlt haben. Die Landesregierung hatte einer Firma Groenewolds zuvor eine Bürgschaft gewährt, die aber nicht in Anspruch genommen wurde. Wulff hatte erklären lassen, Groenewold die Hotelrechnung bar erstattet zu haben.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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