Politik

Die SPD wagt die Große Koalition Eine Partei atmet tief durch

Die SPD-Helfer feierten das klare Ja zur Großen Koalition.

Die SPD-Helfer feierten das klare Ja zur Großen Koalition.

(Foto: dpa)

Die SPD sagt Ja zur Großen Koalition. Doch am Tag, als das Ergebnis des Mitgliedervotums bekannt gegeben wird, strapaziert Parteichef Gabriel die Nerven der Zuschauer. Die wichtigste Zahl des Tages lässt lange auf sich warten.

Machen sie sich Mut oder ahnen sie schon etwas? Die freiwilligen Helfer und die Mitarbeiter aus dem Willy-Brandt-Haus stehen um das Podium herum und klatschen. Seit den frühen Morgenstunden haben sie Briefumschläge geleert und die Ja- und Nein-Stimmen auf verschiedene Kisten verteilt. Jetzt hallt ihr rhythmischer Applaus durch die Halle 6 des alten Westberliner Postbahnhofs, wo bis eben das SPD-Mitgliedervotum ausgezählt wurde. Nur das Wichtigste fehlt noch: das Ergebnis.

Um kurz vor drei betritt die SPD-Spitze die kleine Bühne. Parteichef Sigmar Gabriel, NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, Generalsekretärin Andrea Nahles, Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann und noch einige mehr. Grinsende, zufriedene Gesichter. Außer den Spitzengenossen weiß noch niemand Bescheid über den Ausgang der Abstimmung.

Endlich Weihnachten

Das SPD-Mitgliedervotum
  • 474.820 SPD-Mitglieder waren stimmberechtigt
  • 369.680 von ihnen haben abgestimmt (77,86 Prozent)
  • 256.643 haben mit Ja gestimmt (75,96 Prozent)
  • 80.921 Mitglieder stimmten mit Nein (23,95 Prozent)
  • 31.800 der eingesandten Stimmzettel waren ungültig
    Quelle: dpa

Knapp drei Monate nach der Wahl richten sich an diesem Samstag die Blicke aus der ganzen Republik auf die Genossen. Tritt die SPD in die Große Koalition ein oder sagt die Basis Nein und versetzt das Land in den politischen Ausnahmezustand - das ist die spannende Frage. Doch die Wartenden müssen sich noch etwas gedulden.

Gabriel dankt den freiwilligen Helfern für ihre "super Arbeit" und den Mitarbeitern der Deutschen Post für eine "klasse logistische Leistung". Das enttäuschende Wahlergebnis, die Koalitionsverhandlungen, das Mitgliedervotum, die vielen Regionalkonferenzen: Es waren kraftraubende Monate für die Sozialdemokraten. Jetzt sei es auch langsam Zeit, dass endlich Weihnachten wird, witzelt Gabriel.

"Wir haben einen neuen Standard gesetzt"

Doch eine Kleinigkeit gibt es da noch zu klären. Gabriel & Co stehen schon mehr als zehn Minuten auf dem Podium. Dennoch spannen sie die Zuhörer noch etwas auf die Folter. Der Parteichef gerät ins Schwärmen. So politisch engagiert wie in den vergangenen Wochen habe er seine Partei noch nie erlebt. "Wir sind die Beteiligungspartei in Deutschland und haben einen neuen Standard gesetzt", ruft Gabriel. Auch ein bisschen Pathos kann er sich nicht verkneifen. "Es war ein Fest der Demokratie", dieser Tag werde in die Geschichte eingehen.

Und dann hat das Warten endlich ein Ende. Gabriel übergibt das Wort an Barbara Hendricks. Die SPD-Schatzmeisterin und designierte Umweltministerin nennt die mit Spannung erwarteten Zahlen. 369.680 Mitglieder haben abgestimmt, 31.800 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung liegt bei 77,9 Prozent, verkündet Hendricks, deren Worte im Jubel untergehen.

Dabei ist die spannendste Zahl des Tages noch nicht verkündet worden. 250.640 haben mit Ja gestimmt, sagt Hendricks schließlich. Die Mitglieder stimmen also mit 75,96 Prozent für die Große Koalition. Und dann ist in der Halle wirklich kein Halten mehr. Eine Partei feiert sich selbst. Plötzlich ist die Anspannung der letzten Wochen weg. Mit dem Ausgang der zweiten großen Wahl in diesem Jahr sind die Genossen offenbar wesentlich zufriedener als mit der ersten.

Quelle: ntv.de

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