Politik

Misshandlungen in Abu Ghoreib Erstmals Offizier vor Gericht

Mehr als drei Jahre nach Bekanntwerden der Misshandlungen im Gefängnis Abu Ghoreib im Irak hat am Montag vor einem US-Militärgericht erstmals ein Prozess gegen einen Offizier begonnen. Auf Fotos aus Abu Ghoreib, die 2004 im Internet verbreitet wurden, waren unter anderem Häftlinge zu sehen, die nackt zu sexuellen Posen gezwungen oder von zähnefletschenden Militärhunden bedroht wurden.

Zum Auftakt des Verfahrens gegen Oberstleutnant Steven Jordan auf dem Stützpunkt Fort Meade (US-Staat Maryland) musste die Anklage einen Rückschlag hinnehmen, weil der Militärrichter die Vorwürfe der Falschaussage und Rechtsbehinderung aus formalen Gründen abwies. Dem 51-Jährigen wird nun noch angelastet, Grausamkeit und Misshandlungen zugelassen sowie Pflichten verletzt zu haben. Dafür drohen ihm im Falle eines Schuldspruchs achteinhalb Jahre Haft.

Bislang hatten sich elf Soldaten niedrigerer Dienstränge im Zusammenhang mit dem Folterskandal einem Militärverfahren stellen müssen. Die Misshandlungen von Häftlingen waren durch die im Internet verbreiteten Fotos bekanntgeworden. Heeresreservist Jordan war von September bis Dezember 2003 Leiter des Verhörzentrums in dem Gefängnis nahe Bagdad.

Der Militärrichter in Fort Meade wies die Vorwürfe der Falschaussage und der Rechtbehinderung ab, weil Jordan von dem ermittelnden General nicht ordnungsgemäß über seine Rechte belehrt wurde. Wäre der Offizier in allen ursprünglichen Anklagepunkten schuldig gesprochen worden, hätten ihm nach amerikanischen Medienberichten bis zu 22 Jahre Haft gedroht. Am Montag war noch die Auswahl der Militärjury für das Verfahren geplant.

In den bisherigen Verfahren im Zusammenhang mit dem Missbrauchskandal hatte der als Rädelsführer bei den Misshandlungen geltende Charles Graner mit zehn Jahren Haft die höchste Strafe von allen erhalten. Gegen einige wenige andere neben Steven Jordan beschuldigte Offiziere wurden lediglich Disziplinarmaßnahmen wie Herabstufung ihrer Dienstgrade oder Rügen verhängt.

Jordan ist nicht im Zusammenhang mit diesen dokumentierten Vorfällen angeklagt. Ihm wird vielmehr vorgeworfen, vorausgegangene Gewaltanwendungen in Abu Ghoreib gefördert oder zumindest geduldet und damit den späteren Vorfällen Vorschub geleistet zu haben. Die Verteidigung argumentiert unter anderem, dass Jordan zwar Leiter des Verhörzentrums gewesen sei, aber keine "operationelle Kontrolle" über die Vernehmungen gehabt habe. Der Offizier sei weder an Verhören beteiligt gewesen noch habe er zur Kommandokette bei der Genehmigung kontroverser Methoden gehört.

Quelle: ntv.de

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