Gabriel zu den Sanktionen "Es steht viel auf dem Spiel"
07.08.2014, 12:30 Uhr
Sigmar Gabriel.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Sanktionen gegen Russland haben vor allem einen Zweck, sagt Bundeswirtschaftsminister Gabriel: Sie sollen den Konflikt in der Ukraine beenden. Eine generelle Unterstützung deutscher Exporteure lehnt der SPD-Parteichef in einem Gespräch mit Journalisten bei seiner Sommerreise ab.
Befürchten Sie eine Sanktionsspirale?
Sigmar Gabriel: Solch eine Reaktion der EU führt nicht dazu, dass die Russen sagen: "Gut, ihr habt recht." Es geht darum, dass man so viel Druck entfaltet, dass neben all den Reaktionen darauf ein Nachdenken darüber stattfindet, was der Beitrag Russlands sein kann, den Bürgerkrieg in der Ukraine zu beenden. Bei allen Schwierigkeiten, die es bei uns geben kann, muss man darauf hinweisen: Der Anteil des Außenhandels mit Russland hat einen Anteil von 3,3 Prozent. Er liegt in einzelnen Branchen zwar höher, im Maschinenbau etwa bei 5 Prozent. Aber das ist jetzt auch kein riesiger Anteil.
Muss die Bundesregierung angesichts der Sanktionen gegen Russland deutschen Unternehmen unter die Arme zu greifen?
Man muss genau aufpassen, worum es da eigentlich geht. Eine ganze Reihe von Exporten sind durch Hermes-Bürgschaften abgesichert. Das sind staatliche Garantien, die der Bund längst übernommen hat. Da bedarf es sicher keiner zusätzlichen Unterstützung. Deswegen muss man jetzt erst einmal einen Überblick bekommen über die Unternehmen, die betroffen sind - und in welcher Weise sie betroffen sind. Dann wird sich zeigen, dass eine Vielzahl von Unternehmen bei Exporten nach Russland bereits über eine Absicherung verfügt. Was darüber hinaus noch notwendig sein wird für deutsche Mittelständler und größere Unternehmen, um sie in dieser komplizierten Lage zu begleiten, das prüfen wir gerade.
Die von der EU verhängten Sanktionen sind also richtig?
Man muss immer überlegen: Was passiert mit der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung Europas, wenn wir es zulassen, dass nur wenige Flugstunden entfernt von hier durch Interventionen eines Nachbarlandes Bürgerkriege entstehen. Das ist etwas, wogegen die Europäische Union gegründet wurde. Außerdem haben wir mit der KSZE-Akte von Helsinki verabredet, dass wir in Europa die Souveränität der Grenzen wahren und dass wir mit friedlichen Mitteln miteinander umgehen wollen. Das heißt: Es gibt einen Vorlauf. Viele Jahrzehnte haben Menschen in allen Teilen Europas daran gearbeitet, dass wir zu einem friedfertigen Kontinent werden. Die KSZE-Akte hat eine Menge beigetragen zur Entwicklung in der DDR, die am Ende zur Deutschen Einheit geführt hat. Und das steht auf dem Spiel. Deswegen muss man aufpassen, dass man bei aller berechtigten Sorge vor wirtschaftlichen Konsequenzen bei uns in Europa und in Deutschland nicht außer Acht verliert, welche jahrzehntelange Entwicklung da gerade in Gefahr ist.
Neue Waffenexporte nach Russland sind nicht mehr erlaubt. Wie wird da die weitere Entwicklung sein?
Wir haben eine Entscheidung auf europäischer Ebene, dass in keinem Fall Rüstungsgüter geliefert werden können. Die Bundesregierung hat sich gleichzeitig dazu entschieden, dass wir ein spezielles Exportprodukt, das schon in der Vergangenheit genehmigt wurde, stoppen. Eine Ausfuhrgenehmigung darf widerrufen werden, wenn es zu einer deutlichen Veränderung der Sicherheitslage kommt. Und das kann man hier nicht anders sehen. Deswegen haben wir - auf Bitten des Unternehmens Rheinmetall - eine rechtssichere Entscheidungsgrundlage gegeben. Rheinmetall hat nach Gesprächen, die wir geführt haben, bereits freiwillig auf den Export verzichtet. Das ist für so ein Unternehmen auf Dauer nicht aushaltbar. Darum finde ich es angemessen, dass wir dem Unternehmen eine sichere Rechtsgrundlage geben.
Rechnen Sie mit einer Klage?
Das kann sein, muss aber nicht sein. Das hängt ja von ganz unterschiedlichen Fragen ab, ob zum Beispiel Teile des Gefechtsübungsstandes an andere veräußert werden können. Das ist eine Frage, die in den kommenden Wochen von Rheinmetall beantwortet werden wird.
Quelle: ntv.de, cro