FDP sucht richtigen Kurs Euro-Anhänger sammeln sich
20.09.2011, 16:48 Uhr
Image aufpolieren: Generalsekretär Lindner, Schatzmeister Doering und Fraktionschef Brüderle.
(Foto: dapd)
Die Euro-Befürworter in der FDP schlagen zurück: Nachdem über Tage die Kritiker von Euro-Hilfen die Debatte beherrschen, gehen nun die Befürworter in die Offensive. Fraktionschef Brüderle lobt den erweiterten Rettungsschirm, führende Liberale warnen vor einem Euro-kritischen Kurs. Ende Oktober will die FDP ihren weiteren Kurs festlegen.
Nach dem Wahldebakel in Berlin will die FDP-Spitze auf einer Klausur Ende Oktober über ihren künftigen Kurs beraten. Präsidium und Bundesvorstand wollen am 23. und 24. Oktober zusammenkommen, sagte ein FDP-Sprecher. Die Parteispitze wolle auf der Klausur den Parteitag im November vorbereiten und eine Planung für die Jahre bis 2013 ausarbeiten.
Die FDP war bei der Landtagswahl in Berlin auf 1,8 Prozent abgestürzt und ist damit nicht mehr im Abgeordnetenhaus vertreten. Der drastische Stimmenverlust löste eine Richtungsdebatte in der Partei aus, zumal FDP-Chef Philipp Rösler unmittelbar vor der Wahl einen Euro-skeptischen Kurs eingeschlagen hatte und auch der Berliner Landesverband damit offensiv zu punkten versuchte.
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle forderte seine Partei auf, sich auf ihre Kernthemen Bürgerrechte, soziale Marktwirtschaft und Bildung zu konzentrieren. "Meines Erachtens ist nicht die Zeit jetzt, mit viel Orchideen-Themen sich zu schmücken, sondern in den Kernpositionen viel zu erreichen", mahnte Brüderle vor einer Fraktionssitzung in Berlin.
Zugleich verteidigte Brüderle überraschend deutlich den erweiterten Euro-Rettungsschirm EFSF. Er stärke Deutschlands Position in der Schuldenkrise. Weil alle EFSF-Entscheidungen einstimmig fallen müssten, werde nichts ohne Deutschland laufen. "Wir schaffen einen Mechanismus, der unsere Position deutlich stärkt." Bei den erfolgten Rettungsmaßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) habe Deutschland dagegen im Kreis der 17 Euro-Staaten nur eine einzige Stimme gehabt, erklärte Brüderle.
"Sind nicht die Oberlehrer"
Der FDP-Fraktionschef schlug zudem etwas versöhnlichere Töne in Richtung Griechenland an. "Wir sind jetzt nicht die Oberlehrer, die mit deutscher Weisheit einmarschieren und in Athen die Macht übernehmen", sagte Brüderle in der Sendung "Das Duell" bei n-tv. "Die Griechen haben das selbst zu entscheiden." Trotzdem könne man sie auch als souveränen Staat nicht daraus entlassen, ihre Hausaufgaben zu machen und nicht nur zu erklären, dass sie es machen.
Die stellvertretende Parteichefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger plädierte in der "Rheinischen Post" für eine klare Positionierung der Liberalen. "Klare Kante und Überzeugen durch Argumente bringen immer Unterstützung", sagte die Bundesjustizministerin. Zugleich warnte sie davor, auf eine Anti-Euro-Stimmung zu setzen. "Es waren FDP-Außenminister, die die Europäische Union und den Euro geschaffen haben - dieses Erbe setzen wir nicht aufs Spiel", sagte Leutheusser-Schnarrenberger.
Auch der FDP-Fraktionschef in Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, forderte seine Partei auf, nach innen und nach außen klarzustellen, wie die FDP den europäischen Gedanken retten wolle. Mit einem eindeutigen Bekenntnis zu einem Europa der Integration könne auch "die falsche Intonierung dessen korrigiert werden", was Rösler grundsätzlich richtig zu einer geordneten Insolvenz Griechenlands gesagt habe, sagte er der "Leipziger Volkszeitung". In Schleswig-Holstein finden im Mai 2012 Landtagswahlen statt.
Euro-Kritiker hoffnungsvoll
Der Initiator des Mitgliederentscheids in der FDP über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms, Frank Schäffler, forderte Rösler dagegen auf, bei seinem eingeschlagenen Euro-kritischen Kurs zu bleiben. "Wir dürfen nicht nur reden", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Glaubwürdigkeit bekommt man allein durch Taten." Mit Blick auf den Mitgliederentscheid fügte Schäffler hinzu: "Ich gehe davon aus, dass wir Rösler die Unterschriftenlisten Ende September/Anfang Oktober übergeben können. Wir sind gut dabei." Um eine Befragung der Basis zu erreichen, muss der FDP-Bundestagsabgeordnete 3300 Unterschriften zusammen bekommen.
FDP-Vize Volker Zastrow sagte, es gelte die Positionen zu vielen Themen zu klären, zum Beispiel in der Europapolitik. "Dabei brauchen wir den Mut zu gründlichen Diskussionen - auch wenn es unbequem ist", betonte Zastrow in der "Bild"-Zeitung. Zugleich wurden parteiintern Rufe nach einem stärkeren sozialen Profil der Liberalen laut. Schleswig-Holsteins Sozialminister Heiner Garg sagte dem "Hamburger Abendblatt": "Wir sollten uns der Lohnuntergrenze öffnen." Die FDP müsse zeigen, dass sie die Arbeitnehmer erreiche.
"Keine Kabinettsumbildung"
CDU- und CSU-Politiker mahnten erneut, in der innenpolitischen Debatte über den Euro Vorsicht walten zu lassen. "Wenn man auf nationaler Ebene über Dinge redet, hat dies internationale Auswirkungen", warnte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier, mit Hinweis auf die Insolvenz-Debatte Griechenlands, die FDP-Chef Rösler angeschoben hatte. Die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt mahnte dies ebenfalls an, distanzierte sich aber auch von Drohungen einiger CSU-Politiker, die bei Griechenland einen Ausschluss aus der Euro-Zone ins Gespräch gebracht hatten.
Die FDP stehe nun vor einer schweren Aufgabe der Aufarbeitung der Wahlniederlagen, betonte die CSU-Politikerin. Allerdings erwarte sie keine Auswirkungen auf die Arbeit der Koalition. Sie habe etwa mit FDP-Fraktionschef Brüderle ein "außerordentliche vertrauensvolles Verhältnis", sagte sie. "Ich sehe keinen Anlass für eine Kabinettsumbildung."
Quelle: ntv.de, tis/dpa/rts/AFP