Politik

Bundestagsabstimmung über EFSF Euro-Rebellen legen nach

Zwei der Kritiker: Wolfgang Bosbach von der CDU (links) und Peter Gauweiler, CSU.

Zwei der Kritiker: Wolfgang Bosbach von der CDU (links) und Peter Gauweiler, CSU.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Opposition lässt offen, ob sie für die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF stimmen wird. Den Euro-Rebellen aus dem Lager der Bundesregierung kommt damit besondere Bedeutung zu. Die denken nicht daran, plötzlich einzulenken. "Die Bedenken haben sich bestätigt", giftet etwa CDU-Mann Bosbach. Viele Abgeordnete wissen noch nicht einmal, worüber sie genau abstimmen - die Unterlagen sind noch nicht da.

Die Euro-Rettung hält die Bundestagsfraktionen in Atem. Keine 30 Tage ist es her, dass Koalition und Opposition die Erweiterung des Rettungsschirms mit breiter Mehrheit abgesegnet haben. Schon geht es um noch mehr Schlagkraft für den EFSF. Anders als bei der Erweiterung der Garantiesumme auf 780 Milliarden Euro vor vier Wochen könnte es diesmal wirklich auf die Kanzlermehrheit von Schwarz-Gelb ankommen. Grünes Licht aus dem rot-grünen Lager gibt es bislang nicht. Und die Koalitionsabweichler von Ende September kündigen an, auch am Mittwoch gegen den Rettungsschirm stimmen zu wollen.

Eine deutliche Stärkung des EFSF soll derweil mittels einer Teilabsicherung von neuen Anleihen aus Risikoländern und/oder durch einen Kredit-Sondertopf unter Einbeziehung des Internationalen Währungsfonds (IWF) gelingen. Das geht aus einem Entwurf für Leitlinien hervor, die dem Bundestag aus Brüssel übermittelt wurden. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte nach der Unterrichtung bei Merkel, es werde eine Hebelung des EFSF geben, die "jenseits einer Billion Euro" liegen dürfte.

Bosbach bleibt bei Nein

Der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach will ebenso bei seinem Nein bleiben wie sein Fraktionskollege Klaus-Peter Willsch. "Die Bedenken der Kritiker sind nicht ausgeräumt, sondern haben sich eher bestätigt", sagte Bosbach. Willsch fürchtet, dass durch den geplanten EFSF-Hebelmechanismus das Risiko von Zahlungsausfällen gewaltig steigen werde. Damit würde sich die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Deutschland mit seiner Haftungssumme von 211 Milliarden Euro tatsächlich einspringen müsste.

Diese Summe werde aber in keinem Fall überschritten, stellte die CSU-Landesgruppenchefin im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, klar. "Das werden wir nicht überschreiten", sagte sie der "Passauer Neue Presse". Sie bekräftigte die Forderung nach schärferen Sanktionen für Euro-Schuldensünder: "Es muss in Zukunft möglich sein, beim Europäischen Gerichtshof gegen Staaten zu klagen, die gegen die Stabilitätskriterien in der Eurozone verstoßen."

Unterlagen noch nicht da

Der CSU-Abgeordnete Herbert Frankenhauser wartet vor der Abstimmung zunächst auf eine angemessene Entscheidungsgrundlage. Bislang habe er noch keine Unterlagen über die möglichen Mechanismen des EFSF erhalten, sagte er. Er gehe davon aus, dass die am Dienstagnachmittag bei der Unions-Fraktionssitzung verteilt und am frühen Abend im Haushaltsausschuss diskutiert werden. Erst dann wolle er seine endgültige Entscheidung treffen. Klar sei für ihn aber: "Mit dem Hebel werde ich nicht zustimmen."

Auch bei der "Occupy Frankfurt"-Bewegung wurde gegen die Aushebelung der demokratischen Kontrolle protestiert.

Auch bei der "Occupy Frankfurt"-Bewegung wurde gegen die Aushebelung der demokratischen Kontrolle protestiert.

(Foto: REUTERS)

Der Bundestag soll am Mittwoch über die Eckpunkte zur Ertüchtigung des EFSF befinden, nach der für den Mittag geplanten Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Danach treffen die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel zum zweiten Euro-Rettungsgipfel innerhalb von vier Tagen zusammen.

Eine Gefahr für die schwarz-gelbe Koalition oder gar ein mögliches Zerbrechen an der EFSF-Frage sehe er nicht, sagte Bosbach. Auch Willsch und Frankenhauser wollen die symbolische Bedeutung der Kanzlermehrheit nicht zu hoch hängen. "Das ist eine Abstimmung in der Sache. Ich sehe keinen Zusammenhang mit der Kanzlermehrheit", sagte Frankenhauser.

Der CDU-Finanzexperte Klaus-Peter Flosbach rechnet fest mit einer eigenen Mehrheit der Bundesregierung. "Ich habe keinen Zweifel, dass die Kanzlermehrheit zustande kommen wird", sagte Flosbach dem "Handelsblatt". Für diese symbolisch wichtige Mehrheit  dürfen höchsten 19 Abgeordnete von CDU, CSU und FDP gegen den Entwurf stimmen.

Kritik von Juncker

Mitbestimmung: Die Euro-Hilfen werden wieder einmal Thema im Bundestag sein.

Mitbestimmung: Die Euro-Hilfen werden wieder einmal Thema im Bundestag sein.

(Foto: dpa)

Die deutsche Parlamentsbeteiligung stößt bei europäischen Partnern allerdings auf Kritik. Unter anderem hatte Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker kritisiert, das Organisationstempo in Berlin sei langsamer als in anderen Hauptstädten. Der Bundestag könne nicht alles bis ins Detail vorher beschließen. Der EFSF-Fonds kann bis zu 440 Milliarden Euro Notkredite an Krisenländer vergeben. Die Euro-Länder sichern den Fonds mit Garantien von 780 Milliarden Euro ab.

Vor vier Wochen hatten 523 Abgeordnete für den EFSF gestimmt - davon 315 aus dem Koalitionslager, in dem es 15 Abweichler gab. Für die absolute Mehrheit sind 311 Stimmen notwendig. Dabei könnte ein Abweichler wegfallen: Der CDU-Abgeordnete Thomas Dörflinger ist nach Auskunft seines Büros auf Auslandsreise und dürfte es zur Abstimmung nicht rechtzeitig zurückschaffen. Er hatte gegen den EFSF gestimmt und würde nun als nicht abgegebene Stimme zählen.

Der Wortführer der "Euro-Rebellen" in der FDP, Frank Schäffler, forderte indes erneut einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. "Griechenland kann im Euro nicht mehr wettbewerbsfähig werden", sagte Schäffler. Der Gipfel in Brüssel solle einen harten Schuldenschnitt für griechische Gläubiger beschließen. Um einen Nachahmereffekt in anderen verschuldeten Euro-Ländern zu verhindern, solle Athen dann als abschreckendes Beispiel aus der Euro-Gruppe ausscheiden.

Schuldenschnitt angekündigt

Steinmeier greift Merkel an.

Steinmeier greift Merkel an.

(Foto: dapd)

Grünen-Fraktionschef Trittin hatte nach einem Treffen mit der Bundeskanzlerin gesagt, Merkel habe einen Schuldenschnitt für Griechenland zwischen 50 und 60 Prozent angekündigt. Die europäischen Banken sollen laut Trittins Darstellung aus dem Gespräch bei Merkel mit einer besseren Kapitaldecke ausgestattet werden. Diese Rekapitalisierung umfasse in Europa etwa 100 Milliarden Euro, in Deutschland rund 5,5 Milliarden. Künftig solle eine Kapitalquote von neun Prozent gelten. Banken wären dann nicht mehr so "systemrelevant".

Die Opposition hatte nach der Ankündigung der erneuten Abstimmung im Bundestag deutliche Worte gefunden. So bezeichnete der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier das Euro-Krisenmanagement der Bundesregierung als "gescheitert". Die bisherige Politik der kleinen Schritte zahle sich nicht aus, sagte er. Denn diese bedeute, dass die Politik "der Entwicklung auf den Märkten hinterherrennt". Dies zahle sich nicht aus. "Das hat manche Krisenlösung teurer gemacht, als sie hätte sein müssen", sagte Steinmeier.

Sigmar Gabriel griff derweil die europäischen Staats- und Regierungschefs wegen ihres Krisenmanagements an: Sie hätten zu lange gebraucht, um Wege aus der Krise zu finden, so der SPD-Parteichef  "Jetzt haben wir keine Wahl mehr zwischen guten und schlechten Lösungen, sondern nur noch zwischen schlechten und ganz schlechten Lösungen."

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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