Irak-Politik der USA Europa weiter uneins
04.09.2002, 07:11 UhrDer EU-Beauftragte für Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, hat die US-Regierung vor einem Militärschlag gegen den Irak gewarnt. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach sich erneut gegen eine militärische Operation aus. Großbritanniens Premierminister Tony Blair kündigte unterdessen Beweise für die Entwicklung von ABC-Waffen im Irak an.
"Wir glauben dass es ein großer Fehler wäre, eine solche Militäroperation im Alleingang anzugehen", sagte Solana in einem Interview der "Berliner Zeitung". Die Vorstellung, man könne den Mittleren Osten mit militärischen Mitteln neu ordnen, sei schlecht durchdacht.
Grundsätzlich sprach sich der ehemalige NATO-Generalsekretär gegen einen Präventiv-Krieg gegen den Irak aus: "Ein solches Vorgehen wäre mit dem internationalen Recht nicht vereinbar Alle nötigen Schritte gegen den Irak müssten im Rahmen der Vereinten Nationen getroffen werden.
Schröder: "Flächenbrand im Nahen Osten"
Bundeskanzler Schröder erwartet von den USA auch Konsultationen darüber, ob überhaupt eine Militäraktion gegen den Irak unternommen wird. Der "Rheinischen Post " sagte der Kanzler: "Ich habe das amerikanische Konsultationsangebot immer so verstanden, dass man nicht nur über das Wann und Wie unterrichtet wird, sondern schon vorher mitbestimmt über das Ob. Und da sehe ich auf amerikanischer Seite noch Nachholbedarf."
Schröder bekräftigte, dass er eine deutsche Beteiligung an einer Intervention selbst im Falle eines UN-Mandats ablehnt. "Wer dort interveniert, der muss wissen, dass eine Neuordnung der politischen Situation im gesamten Nahen Osten nötig wird - mit allen Folgen." Bei einem Schlag gegen den Irak käme es voraussichtlich zu einem "Flächenbrand im gesamten Nahen Osten" sagte Schröder.
Blair: "Beweise gegen Bagdad"
Großbritanniens Premierminister Blair will indes stichhaltige Beweise für die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen in Irak vorlegen. Das Dossier soll "in den kommenden Wochen" veröffentlicht werden, sagte Blair bei einer Pressekonferenz in seinem nordenglischen Wahlkreis Sedgefield.
Es werde den Nachweis liefern, dass sich Iraks Präsident Saddam Hussein um biologische, chemische und atomare Massenvernichtungswaffen bemüht. Ursprünglich habe Blair diese Beweise erst vorlegen wollen, wenn eine Entscheidung über das Vorgehen gegen den Irak getroffen worden sei. Die derzeitige Diskussion habe ihn aber veranlasst, die Veröffentlichung vorzuziehen.
Blair bekräftigte zugleich seine Forderung nach einem Machtwechsel in Bagdad. Die irakische Regierung müsse "vollkommen anders funktionieren". Eine Entscheidung über einen möglichen Angriff sei jedoch nicht gefallen.
Es sei "bizarr", dass "hochanständige Leute" gesagt hätten, man solle am Besten gar nichts gegen den Irak unternehmen. Auf die Position von Kanzler Schröder und Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber gegen einen Alleingang der USA angesprochen, sagte Blair: "Wir sollten die deutsche Politik beiseite lassen. Die ist auch ohne mein Eingreifen sehr interessant."
Quelle: ntv.de