Kommunalwahl in Sachsen Experte sieht NPD geschwächt
09.06.2008, 17:39 UhrNach Expertenmeinung hat die NPD bei den Kommunalwahl in Sachsen den angestrebten Erfolg klar verfehlt. "Der befürchtete Höhenflug der NPD nach dem Erfolg bei der Landtagswahl 2004 ist ausgeblieben", sagte der Politologe Werner Patzelt von der Technischen Universität Dresden. "Der Lack ist von der NPD inzwischen ab." Die Landtagsabgeordneten der Partei hätten sich zu viele Skandale geleistet. Dies habe dem Ansehen der Rechtsextremen geschadet und sich bei der Kommunalwahl negativ ausgewirkt.
Die NPD hatte am Sonntag landesweit 5,1 Prozent der Stimmen erreicht. Bei der Landtagswahl 2004 war die rechtsextreme Partei dagegen noch auf 9,2 Prozent gekommen und hinter der CDU, der damaligen PDS und der SPD als vierte Kraft in das Dresdner Parlament eingezogen. Bei der Kommunalwahl vor vier Jahren entfielen auf die NPD 1,3 Prozent. Im Gegensatz zu damals war die Partei allerdings diesmal flächendeckend im Land angetreten.
Bei den Wahlen habe die NPD sich gleichwohl auf einem niedrigeren Niveau stabilisiert, ergänzte Patzelt. Sie profitiere weiterhin bis zu einem gewissen Grad von der Politikverdrossenheit in der Bevölkerung. Ein neues Erstarken der NPD hält Patzelt derzeit für unwahrscheinlich. Zwar würden die Rechtsextremen voraussichtlich in alle sächsischen Kreistage einziehen. "Aber das Personalangebot der Partei ist eher dünn, und das wird sich auf die gestalterische Kraft niederschlagen", meinte der Wissenschaftler.
H älfte der Wähler verloren
Auch der Politikwissenschaftler Eckhard Jesse warnte davor, das Abschneiden der rechtsextremen NPD bei der Kommunalwahl in Sachsen überzubewerten. "Die NPD hat faktisch die Hälfte ihrer Wähler von der Landtagswahl 2004 verloren", sagte der Chemnitzer Professor. Er sieht in dem neuerlichen Wahlergebnis keinen Beleg dafür, dass die NPD 2009 erneut den Sprung ins sächsische Parlament schafft. "Es spricht mehr dafür, dass sie nicht in den Landtag einzieht", betonte Jesse. Nach Lage der Dinge würden dann die Republikaner in Sachsen antreten und der NPD Stimmen wegnehmen.
Punktuell überholten die Rechtsextremen sogar etablierte Parteien. In zwei Kreisen lag die NPD bei den Landratswahlen knapp vor der SPD. In Reinhardtsdorf-Schöna (Sächsische Schweiz) landete die Partei mit 25,2 Prozent zwar knapp hinter den Freien Wählern, aber noch vor der CDU (21,7). Die Region gilt als eine Hochburg der Rechten in Sachsen. Bei den Kreistagswahlen lag die NPD bei 5,1 Prozent (2004: 1,3).
"Maßgeschneiderten Lösungen" gegen die NPD
Die CDU will mit "maßgeschneiderten Lösungen" auf die Wahlerfolge der NPD reagieren, die seit 2004 bereits im Landtag sitzt. "Wir haben gute Chancen, die NPD das nächste Mal aus dem Landtag vertreiben. Das ist unser erklärtes Ziel", sagte CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer. Sachsens neuer Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sieht nach der Kommunalwahl im Freistaat alle demokratischen Parteien in der Pflicht, sich mit der rechtsextremen NPD und ihren Parolen auseinanderzusetzen.
Bei der Wahl der Kreistage wie auch bei Landräten und Bürgermeistern dominierte die Union. Sie brachte auf Anhieb in sechs von zehn Kreisen ihre Landratskandidaten durch. Zudem stellt sie 123 von 282 gewählten Bürgermeistern. Nach Auszählung in 507 von 509 Gemeinden kam die CDU auf 39,5 Prozent der Stimmen und büßte nach dem auf die neuen Kreise zugeschnittenen bereinigten Ergebnis von 2004 (42,7) leicht ein.
Linke verlieren
Die SPD konnte sich bei den Kreistagswahlen bei 11,5 Prozent behaupten (2004: 11,8). Sie wurde aber von Wählergemeinschaften, die sich von 10,6 auf 12,2 Prozent steigerten, überflügelt. "Wir haben uns auf einem - wenn auch niedrigen Niveau - stabilisiert", sagte Panter. "Uns hat der Trend der SPD im Bund offensichtlich nicht geschadet, aber auch nicht unbedingt geholfen."
Einbußen musste auch die Partei Die Linke bei den Kreistagswahlen hinnehmen: Sie verschlechterte sich von 20,3 auf 18,7 Prozent, kann aber voraussichtlich in neun von zehn Kreistagen die zweitstärkste Fraktion stellen. Auch bei den Landratswahlen kam die Partei in neun von zehn Kreisen auf Platz zwei. Die FDP legte bei den Kreistagswahlen von 7,5 auf 8,3 Prozent zu, die Grünen verloren leicht und sanken von 3,4 auf 3,1.
Stichwahl in Dresden
Bei der mit Spannung erwarteten Oberbürgermeisterwahl in der Landeshauptstadt Dresden erzielte die CDU einen für sie wichtigen Etappensieg: Sozialministerin Helma Orosz holte 47,61 Prozent der Stimmen und ließ ihre sieben Konkurrenten weit hinter sich. Damit hat die CDU-Politikerin gute Chancen, im zweiten Wahlgang in 14 Tagen Dresden für die Union zurückzuerobern. Einen zweiten Landratswahlgang gibt es für die Kreise Leipzig, Görlitz, Nordsachsen und Erzgebirgskreis. Zudem stehen nochmals 41 Bürgermeisterwahlen an.
Am Sonntag konnten rund 2,9 Millionen Wahlberechtigte über zehn Kreistage und zehn Landräte abstimmen, die im Zuge der Kreisreform neu gewählt wurden. Zudem wurden in 323 Städten und Gemeinden Bürgermeister gewählt. Die Wahlbeteiligung sollte erst nach Ende aller Auszählungen mitgeteilt werden. 2004 lag sie bei 46 Prozent. Dort, wo kein Bürgermeister- oder Landratskandidat die absolute Mehrheit erreichte, gibt es am 22. Juni eine Neuwahl. Dabei können alle Bewerber erneut, aber auch weitere Kandidaten antreten.
Quelle: ntv.de