Ethikkommission lässt Ausstieg offen Experten haben noch Redebedarf
20.04.2011, 17:13 UhrDie in der Ethikkommission der Bundesregierung beheimateten Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirchen lassen offen, ob sie Kanzlerin Merkel eine konkrete Jahreszahl oder eine Zeitspanne für den Abschied von der Atomkraft empfehlen werden. Klar ist jedoch das Ziel: eine sichere Energieversorgung ohne Atomkraft.

Töpfer und Kleiner müssen das Ergebnis der Klausur vor der Presse vertreten.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach drei Tagen intensiver Beratung kann sich die Ethik-Kommission der Bundesregierung nicht auf ein konkretes Datum für den Atomausstieg festlegen. Der frühere Bundesumweltminister und Kommissionschef Klaus Töpfer ließ offen, ob das Gremium Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine konkrete Jahreszahl oder eine Zeitspanne für den Abschied von den AKW empfehlen wird. Der 17-köpfigen Expertengruppe gehören Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirchen an.
Töpfer verteidigte auf der Pressekonferenz das Ergebnis der Klausur. Auch wenn das Ergebnis nach drei Tagen intensiver Beratungen dürftig erscheine, "können sie davon ausgehen, dass wir zu diesem Thema etwas sagen." Man dürfe aber nicht nur auf das Datum eines Ausstiegs schauen, "sondern muss auch den Weg dahin kennzeichnen", sagte Töpfer auf Schloss Liebenberg bei Berlin. Das Ziel sei eine sichere Energieversorgung ohne Atomkraft.
Der Co-Vorsitzende der Kommission, Matthias Kleiner, betonte, die Wende hin zu erneuerbaren Energien könne eine neue industrielle Revolution auslösen. "Ich sehe erhebliches Potenzial für die Wirtschaft und den Export", sagte der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
Weltweit nimmt die Akzeptanz ab
Nach Ansicht der Grünen im Europaparlament beschleunigt das Unglück von Fukushima den weltweiten Ausstieg aus der Atomenergie. Das geht aus einem Bericht hervor, den die Partei in Brüssel vorgestellt hat. "25 Jahre nach Tschernobyl sehen wir, dass die Produktion von Atomstrom abnimmt. Gleichzeitig wächst die Produktion erneuerbarer Energien rasant", sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Rebecca Harms. Sie unterstrich die Forderung ihrer Partei nach einem EU-weiten Atomausstieg.
In Deutschland sei die Idee der Laufzeitverlängerung vom Tisch. Niemand glaube noch ernstlich daran, dass die älteren Meiler, die mit dem dreimonatigen Moratorium zunächst stillgelegt wurden, wieder ans Netz gehen würden. Harms lobte Italien für seine jüngste Entscheidung, Pläne zum Wiedereinstieg in die Kernenergie endgültig auf Eis zu legen.
Sie sei zuversichtlich, dass auch China auf erneuerbare Energien setzen werde. Das Land habe besonders stark auf Fukushima reagiert. Auch die Schweiz habe den Neubau von Meilern eingefroren.
Atomkraft rechnet sich nicht mehr
In der Gesellschaft verliert die Atomkraft immer mehr an Akzeptanz. So störten Atomkraftgegner die Hauptversammlung des Energiekonzerns RWE in Essen. Rund 200 Demonstranten hinderten Aktionäre unter anderem mit Sitzblockaden am Einlass. In seiner Rede warf Großmann der Bundesregierung vorschnelles Handeln. "Unsere Regierung hat nach dem Motto gehandelt: Erst abschalten, dann prüfen." Großmann verteidigte die Klage des Energieriesen gegen das Moratorium. "Das sind wir Ihnen, unseren Aktionären, schuldig."
Einige Aktionärsvertreter riefen den 59-Jährigen dazu auf, die Klage zurückzuziehen. Gleich mehrere Anleger forderten aber eine klare Strategie von dem noch bis Herbst 2012 berufenen Vorstandschef. "Was bleibt von RWE übrig, wenn die Atomkraftwerke abgeschaltet werden?" Für andere Teilnehmer der Versammlung stellte sich Frage nach der Zukunft der Atomkraft indes nicht "Wo soll der Strom denn sonst herkommen, wenn nicht aus den Atomkraftwerken?", fragte ein 81-Jähriger aus Hünxe und beklagte sich über die vielen Proteste der Atomkraftgegner.
RWE erwartet 2011 unter anderem wegen der Belastungen aus der Brennelementsteuer einen Rückgang des Betriebsergebnisses um rund 20 Prozent. Das für die Dividende entscheidende nachhaltige Nettoergebnis soll um 30 Prozent fallen. Im Jahr 2013 erwartet der Versorger ein betriebliches Ergebnis von 5,7 Milliarden Euro. 2010 hatte RWE ein Betriebsergebnis von 7,7 Milliarden Euro eingefahren. Die Karlsruher EnBW hatte am Dienstag erklärt, wegen des Moratoriums 2011 einen Rückgang des bereinigten Gewinns vor Zinsen und Steuern um bis zu ein Viertel zu erwarten.
Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP