Politik

Alle müssen raus FDP bestimmt ihre Liquidatoren

Der Fraktionssaal der FDP im Bundestag wird nicht mehr gebraucht.

Der Fraktionssaal der FDP im Bundestag wird nicht mehr gebraucht.

(Foto: picture alliance / dpa)

Zum letzten Mal trifft sich die alte FDP-Spitze, zugleich beginnt die Bundestagsfraktion sich aufzulösen. Vor dem Neuanfang mit dem designierten neuen Parteichef Lindner beschließt die einstige Gutverdienerpartei ein strenges Sparprogramm. Und Rainer Brüderle muss seinen Dienstwagen zurückgeben.

Christian Linder soll die Partei wieder auf Trab bringen.

Christian Linder soll die Partei wieder auf Trab bringen.

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Gut zwei Wochen nach der Niederlage der FDP bei der Bundestagswahl ist die Parteiführung zusammengekommen, um den Neuanfang zu planen. Dazu soll es Anfang Dezember einen Sonderparteitag geben, auf dem der Nachfolger des scheidenden Parteivorsitzenden Philipp Rösler gewählt wird. Einziger Kandidat für die Nachfolge ist der ehemalige Generalsekretär Christian Lindner.

Neben einem neuen Parteichef soll auch die gesamte Parteispitze ausgetauscht werden. Fest steht schon, dass Lindner die hessische Kulturministerin Nicola Beer (43) zur neuen Generalsekretärin macht. Der bisherige Generalsekretär Patrick Döring, dem Mitschuld an der 4,8-Prozent-Schlappe gegeben wird, zieht sich zurück.

Auch finanziell harte Zeiten

Besonders finanziell stehen der Partei harte Jahre bevor. Als Konsequenz aus der Niederlage beschloss die Parteiführung drastische Sparmaßnahmen. Die Berliner Zentrale der Bundespartei müsse künftig mit etwa 20 Vollzeitstellen auskommen, zehn bis zwölf Stellen würden gestrichen, sagte Generalsekretär Patrick Döring. Der Partei stünden wegen des schlechten Wahlergebnisses pro Jahr etwa 2,8 Millionen Euro weniger zur Verfügung als in der mittelfristigen Finanzplanung veranschlagt. Von den Einsparungen betroffen sind der gesamte Parteiapparat ebenso wie die renommierte Friedrich-Naumann-Stiftung.

"Wir werden jeden Euro doppelt anschauen, denn wir wollen vor allem kampagnenfähig sein", sagte Döring. In der angemieteten Parteizentrale in Berlin-Mitte müsse aus Kostengründen ein Teil der Räumlichkeiten aufgegeben werden. Parteitage sollten künftig bescheidener ausfallen, um finanziellen Spielraum für die anstehenden Wahlkämpfe zu schaffen. "Das ist leistbar, das ist machbar", sagte Döring. Wegen der geplanten Stellenstreichungen seien bereits Gespräche mit dem Betriebsrat aufgenommen worden.

Genscher geißelt eurokritische Stimmen in der Partei

Der Ehrenvorsitzende Genscher hat lange zugesehen, wie es mit seiner Partei abwärts ging.

Der Ehrenvorsitzende Genscher hat lange zugesehen, wie es mit seiner Partei abwärts ging.

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Für neue Unruhe in der ohnehin demoralisierten Parte i sorgte unterdessen die Kritik des FDP-Ehrenvorsitzenden Hans-Dietrich Genscher. Genscher hatte dem Euro-Kritiker Schäffler den Austritt aus der FDP nahegelegt: "Die FDP steht für Europa und den Euro. Wer das nicht akzeptiert, sollte sich fragen, ob er bei uns noch richtig ist." Auch andere FDP-Politiker hatten davor gewarnt, europaskeptische Töne in der Partei zuzulassen. Wenn die FDP ihre Bedeutung zurückgewinnen wolle, dürfe sie sich nicht politisch in der Nähe der Euro-kritischen AfD ansiedeln, hieß es.

Der hessische FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn forderte vor Beginn der Sitzung, die "Vergangenheitsbewältigung" intern zu betreiben. "Wir sind gerade als FDP so danieder, dass es keinen Sinn macht, öffentlich darüber zu diskutieren." Der von Genscher scharf angegriffene FDP-Abgeordnete Frank Schäffler sagte der "Bild"-Zeitung, Genscher solle "lieber integrieren als spalten".

Auch Generalsekretär Döring wies Genschers Kritik zurück: "Dass wir uns thematisch zu sehr verengt hätten, das kann ich nicht erkennen. Viel breiter waren wir in den 70er Jahren auch nicht aufgestellt."

Fricke könnte die Abwicklung übernehmen

Am Nachmittag steht das vermutlich letzte Treffen der FDP-Bundestagsfraktion auf dem Programm. Wichtigstes Thema ist die Ernennung sogenannter Liquidatorrn, die sich um alle Fragen kümmern, die mit der Auflösung der Fraktion geklärt werden müssen. Geplant ist die Einsetzung eines Teams um den Haushaltsexperten Otto Fricke und den bisherigen Fraktionsgeschäftsführer Jörg van Essen.

Die Liquidatoren erhalten für mindestens sechs Monate ein Büro. Er muss die laufenden Geschäfte beenden und Forderungen einziehen. Sachleistungen, wie der Dienstwagen von Fraktionschef Rainer Brüderle, müssen zurückgegeben werden. Insgesamt stehen mehr als 500 Mitarbeiter auf der Straße.

Parteiaustritte könnten Geldnot vergrößern

Die FDP hatte bei der Bundestagswahl mit nur 4,8 Prozent erstmals seit 1949 den Einzug in den Bundestag verfehlt. Die staatliche Parteienfinanzierung fällt entsprechend geringer aus. Statt bisher sechs Millionen Euro stehen der FDP hieraus nur noch knapp zwei Millionen Euro zu.

Befürchtet wird, dass auch die Spenden einbrechen werden, durch die die FDP 2012 mehr als eine Million Euro eingenommen hat. Die Partei kann höchstens darauf hoffen, dass sich wohlhabende liberale Förderer jetzt berufen sehen, der darbenden Partei unter die Arme zu greifen. Nicht ausgeschlossen ist, dass wegen Austritten auch die Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen zurückgehen.

Quelle: ntv.de, ppo/nsc/dpa/AFP

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