Politik

"Deppen der Nation" FDP greift nach der Mitte

Die FDP hat Ampel-Bündnissen eine deutliche Absage erteilt und eine tiefgreifende Wende in der Steuerpolitik gefordert. "Wir sind nicht zuerst Koalitionspartner", sagte Parteichef Guido Westerwelle in seiner Rede zum Auftakt des FDP-Bundesparteitags in München. "Die FDP ist in keinem Lager mit einer anderen Partei, wir sind unser eigenes Lager." SPD-Chef Kurt Beck hatte zuvor auf dem Zukunftskongress seiner Partei in Nürnberg FDP und Grünen eine enge Zusammenarbeit angeboten. In seiner 90-Minuten-Rede vor den mehr als 600 Delegierten verlangte Westerwelle mit Blick auf die Steuer- und Abgabendebatte, das "Abkassieren der Mitte" müsse gestoppt werden.

Nach kontroverser Debatte beschloss der Bundesparteitag, für Energie entweder die Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent zu senken oder die Ökosteuer entsprechend zu reduzieren. "Die Dinge des täglichen Lebens müssen für die Mitte der Gesellschaft wieder erschwinglich werden", hieß es zur Begründung.

Der Partei- und Fraktionsvorsitzende warnte auch vor einem "schleichenden Verlust an Freiheitsrechten", gegen den es zu wenig Widerstand in der Gesellschaft gebe. Mit Nachdruck setzte er sich für die Wiederwahl von Bundespräsident Horst Köhler ein. SPD, Grüne und Linke wollten Köhler abwählen und anschließend eine Regierung bilden. "Ob die SPD etwas anderes beschließt, es notariell beglaubigen lässt und anschließend an jede Kirchentür nagelt: Es wird ihr die Glaubwürdigkeit nicht zurückbringen."

Radikales Konzept

Heftig attackierte der FDP-Chef den Umgang der Bundesregierung mit der Mittelschicht. "Bei dieser Regierung sind alle, die arbeiten, die Deppen der Nation." Deutschland habe den dritthöchsten Anteil an Steuern und Abgaben in der Welt. Von 100 Euro Einkommen blieben nur etwas mehr als 47 Euro netto übrig. "Die Gerechtigkeitslücke dieser Republik ist die riesige Lücke zwischen Brutto und Netto", sagte er. Das Abkassieren der Bürger geschehe durch die "Sozis - und zwar durch die schwarzen und die roten".

Zum Abschluss ihres Kongresses unter dem Motto: "Mehr Freiheit. Mehr Wohlstand" will die FDP an diesem Sonntag ein radikales Steuerkonzept verabschieden. Es sieht je nach Modell Entlastungen für die Bürger zwischen 28 und 40 Milliarden Euro vor.

Westerwelle betonte in seiner kämpferischen Rede, die FDP wolle ein faires Steuersystem mit einem fairen Sozialsystem verbinden. Erwachsene und Kinder sollen den gleichen Steuerfreibetrag bekommen, der je nach Modell zwischen 8000 und 10.000 Euro liegen solle. Dazu verlangt die FDP ein Bürgergeld, das alle staatlichen Sozialleistungen bündelt.

Gefahr der Spaltung

Im außenpolitischen Teil seiner Rede meldete Westerwelle indirekt den Anspruch der FDP auf das Amt des Außenministers bei einer Regierungsbeteiligung an. Deutschland falle heute als Kraft für die Abrüstung faktisch aus. Abrüstungsinitiativen würden bei einer Regierungsbeteiligung der Liberalen wieder Markenzeichen der deutschen Außenpolitik werden. Westerwelle kritisierte die Pläne der USA, in Polen und Tschechien ein Raketenabwehrsystem zu installieren. Diese Form von Aufrüstung bedeute eine Gefahr der Spaltung Europas und setze eine neue Rüstungsspirale in Gang.

Der Parteitag verabschiedete einen Antrag für mehr Forschungsfreiheit. Darin wird eine engere Verzahnung von Universitäten und forschenden Unternehmen gefordert. Ferner setzen sich die Freidemokraten für eine bessere Bezahlung von Wissenschaftlern und eine stärkere Förderung talentierter Studenten ein. Die Hochschulautonomie wollen sie im Grundgesetz verankern.

Mit Attacken auf die CSU läutete die FDP zudem den bayerischen Landtagswahlkampf ein. Die Menschen im Freistaat würden von der CSU nicht mehr vertreten, sagte FDP-Spitzenkandidat Martin Zeil. Das CSU- Führungsduo aus Ministerpräsident Günther Beckstein und Parteichef Erwin Huber "holpert und stolpert wie a rostig's Dreiradl mit zwei Rädern". Westerwelle sagte mit Blick auf die jahrzehntelange CSU- Vorherrschaft in Bayern, die FDP kämpfe dafür, dass hier "die Zeit des Absolutismus endlich zu Ende geht".

Quelle: ntv.de

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