Politik

Offensive von Rösler und Lindner FDP reißt Energiewende an sich

Rösler bei der Besichtigung der Bohr- und Förderinsel "Mittelplate" vor Cuxhaven.

Rösler bei der Besichtigung der Bohr- und Förderinsel "Mittelplate" vor Cuxhaven.

(Foto: picture alliance / dpa)

Energiepolitik ist eigentlich Angelegenheit des Bundesumweltministers. Doch da hat Peter Altmaier die Rechnung ohne den kleinen Koalitionspartner gemacht. So erklärt FDP-Parteichef Philipp Rösler die Energiewende plötzlich zu seinem Kernthema. Und auch Christian Lindner setzt Altmaier unter Druck.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler rückt die Energiewende in den Mittelpunkt seiner Tätigkeit für den Rest der Legislaturperiode. "Die Energiewende ist eine Aufgabe von historischer Dimension und neben der Euro-Krise für mich das wichtigste Thema", sagte Rösler der "Bild am Sonntag". "Deshalb richte ich das Haus auf die neue Aufgabe aus."

Die Abteilung "Energiepolitik" des Ministeriums werde dafür personell deutlich verstärkt, berichtete die Zeitung. Einige Referate würden neu eingerichtet, geplant seien 20 neue Stellen, die bis 2018 befristet seien. Weitere 20 Stellen würden von der Bundesnetzagentur auf das Ministerium übertragen.

Zu den geplanten Einsatzgebieten der neuen Mitarbeiter gehören demnach neben Netzausbau, Strommarkt oder Erneuerbare Energien auch "Koordinierungsfragen der Energiewende". Damit besetze Röslers Ministerium ein Themenfeld, das in der Vergangenheit auch das Bundesumweltministerium für sich reklamiert habe. CDU-Politiker Altmaier nahm bisher nicht Stellung zu Röslers Äußerungen.

Förderungen nicht mehr zeitgemäß

Unterdessen fordert FDP-NRW-Chef Christian Lindner, das Erneuerbare-Energien-Gesetz abzuschaffen. "Ich bin dafür, dass wir im Herbst konkret über ein Ausstiegsgesetz nachdenken", sagte Lindner. Hier sei Bundesumweltminister Peter Altmaier in der Pflicht. Das Fördergesetz für Ökoenergien sei nicht mehr zeitgemäß, weil es mit Dauersubventionen zu instabilen Stromnetzen und Preissteigerungen führe. Nötig sei ein marktwirtschaftliches System, bei dem Effizienz und Kosten ins Zentrum der Energiewende rückten.

Kein bisschen Bundespolitiker: NRW-Chef Lindner.

Kein bisschen Bundespolitiker: NRW-Chef Lindner.

(Foto: picture alliance / dpa)

Lindner rechnet damit, dass die in dem Gesetz festgelegte EEG-Umlage nächstes Jahr deutlich in die Höhe schnellt. "Ich gehe davon aus, dass die Umlage Richtung 5 Cent angehoben wird und auf mittlere Sicht auch noch weiter steigt", sagte der FDP-Landeschef. Der Aufschlag zur Förderung von Energie aus Sonne, Wind oder Wasserkraft liegt derzeit bei 3,59 Cent pro Kilowattstunde, was für einen Durchschnittshaushalt rund 125 Euro Zusatzkosten pro Jahr bedeutet. Die EEG-Umlage für 2013 wird im Oktober bekanntgegeben.

Lindner betonte, Grund für den absehbaren Anstieg sei nicht der von der Bundesregierung beschlossene Ausstieg aus der Kernenergie, sondern allein die staatliche Lenkung beim Ausbau der Erneuerbaren Energien. "Die Förderkulisse ist seit rot-grünen Zeiten im Prinzip nicht verändert worden." Für die Pioniere der Ökoenergie hätten die Subventionen durchaus Sinn gemacht, für den Massenmarkt seien sie aber untauglich. Deshalb müsse jetzt umgesteuert werden. Auch in der Union gebe es starke Kräfte, etwa beim Wirtschaftsflügel, die für eine Reform seien.

Als denkbares Modell bezeichnete Lindner die Vorschläge der Monopolkommission. Die sähen vor, dass die Stromhändler einen bestimmten Prozentsatz Erneuerbarer Energien in ihrem Stromumsatz haben müssten - bis zu einem Anteil von 35 Prozent bis zum Jahr 2020. "Aus welcher alternativen Energiequelle sie diesen Strom beziehen, das bleibt ihnen überlassen. Das führt im Ergebnis dazu, dass die günstigste und effektivste Energiequelle ausgebaut wird."

Das Gesetz ist das Problem

Auch Rösler nutzt den erwarteten Kostenanstieg für Ökostrom zu einem Angriff auf das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG). "Wir brauchen bei den Erneuerbaren Energien nicht nur eine Kürzung der Fördersätze, sondern ein neues System", sagte der FDP-Vorsitzende dem "Focus". "Den erwarteten Anstieg sollten wir für eine grundlegende Reform des Gesetzes nutzen." Das werde er bei dem Gipfel zur Energiewende im Kanzleramt Ende August vorschlagen. "Die Reform der Ökostromförderung ist entscheidend."

Seit Wochen richtet Rösler bei der Energiewende den Fokus auf die Kosten. Im Oktober wird die Umlage für alle Verbraucher für die Förderung von Strom aus Wind, Wasser oder Sonne für 2013 veröffentlicht. Es wird mit einem Anstieg auf über 5 von derzeit knapp 3,6 Cent pro Kilowattstunde gerechnet, was jährlich für den Durchschnittshaushalt einen Aufschlag von etwa fünf bis sechs Euro pro Monat auf den Strompreis bedeuten würde. Allerdings sinken trotz Atomausstiegs an der Börse die Strompreise und haben laut Industrieverband VIK den tiefsten Stand seit über zwei Jahren erreicht, was auch auf den wachsenden Anteil von Ökostrom zurückzuführen ist. Eine Weitergabe dieses niedrigeren Preises an die Endkunden könnte die Kosten durch den Aufschlag dämpfen. Große Teile der Industrie sind von der Ökostrom-Umlage befreit.

Rösler sagte, die Phase, wo Ökostrom ein Nischenprodukt war und mit viel Geld gefördert werden musste, sei vorbei. Von Strompreis-Entlastung für Ärmere halte er nichts, weil es so auch keine Anreize zum Stromsparen gebe. "Das ist keine Lösung. Das eigentliche Problem ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz."

Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts

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